Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen bundeseinheitlich geregelt

Nach jahrelanger Diskussion war es am 21. April 2017 soweit: Die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) wurde im Bundesgesetzblatt verkündet. Was sind die Neuerungen?

Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen bundeseinheitlich geregelt. Bild: Michael Sick - Fotolia -

Von Sylvia Häfeli, Umco

Die problematischen Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen) sind nun in den Anwendungsbereich mit aufgenommen. Neben einem umfassenderen Busgeldkatalog gibt es auch zahlreiche Neuerungen im Bereich der Anlagenplanung und Vereinfachungen beim Prozess der Selbsteinstufung. Nach Erhebungen des Umweltbundesamtes (UBA) sind JGS-Anlagen für 60 Prozent der bei Unfällen freigesetzten Stoffe verantwortlich, obwohl sie unter 4 Prozent der Unfallquellen darstellen. Grund genug bundesweit einheitliche Sicherheitsstandards für die Planung, den Bau und den Betrieb derartiger Anlagen einzuführen.

Nach längerem hin und her trat die neue Verordnung nach mehrjähriger Bearbeitungszeit sowie zahlreichen Anpassungen und Ergänzungen am 1. August 2017 in Kraft. (Angemerkt sei, dass die Paragraphen (§§) 57 bis 60, die sich mit den Pflichten der Sachverständigenorganisationen, Güte- und Überwachungsgemeinschaften sowie der Fachbetriebspflicht befassen, bereits seit dem 21. April 2017 gültig waren.) Es gilt nun bundeseinheitlich ein Recht. Abweichungen von stoff- oder anlagenbezogenen Regelungen der AwSV durch die Bundesländer sind durch Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 Grundgesetz ausgeschlossen.

Diese Neuerungen bringt die AwSV – Ein Blick auf die Kernbereiche

Zunächst ist die Verordnung mit 73 Paragraphen und 7 Anlagen deutlich länger, als die zum Teil sehr knapp gehaltene Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS). Dafür entfällt der bisherige Blick in die Verwaltungsvorschrift (VwVaS), da die Selbsteinstufung nun bundeseinheitlich auf Verordnungsebene normiert ist. Viele Regelungen orientieren sich zudem an der Muster-VAwS der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) aus dem Jahr 1990 bzw. 2001. Deutlich erweitert wurde der Katalog der Ordnungswidrigkeiten. Insoweit lohnt sich der Blick auf den § 65 AwSV, an dem die Bedeutung einzelner Pflichten abgelesen werden kann. Inhaltlich lassen sich die drei folgenden Kernbereiche unterscheiden.

1. Selbsteinstufung

In Kapitel 2 der Verordnung (§§ 4 bis 12) wird die bekannte Pflicht des Anlagenbetreibers zur Selbsteinstufung von Stoffen und Gemischen beibehalten, jedoch vereinheitlicht und dem UBA zur Prüfung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger sowie in der Datenbank „Rigoletto“ auf ihrer Internetseite zugewiesen. Das Amt hat zudem weitere Informationen zum Inkrafttreten der AwSV bereitgestellt. Demnach ist geplant bis Mitte August 2017 eine konsolidierte Liste aller bis zum 1. Juni 2017 nach VwVwS eingestuften Stoffe im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Einstufungsdokumentationen, die vor diesem Datum nicht mehr bearbeitet und veröffentlicht werden konnten, werden erst nach Inkrafttreten der AwSV und gemäß den Vorgaben der Verordnung entschieden und veröffentlicht.

Die Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe (KBwS) wird nun nicht mehr wie bisher in jede einzelne Entscheidung des UBA einbezogen, sondern vielmehr bei besonderen Fällen oder Widerspruchsverfahren. Für den Betreiber entlastend ist, dass die bisherigen -nach der VwVwS getroffenen- Einstufungen bestehen bleiben und in die Datenbank übernommen werden. Feste Gemische gelten als allgemein wassergefährdend, können jedoch vom Betreiber abweichend eingestuft werden.

Anlage_Praxis

2. Anlagen

Die Grundprinzipien bleiben erhalten: Weiterhin soll durch die Berücksichtigung von vier Barrieren (Sicheres Umschließen, Rückhaltegebot, Kontrolle und Alarmplan) eine Wassergefährdung größtmöglich ausgeschlossen werden. Es bleibt bei der Einstufung der Anlagen in Gefährdungsstufen von A bis D, an denen sich die spezifischen Anforderungen konkretisieren. Neu dagegen ist, dass die Grundsatzanforderungen an die Anlage bereits bei der Planung zu berücksichtigen sind (§ 17 Abs. 1 S. 1 AwSV). In der Begründung zur Verordnung heißt es, dass sich im behördlichen Vollzug gezeigt habe, dass die zum Teil fehlende Qualifizierung der Planer unnötige Verzögerungen und Nachbearbeitung erforderlich gemacht habe. Die bislang in einigen Bundesländern eingeführte Bagatellgrenze von 0,22 Kubikmetern bei flüssigen oder 0,2 Tonnen gasförmiger oder fester Stoffe ist nun einheitlich in § 1 Abs. 3 S. 1 AwSV geregelt.

Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, behördlich feststellen zu lassen, dass die Anlage keinen Regelungen der AwSV unterliegt, sofern der Umfang der wassergefährdenden Stoffe als unerheblich zu beurteilen ist (§ 1 Abs. 4 AwSV). Die Löschwasserrückhalterichtlinie bleibt vorerst in Kraft. Das DWA Arbeitsblatt A 779 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall sowie die Löschwasserrückhalterichtlinie (LöRüRl) sollen zusammengeführt und neu konzipiert werden. Ob eine CO2-Löschanlage ohne zusätzliche Beachtung der Löschwasserrückhaltung zukünftig noch behördlich akzeptiert wird, erscheint ­fraglich.

3. Konkrete Anforderungen an die Mitarbeiterfortbildung

Sowohl die Sachverständigenorganisationen als auch die Güte- und Überwachungsgemeinschaften bedürfen nach Kapitel 4 der Verordnung einer bundesweiten Anerkennung. Es werden konkrete Anforderungen an die Mitarbeiterfortbildung gestellt, um die Fachkunde und Erfahrung der Prüfer sicherzustellen. Fehlt es an diesen Fortbildungen, droht der Entzug der Anerkennung. Die Fachbetriebspflicht wurde gegenüber der Muster VAwS reduziert. Die Instandhaltung wurde herausgenommen und die Reinigung gegen die Innenreinigung ersetzt.

Es lohnt sich, genauer hinzusehen

Auf den ersten Blick bringt die neuen AwSV nichts unerwartet Neues. Wie immer steckt der Teufel jedoch im Detail. So ist in jedem Fall ein Abgleich mit den bisherigen Landesregelungen notwendig, um einen konkreten Handlungsbedarf für die eigenen Anlagen ableiten zu können. Für die Selbsteinstufung hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) aktuelle eine Vollzugsempfehlung herausgegeben, in der wesentliche Fragen konkret beantwortet werden und die über den VCI zu beziehen ist.

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