Kreislaufwirtschaft: Ein Paradigmenwechsel

Der Vorschlag der Europäischen Kommission, im Kontext der Kreislaufwirtschaft Ökodesigns einzuführen, hat große Auswirkungen auf viele Branchen wie die Klebe- und Dichtstoffindustrie. Nicolás Fuentes, Leiter der Abteilung Regulatory Affairs der FEICA, über den Stand der Dinge.

Kreislaufwirtschaft: Ein Paradigmenwechsel. Bildquelle: Bits and Splits – stock.adobe.com -

Was ist der Status hinsichtlich der Ökodesign-Anforderungen für elektronische Geräte?

Nicolás Fuentes: Zurzeit untersucht die Europäische Kommission Ökodesign-Anforderungen für elektronische Geräte parallel zu den laufenden Ökodesign-Initiativen für Computer und Server. Eine solche Maßnahme wird für notwendig erachtet, um für einen wenn auch nicht identischen, so doch kohärenten Sprachgebrauch in den Verordnungen zu sorgen. Auf diese Weise soll ein gemeinsames Verständnis für die Ökodesign-Anforderungen für diese Produkte geschaffen werden.

Es gab in diesem Zusammenhang bereits ausgiebige Beratungen mit Interessengruppen und Experten, an denen die FEICA teilgenommen hat. Die Kommission hat über ein Beratungsforum Stellungnahmen von Interessengruppen eingeholt. Danach wird es eine Untersuchung zur Folgenabschätzung geben, die von externen Beratern durchgeführt wird. In diesem Verfahren werden zusätzliche technische Informationen und Expertenrat eingeholt und analysiert. Außerdem wird es eine öffentliche Anhörung zu diesem Thema geben.

Was wären die Folgen der Ökodesign-Anforderungen für die Hersteller von Klebstoffen?

Fuentes: Eine mögliche Beschränkung flüssiger Klebstoffe, sowie Ökodesign-Vorgaben für die Reparatur und die Wiederverwertung. Im ersten Entwurf der Verordnung schlug die Kommission ein Verbot flüssiger Klebstoffe sowie eine Verpflichtung zur Verwendung von doppelseitigem Klebeband vor. Man muss sich klarmachen, dass sich flüssige Klebstoffe in technischer Hinsicht nicht von doppelseitigem Klebeband unterscheiden. Wenn die Verordnung umgesetzt würde, hätte dies schwerwiegende Auswirkungen auf die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Klebstoffindustrie und des Elektroniksektors sowie auf die verfügbaren Reparatursysteme.

Hat die EU-Kommission jetzt von ihrem Vorschlag, flüssige Klebeverbindungen für Anzeigegeräte zu verbieten, Abstand genommen?

Fuentes: Nach unserem Verständnis arbeitet die Europäische Kommission an einer alternativen Formulierung für bestimmte Ökodesign-Anforderungen, die das Maß, in dem Produkte zerlegt werden können, verbessern werden, ohne dabei die Produktinnovation und -gestaltung einzuschränken. Die Verwendung flüssiger Klebstoffe wird dann weiterhin möglich sein, sofern sie den Ökodesign-Anforderungen an die Gestaltung und Demontage genügen.

Besteht Ihrer Meinung nach die Möglichkeit, dass andere Ökodesign-Anforderungen für Klebstoffe in anderen Anwendungen eingeführt werden?

Fuentes: Ja, und nicht nur für Klebstoffe. Ich glaube, es wird für alle Arten von Verbindungstechniken Anforderungen hinsichtlich der Demontage geben. Für Klebstoffhersteller ist es wichtig, mit ihren Kunden zusammenzuarbeiten, um dafür Sorge zu tragen, dass Produkte am Ende ihrer Lebensdauer wiederverwertet werden können. Die Verwendung geeigneter Klebverbindungen, welche die Reparatur und Wiederverwertung ermöglichen, muss während der Entwicklungsphase eines Produkts gut geplant und technisch umgesetzt werden.

Welche Position vertritt die FEICA hinsichtlich der Kreislaufwirtschaft und der Ökodesign-Verordnung?

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Nicolás Fuentes

Leiter der Abteilung Regulatory Affairs,

FEICA, der europäische Verband der Kleb- und Dichtstoffhersteller

Fuentes: Die Mitglieder der FEICA unterstützen die Notwendigkeit einer umweltgerechten Gestaltung, um Lösungen für die Wiederverwendung und Wiederverwertung von Elektronikprodukten und -bauteilen am Ende ihrer Lebensdauer zu fördern. Die Kreislaufwirtschaft ist für viele wichtige Industriesektoren in Europa ein Paradigmenwechsel; die erfolgreiche Bewältigung der Herausforderung einer Kreislaufwirtschaft gelingt am besten, wenn die gesamte Gesellschaft einbezogen wird und ihren Beitrag leistet.

Die Ziele, weniger Abfall zu erzeugen und eine vollständige Kreislaufwirtschaft zu erreichen, können die Wirtschaftsakteure allein nicht umsetzen. Dies ist vielmehr eine gesellschaftliche Herausforderung und die Mitglieder der FEICA sind bereit, eine solche Veränderung mitzugestalten und zu unterstützen. Die Kleb- und Dichtstoffindustrie ist seit vielen Jahren im Bereich der Nachhaltigkeit aktiv und verwendet zur Beurteilung von Klebungen in unterschiedlichen Sektoren das Konzept der Lebenszyklusanalyse („Ökobilanz“), zum Beispiel:

Haltbarkeit: die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten und Bauteilen

Materialeffizienz: Leichtbauweise zur Senkung des Materialeinsatzes durch optimierte geklebte Materialkombinationen

Energieeffizienz: Verbesserungen an Gebäuden und beim Transport

Die FEICA war bereits bei den Gesetzgebungsentwürfen für die umweltgerechte Gestaltung von elektronischen Geräten und Servern aktiv als Befürworterin beteiligt und unterstützt den Grundsatz, dass die Gestaltung im Sinne des Materialkreislaufs wichtig ist. Klebstoffe sind eine hervorragende und vielseitige Lösung zur Reparatur. Durch eine enge Zusammenarbeit mit Kunden können Klebstoffhersteller dazu beitragen, dass während der Entwicklungsphase die optimale Kleblösung bestimmt wird, um die Möglichkeiten der Wiederverwertung und Reparatur zukünftiger Produkte zu verbessern.

Das Interview führte Vanessa Bauersachs

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