Fraunhofer IPA: Lack-Ersparnis mit dem Vorbild Fledermaus
Wie lange bleibt der Lack fließfähig? Wie gut gleicht er Unebenheiten aus? Unter welchen Bedingungen bildet sich die gewünschte, spiegelglatte Oberfläche? „Bisher mussten Lackierer in kosten- und zeitintensiven Trial-and-Error-Versuchen ausprobieren, wann eine Lackschicht optimal verläuft“, erklärt Dr. Fabian Seeler. Im Projekt Paint Visco hat er jetzt ein Simulationsprogramm erarbeitet, mit dem sich die Eigenschaften von Lacken virtuell bestimmen lassen.
Die Entwicklung des Computermodells war für den Forscher vom Fraunhofer IPA und sein Team aufgrund der Viskoelastizität der Lacke eine Herausforderung. Die Viskoelastizität wiederum ist entscheidend für die Prognose des Verlaufs, also der Fähigkeit eines Lacks, Unebenheiten auszugleichen – das können oberflächliche Pinselspuren sein, aber auch Poren, Wellenstrukturen und Kanten unter der Lackschicht.
Neue Messtechnik
Rotationsrheometer ermitteln die Fließfähigkeit von Lacken, indem sie eine dünne flüssige Lackprobe mit einer aufgesetzten Scheibe in Drehung oder Schwingung versetzen und dann messen, welche Kraft für die Verformung nötig ist. „Bisherige Geräte verhindern jedoch das Abdampfen der Lösungsmittel, die Ergebnisse sind daher für die Lackindustrie nur eingeschränkt aussagekräftig. Außerdem zeigen solche Messungen immer nur einen kleinen willkürlich gewählten Ausschnitt aus dem Materialverhalten, da oft nur mit einer einzigen Schwingungsfrequenz gemessen wird“, berichtet Seeler. Für rechnerische Verlaufsprognosen benötige man jedoch sehr viel umfangreichere Informationen über das Materialverhalten, beispielsweise das Verhalten einer Lackprobe bei zahlreichen Frequenzen.
Gemeinsam mit seinem Team hat er eine neue Messtechnik entwickelt. Dabei stand die Natur Pate: »Das Messprinzip haben wir bei der Fledermaus abgeguckt«, erinnert sich der Forscher. Das Paint-Visco-Rheometer arbeitet, wie die Fledermaus, mit fließend ineinander übergehenden Frequenzen. Variiert werden dabei allerdings nicht Ultraschall-Rufe, sondern die Frequenzen, mit denen die Lackprobe verformt wird. Durch Wiederholung der Abfolge von Frequenzen lässt sich die Veränderung der viskoelastischen Lackeigenschaften beim Abbinden erfassen. Durch diese besondere Signalform sei es möglich, alle für die Verlaufsprognose benötigten Daten innerhalb kürzester Zeit zu ermitteln, betont Seeler.
Mit der neuen Messtechnik können die Forschenden am Fraunhofer IPA jetzt auch die für die Industrie so wichtige Lösemittelverdunstung berücksichtigen: In ihrem Rheometer wird die Lackschicht nicht mehr durch eine geschlossene Scheibe, sondern durch eine Konstruktion aus mehreren Ringen verformt. Die Öffnungen zwischen den Ringen erlauben es dem Lösemittel, zu verdunsten.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Fraunhofer IPA.