„Wir werden vermehrten Einsatz von bio-basierten Materialien sehen“

Vollständig nachhaltige Lösungen sind in der Farben- und Lackindustrie immer noch relativ selten. Die akademische Welt ist in diesem Bereich jedoch sehr aktiv. Wir sprachen mit Professor Mats Johansson vom schwedischen Royal Institute of Technology über aktuelle Herausforderungen.

Interview: "Wir werden einen vermehrten Einsatz von bio-basierten Materialien sehen". Quelle: number1411_Fotolia. -

Aus der Sicht eines Chemikers, was sind die größten Herausforderungen, mit denen Sie heute konfrontiert sind, wenn Sie eine bio-basierte Beschichtung entwickeln wollen?

Prof. Mats Johansson: Es gibt mehrere Herausforderungen, die zu bewältigen sind, und das ist wohl einer der Gründe für die eher langsamen Fortschritte in diesem Bereich. Ich würde sagen, dass es auch unterschiedliche Wege zu bio-basierten Beschichtungen gibt und dass sie jeweils unterschiedliche Anforderungen stellen. Eine Möglichkeit besteht darin, die zur Zeit verwendeten Monomere durch dasselbe Molekül aus einer biologischen Quelle zu ersetzen. Zum Beispiel könnte ein natürliches Methanol statt Methanol auf fossiler Basis bei der Herstellung von Polyolen verwendet werden. In diesem Fall ist es ganz einfach, das bio-basierte System einzusetzen, da es bereits bei realen Anwendungen validiert wurde. Der Nachhaltigkeitsaspekt hängt dann davon ab, wie das Biomethanol gewonnen wurde: das heißt, ob es sich positiv bei einer Lebenszyklusanalyse vergleichen lässt.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, existierende Systeme durch andere Komponenten zu ersetzen, die aus einer biologischen Quelle stammen, und dann ein neues System zu formulieren, welches das fossile System ersetzt. In diesem Fall muss auch das neue System in der endgültigen Anwendung validiert werden, so dass ein zusätzlicher Entwicklungsschritt erforderlich ist.

Aus rein chemischer Sicht besteht eine große Herausforderung darin, bio-basierte Monomere mit klar definierter Zusammensetzung herzustellen. Bio-basierte Monomere werden normalerweise als Mischungen gewonnen, und Reinigungsschritte erhöhen in der Regel den Preis.

Mats Johansson 2014

Prof. Mats Johansson, Royal Institute of Technology

Nicht jedes bio-basierte Material ist automatisch nachhaltig. Zum Beispiel könnten Sie mit der Nahrungskette konkurrieren. Wie kann das vermieden werden?

Johansson: Es werden erhebliche Anstrengungen unternommen, dieses Problem durch die Verwendung von Seitenströmen aus aktuellen Industrien zu lösen, damit dieser Wettbewerb vermieden werden kann. Dies könnten zum Beispiel Seitenströme aus der Papier- und Zellstoffindustrie sein, also Lignine und Hemizellulose, die heute hauptsächlich zur Energierückgewinnung genutzt werden. Es gibt auch großvolumige Seitenströme aus der Lebensmittelindustrie, die in dieser Hinsicht Potenzial bieten. Man sollte jedoch vorsichtig sein, das landwirtschaftliche System in Bezug auf die Nahrungsmittelproduktion nicht nachteilig zu beeinflussen, wenn diese Ströme außerhalb des derzeitigen Systems verwendet werden.

Es gibt auch geographische Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Die Bedingungen können je nach Standort erheblich variieren. Die Konkurrenz mit Nahrung tendiert ganz klar dazu, in dicht besiedelten Gebieten stärker zu sein.

Die akademische Welt scheint im Bereich der bio-basierten Materialien sehr aktiv zu sein, aber der Beschichtungsmarkt wird eindeutig von konventionellen Materialien dominiert. Denken Sie, dass es nur eine Frage des Preises ist?

Johansson: Der Preis ist natürlich einer der wichtigsten Faktoren, aber ich denke auch, dass es einen intrinsischen Verzögerungsfaktor in der Zeitspanne gibt, die benötigt wird, um neue Systeme zu validieren. Die Lebensdauer mancher Beschichtungssysteme muss auf 20 Jahre garantiert sein. Jedes völlig neue System muss daher entsprechend getestet werden, damit eine solche Garantie gegeben werden kann. Allerdings werden bereits mehrere neue Systeme auf den Markt gebracht, und ich denke, wir können voraussehen, dass dieser Trend anhalten wird. Der Ölpreis war in den letzten Jahren deutlichen Schwankungen unterworfen und dies kann kurzfristig die Einführung von bio-basierten Materialien beeinflussen. Aber ich denke, dass wir langfristig einen verstärkten Einsatz von bio-basierten Materialien in Beschichtungen sehen werden. Ein Parameter, den ich ebenfalls für wichtig halte, sind mögliche Änderungen in der Gesetzgebung und diese sind schwerer vorherzusagen.

Event-Tipp:

Interessieren Sie sich für bio-basierte Materialien? Das European Coatings Technology Forum Coatings from Renewable Resources hat ein abwechslungsreiches Konferenzprogramm mit neuen Lösungen aus Industrie und Wissenschaft aufgestellt. Neben klassischen Vorträgen werden in unseren Hands-on-Workshops internationale Experten die Vorteile der neuesten Innovationen und Ansätze in erneuerbaren Rohstoffen sowie deren praktische Anwendung zeigen.

Hersteller zu diesem Thema