Alternative Vernetzungsmechanismen bei Polyurethanen
Wie sieht die Lage derzeit bei der verstärkten Kennzeichnung von Isocyanaten aus?
Lars Ossenschmidt: Wie jeder andere Gefahrstoff auch sollten Isocyanate sicher durch den Anwender gehandhabt werden. Unter REACH wurden Restriktionen zu Diisocyanat enthaltenen Mischungen vorgeschlagen. Für einen ordnungsgemäßen Umgang werden mehrstufige Schulungen der Anwender empfohlen.
Der vielfältige Einsatz dieser Produkte kann dazu führen, dass eine große Anzahl an Anwendern geschult werden muss. Diese erwartete Komplexität führt dazu, dass sich die Anwender mit Ersatzprodukten beschäftigen. Aufgrund der hervorragenden Eigenschaften von den umgesetzten Polyurethanen, ist es natürlich schwierig, Produkte zu finden, die vergleichbare oder vielleicht sogar bessere Eigenschaften ermöglichen. Unsere silanfunktionellen Polyurethane, die Urethan- und Harnstoffgruppen enthalten, könnten diese Lücke schließen, da sie hervorragende Eigenschaften ermöglichen, ohne Isocyanate zur Vernetzung zu benötigen.
Welche alternativen Vernetzungsmechanismen entwickelt Worlée?
Lars Ossenschmidt
Worlée-Chemie
Ossenschmidt: Das Thema alternative Vernetzungsmechanismen beschäftigt uns seit 2015. In diesem Zusammenhang haben wir uns mit verschiedenen Möglichkeiten befasst und sind letztendlich bei dem Sol / Gel- Prozess der Silane geblieben. Gründe hierfür lagen in der notwendigen Verfügbarkeit der Rohstoffe, der grundsätzlichen Eignung dieser Technologie und der Umsetzbarkeit in unserem Produktionsprozess. Neben der Nutzung unseres Wissens über die Synthese der Basispolyole war auch schnell klar, dass eine weitere Verstärkung des Rückrades des Polymers über Urethan-Gruppen sinnvoll ist.
Können Sie auf das Problem der Balance zwischen Trocknung und Verarbeitungszeit eingehen?
Ossenschmidt: Klassische 2-K-Polyurethanlacke bestehen aus einer Lackkomponente, die Polyole mit Hydroxyl- oder auch Amin-Gruppen enthalten. Die zweite Komponente ist das entsprechende Isocyanat. Vor der Applikation werden diese beiden Komponenten gemischt und können dann miteinander reagieren. Diese Reaktion findet innerhalb eines bestimmten Zeitraums unter Viskositätserhöhung statt. Entsprechend der Reaktivität kann man schnelltrocknende Lacksysteme erhalten, die dann allerdings auch kurze Verarbeitungszeiten, also raschen Viskositätsanstieg, aufweisen. Übliche Verarbeitungszeiten liegen hier zwischen einer und 24 Stunden.
Unsere silanfunktionellen Polyurethane ermöglichen eine gewisse Entkopplung des Zusammenhanges zwischen Trocknungs- und Verarbeitungszeit. Nach Zugabe des Katalysators kann die Reaktion starten. Hierzu müssen die Silan-Gruppen mit Feuchtigkeit hydrolisieren und das Blockierungsmittel abspalten. Hierbei handelt es sich um eine Gleichgewichtsreaktion, die erst rasch nach der Applikation und nicht im Gebinde stattfindet. Es lassen sich Lacke formulieren, die eine sehr schnelle Trocknung und auch Vernetzung bei dennoch langer Verarbeitungszeit aufweisen. Übliche Verarbeitungszeiten liegen hiermit zwischen 24 Stunden und mehreren Wochen.
Für welche Anwendungsgebiete sind Lösungen vorhanden?
Ossenschmidt: Als Hersteller von Bindemitteln und Additiven haben wir grundsätzlich ein breites Portfolio für verschiedene Anwendungsgebiete und arbeiten mit verschiedenen Kunden zusammen. Da unsere silanfunktionellen Polyurethane auf Basis unterschiedlicher Polyole wie z.B. Polyestern, Alkydharzen, Acrylaten u.a. aufgebaut sein können, besteht natürlich die Möglichkeit vielfältige Anwendungsbereiche abzudecken. Diese erstrecken sich derzeit von industriellen Holzlacken, über hochwertige industrielle Decklacke für z.B. Baumaschinen und Fahrzeuge bis hin zu Glas- und Fliesenlacken, Malerlacken, Lasuren und Holzöle.