Lösungen für Bewuchsschutz und gegen Biokorrosion
Die Entwicklung von langlebigen und umweltfreundlichen, biozidfreien Antifouling-Systemen sowie Reinigungskonzepten haben sich die 14 Partner des Verbundprojekts „Foulprotect“ auf die Fahnen geschrieben. Im Rahmen einer Fachtagung am Fraunhofer IFAM in Bremen haben jetzt zahlreiche Beteiligte ihren Projektpartnern und weiteren Teilnehmern ihre Forschungsergebnisse vorgestellt.
Spezielle Unterwasseranstriche verhindern, dass Seepocken, Muscheln und Algen an Schiffen und maritimen Anlagen wie Offshore-Plattformen zu Fouling sowie Biokorrosion führen. Herkömmliche Lacke sind jedoch meistens ökologisch bedenklich. Gemeinsame Motivation der „Foulprotect“-Beteiligten ist der Bewuchsschutz und die Vermeidung von Biokorrosion in der maritimen Technik.
Gesamtkoordinator ist Fraunhofer IFAM
Gesamtkoordinator des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projekts ist das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM. Weitere beteiligte Unternehmen und Institute sind das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, die Universitäten Duisburg-Essen und Paderborn, AG Reederei Norden-Frisia, LimnoMar, Momentive Performance Materials, Muehlhahn Deutschland, die Nordseetaucher, Salzgitter Mannesmann Line Pipe, German Drydocks, Ginco Holding, sowie der Lackhersteller Mankiewicz.
Dr. Thomas Rüggeberg vom BMWi, Referat Maritime Wirtschaft, stellte zu Beginn der Tagung die „Maritime Forschungsstrategie 2025“ vor und betonte den querschnittlichen Charakter des „Foulprotect“ Projekts, in dem unterschiedliche Disziplinen zusammenkämen. „Die Bedeutung von Querschnittsthemen steigt“, so Rüggeberg. Das Verbundprojekt sei dafür ein typisches Beispiel.
Gesamte Prozesskette im Fokus
Im Mittelpunkt von „Foulprotect“ steht die gesamte Prozesskette von der anwendungsorientierten Grundlagenforschung über den Schiffbau und Offshore-Bereich hin zum Nachweis der Praxistauglichkeit der erarbeiteten Lösungen. Das Projekt hatte eine Laufzeit von dreieinhalb Jahren.
Sascha Buchbach, Fraunhofer IFAM
Sascha Buchbach, Projektkoordinator beim IFAM, wies auf die negativen Folgen von Biofouling wie erhöhter Treibstoffverbrauch, Gewichtszunahme, verminderte Manövrierbarkeit, Beschädigung im Beschichtungsaufbau sowie erhöhte Korrosion hin.
Ferner sprach er die so genannte Artenverschleppung an: „Das Einschleppen von fremden Arten kann zu regionalen Schäden in den dort herrschenden Ökosystemen als auch dort ansässigen Industriezweigen führen.“
Projektziele
Buchbach skizzierte zudem das Projektziel der Entwicklung und Validierung eines neuen Beschichtungskonzepts, zu der
- Die Entwicklung biozidfreier Beschichtungen
- Neue Reinigungstechnologien
- Die Kombination aus Reinigung und organischer Beschichtung sowie
- Anorganische Beschichtungen und Mörtelsysteme
gehören.
Neben der Entwicklung von biozidfreien Beschichtungskonzepten insbesondere für Schiffe, haben die Wissenschaftler auch den maritimen Bewuchs von unter Wasser stehenden Betonbauten im Blick. Spezielle Mörtel-Umhüllungskonzepte sollen dabei die mikrobiell induzierte Korrosion verhindern. Gleichzeitig werden abgestimmt auf das Beschichtungsmaterial neue Reinigungsverfahren evaluiert, die ein Ablösen des Bewuchses mit niedrigem Kraftaufwand ermöglichen und den Lack oder die Umhüllungsstruktur nicht schädigen.
Vorstellung von Lösungsansätzen
In Bremen präsentierten der Rohstoffhersteller Momentive sowie die Universität Paderborn und das Fraunhofer IFAM erste Ansätze für neuartige biozidfreie und strukturierte Beschichtungen. Das Unternehmen Nordseetaucher und das Labor LimnoMar stellten erste Lösungsansätze für Reinigungstechniken und die Kombination mit Beschichtungen vor.
Bernd Daehne vom Institut für Antifouling und Biokorrosion Dr. Brill + Partner stellte einen Prüfstand zum Test von Antifouling-Beschichtungen vor, der im Laufe des Projekts entwickelt wurde. Die simulierten Prüfungen finden auf der Insel Norderney statt.
Reeder wünschen sich Praxistauglichkeit
Vom Reedereiverband kam der Wunsch nach mehr Praxistauglichkeit. Die Ansätze seien interessant, aber ein „Quantensprung“ seien sie nicht. So gebe es z.B. weltweit unterschiedlich hohe Anforderungen an die Reinigung von Schiffen. Die Biozidverordnung gelte nur EU-weit, Schiffe seien aber auf allen Meeren unterwegs.
„Eine Lösung für die Großschifffahrt kann man nach drei Jahren nicht erwarten“, entgegnete Bernd Daehne. Vielmehr könne der Weg zunächst über Sportboote und Küstenschifffahrt führen und dann eventuell in Richtung Handelsschifffahrt führen
Fazit
„Wir haben viele neue Ansätze generiert“, lautete Sascha Buchbachs Fazit, „aber wir haben nicht DIE Antifouling-Lösung gefunden.“ Er freue sich über die kontroverse Diskussion. Ihm sei bewusst, dass der Weg noch weit sei. Aber: „Wir wollen weitermachen zu diesem Thema.“
Dr. Dorothea Stübing vom IFAM, die auf der Tagung die Ergebnisse des EU-Projektes „Seafront“ (seafront-project.eu) vorstellte, wird eine neue Arbeitsgemeinschaft zum Themenkomplex maritimer Bewuchs, Antifouling, Biokorrosion leiten.
Übrigens:
Im Rahmen der European Coatings Show Conference am 18. und 19. März 2019 in Nürnberg werden einzelne Partner des „Foulprotect“ Projectes ihre Ergebnisse in einer zusammenhängenden Vortrags-Session vorstellen.
Von Kirsten Wrede