Lackrohstoffe aus Holzabfällen herstellen

Lackrohstoffe wie Lösemittel und Polymere ließen sich in Zukunft auch aus Holzabfällen herstellen. Und zwar mindestens genauso wirtschaftlich, umweltschonend und sicher wie derzeit aus Erdöl. Dies zeigt ein internationales Forscherteam auf.

In der Holzindustrie entstehen Abfälle -

Die chemische Industrie fußt heute auf Erdöl: Am Anfang sehr vieler chemischer Produkte – von Polymeren über Waschmittel und Lösemittel bis zu Medikamenten und Pflanzenschutzmitteln – stehen Erdölbestandteile. Und weil Erdölvorkommen endlich sind, suchen Wissenschaftler nach Wegen, diese Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen.

Dreh- und Angelpunkt Bernsteinsäure

Ein internationales Forscherteam zeigte nun einen solchen alternativen Herstellungsweg für eine bedeutende Grundchemikalie auf, die Bernsteinsäure. Zum Team gehörten Wissenschaftler der ETH Zürich, der EPFL in Lausanne und der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg. Bernsteinsäure ist Dreh- und Angelpunkt für die Synthese einer riesigen Palette chemischer Verbindungen: Es lassen sich daraus unter anderem Vitamine herstellen, Medikamente, Lösemittel, Pflanzenschutzmittel, Polymere und Geruchsstoffe für Parfüme.

Wie die Forschenden in einer umfassenden Ökobilanz zeigen, lässt sich die Bernsteinsäure wirtschaftlich, umweltfreundlich und sicher aus Biomasse herstellen – mithilfe von Bakterien. Als Ausgangsstoff der Wahl bezeichnen die Forschenden Holz- oder Zelluloseabfälle, die in der Forstwirtschaft oder der Papierindustrie anfallen.

Günstiger und umweltfreundlicher

In Simulationen verglichen die Wissenschaftler unter anderem verschiedene Herstellungsprozesse sowie verschiedene Bakterien, welche in den Labors der EPFL für die biotechnologische Herstellung von Bernsteinsäure optimiert wurden. Dabei zeigte sich: Je nach verwendeten Bakterien und Prozessen ist die biotechnologische Herstellung aus Holzabfällen im Vergleich zur konventionellen aus Erdöl entweder deutlich günstiger oder deutlich umweltfreundlicher. Als Maß für die Umweltbelastung verwenden die Forschenden die gesamte für die Herstellung benötigte Energie, inklusive der grauen Energie (die auch den indirekten Energiebedarf für die Herstellung von Vorprodukten, Infrastruktur und Abfallentsorgung umfasst).

20 Prozent weniger Kosten

So errechneten die Wissenschaftler für eine bestimmte biotechnologische Herstellungsmethode, dass Bernsteinsäure bei vergleichbarer Umweltbelastung 20 Prozent günstiger hergestellt werden kann. Mit einer zweiten Methode mit anderen Bakterien liess sich die Umweltbelastung um 28 Prozent reduzieren – dies bei vergleichbaren Kosten wie auf traditionellem Weg aus Erdöl.

Zuckerrüben oder Holz?

Damit Bakterien Bernsteinsäure herstellen können, benötigen sie als Rohstoff Glukose (Traubenzucker). Es wäre möglich, diese aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr zu gewinnen. Oder eben aus Holz. „Der Holzbestandteil Zellulose kann mithilfe von Säure in Glukose umgewandelt werden“, erklärt ein Forscher.

Die Wissenschaftler verglichen die Bernsteinsäure-Herstellung aus Zuckerrüben mit jener aus Holzabfällen. Punkto Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Sicherheit sind die Unterschiede vernachlässigbar. „Wenn es möglich ist, Holzabfälle – zum Beispiel solche aus der Forstwirtschaft – zu nutzen, sollte man das tun“, so der Forscher. „Denn damit konkurriert man nicht mit der Nahrungsmittelversorgung.“

Bio-Produktionsanlage als langfristige Investition

Auch die in der Papierindustrie als Abfall anfallenden zellulosehaltigen Laugen würden sich als Glukosequellen eignen. Derzeit werden diese nicht verwertet. Der Bau einer biotechnologischen Produktionsanlage sei jedoch eine langfristige Investition, gibt der Forscher zu bedenken. Bevor eine Firma diese tätige, möchte sie wissen, ob sie sich lohne. „Mit unserer Arbeit haben wir diese Frage nun bejaht.“

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