Vom Mineralogie-Studium zur angewandten Restaurierung
Ein Schwabe in Israel: Dr. Norbert Hoepfer beschäftigt sich seit dem Jahr 2006 schwerpunktmäßig mit der Restauration historischer Gebäude in Israel. Die Redaktion sprach mit dem Diplom-Mineralogen und promovierten Geologen, der seit 1998 aktiv in der Bausanierung und Denkmalpflege tätig ist, über seine spannende Tätigkeit in Tel Aviv. Seine Arbeitsbereiche sind die Produktentwicklung von Kalkputz und Farben mit Branntkalk, Sumpfkalk, NHL, Romankalk und Romanzement sowie Kalkböden, Kalk-Terrazzo und Betonsanierung.
Wie kam es zu Ihrer Tätigkeit in Israel?
Dr. Norbert Hoepfer: Ich hatte damals mit einem speziellen Kalk zu tun. Ein israelischer Bauunternehmer, dessen Tochter in Berlin lebte, suchte Informationen über diesen Kalk. Wir haben dann in Europa zwei, drei Baustellen zusammen gemacht. Dieser Unternehmer hat sehr oft bei mir angerufen und um Rat gebeten. Ich sagte ihm, dass man am Telefon zwar viel erzählen kann, aber eigentlich die Situation vor Ort ansehen muss. 2006 flog ich also zum ersten Mal nach Tel Aviv, und seit 2007 betreue ich dort immer wieder Baustellen und Materialentwicklungen. Seitdem bin ich die Hälfte meiner Zeit in Israel. In Tel Aviv habe ich mir ein Studio eingerichtet.
Fast alle Baustellen steuere ich mit dem Fahrrad an, mit dem Auto können Sie sich dort gar nicht bewegen. Nur vor sieben Uhr morgens und nach sechs Uhr abends geht es mit dem Auto. Sonst gibt es immer Stau.
Neben der Betreuung von Baustellen bietet Dr. Norbert Hoepfer auch Workshops in Israel an. Er wird am 27. Und 28 November einen Vortrag auf der diesjährigen FARBE UND LACK Konferenz halten. (Quelle: Hoepfer)
Welche Art Projekte betreuen Sie in Israel?
Hoepfer: Ich habe mit der Unterstützung bei der Restaurierung von Templer-Häusern angefangen. Diese Häuser haben innen Fachwerk und sind außen massiv gebaut.
Bewohner waren ursprünglich christliche Templer aus Württemberg, die Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts nach Palästina ausgewandert waren und mehrere Siedlungen gegründet hatten.
Die britische Mandatsmacht traute den Templern irgendwann nicht mehr, teilweise zu Recht, da sich Teile der Templer zum Faschismus bekannten. Nach ihrem Eintritt in den Zweiten Weltkrieg entschlossen sich die Briten, einen Großteil der Templer nach Australien zu verfrachten. Die Häuser gingen dann in den Besitz der Briten über, also zum Militär. Und als die Briten das Land verlassen hatten, gingen sie weiter an die israelische Regierung. Eigentlich ist das ein Glücksfall, denn dadurch, dass das Militär kaum in die Gebäude investiert hatte, ist die ursprüngliche Bausubstanz zum großen Teil erhalten geblieben. Bis ca. 2009 waren noch die Originalfenster und -türen vorhanden.
Ich habe mich um Putz und Mörtel gekümmert, Betongussteile angefertigt für Gesimse und Rahmen um die Türen. Wir hatten annähernd tausend Betongussteile herzustellen. Ich habe den Formenbau gemacht. Dann ging es noch um die Reparatur von Beton und die Mörtelentwicklung. Angestellt war ich dafür bei einem Bauunternehmer, der Spezialisten benötigte.
Gleichzeitig haben wir in Teil Aviv auch an Gründerzeit-/Jugendstil-Gebäuden gearbeitet und dafür z.B. Gesimsmörtel entwickelt. Von Vorteil ist dabei, dass man auf der Baustelle die Zeit hat, die Rezepturen so zu optimieren, dass der Handwerker den Mörtel einfacher verarbeiten kann.
Wie einfach ist es in Israel, an die benötigten Materialien zu kommen?
Hoepfer: Die Israelis legen bei der Restaurierung teilweise mehr Wert auf höherwertigen Kalk als in Deutschland. In Deutschland ist man hier ein bisschen geiziger. Ich habe in Israel teilweise keinen Romanzement bekommen. Da musste ich mich dann anders orientieren. Die Sande – Auswahl und Verfügbarkeit – sind in Israel entschieden besser als in Deutschland. Wenn ich allerdings spezielle Materialien brauche, habe ich wieder bessere Chancen in Deutschland. Da muss ich in Israel teilweise Materialien einfliegen lassen.
In Deutschland haben wir kaum Kalksande. Sand ist hier meistens Flusssand, Quarz, Kies etc In Israel und im Grenzgebiet zu den Palästinensergebieten, wo die Berge sind, gibt es Kalkgesteine. Da sind viele Steinbrüche, und die Sande von dort verwenden wir auf den Baustellen.
Wie sind in Israel die Vorgaben für den Denkmalschutz?
Hoepfer: Die Israelis machen das ein bisschen anders als in Deutschland. Bei den Templer-Häusern hat das Denkmalamt auch im Innenbereich die Hand drauf, bei den Bauhaus-Gebäuden nur außen. Die Templer-Häuser haben alle ein Ziegeldach. Diese Häuser waren die ersten Gebäude im Heiligen Land mit Ziegeldach und Dachschrägen. Dadurch konnte man die Häuser auch nicht aufstocken. Beim Bauhaus wird nur darauf geachtet, dass es von außen wiederhergestellt wird. Es ist gut, dass es den Denkmalschutz gibt, sonst würde man die Bauhaus-Häuser wohl einreißen und Wohnblöcke errichten. Der Nachteil ist, dass als Kompromiss, und um die Renovierung finanzieren zu können, diese Häuser um ein oder zwei Stockwerke aufgestockt werden dürfen. Und die Stadt Tel Aviv ist nicht für so hohe Häuser geplant worden. Die Straßen sind eng und mittlerweile gibt es ein riesiges Verkehrsproblem.
Das Interview führte Kirsten Wrede
Veranstaltungstipp:
Im Rahmen der FARBE UND LACK Konferenz „Mineralische Bindemittel und Zusatzstoffe“ am 27. und 28. November 2018 in Kassel wird Dr. Norbert Hoepfer einen Vortrag zum Thema „Anwendung und Grenzen natürlicher mineralischer Bindemittel: in der Restaurierung historischer Gebäude sowie der modernen Bausanierung“ halten.