Wie sieht es am Markt für Additive aus?
Die Additivhersteller sahen sich in den letzten Jahren mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Wie bei allen Rohstofflieferanten haben die meist globalen Themen zu erheblichen Problemen geführt: Materialengpässe, Verzögerungen in der Lieferkette, schwankende Nachfrage durch die Corona-Pandemie und nicht zuletzt Inflation und Preisvolatilität. Die Entwicklung des weltweiten Marktes für Lackadditive ist dennoch erfreulich: Nach Angaben des Marktforschungsinstitutes Frost & Sullivan lag der Umsatz für 2022 bei ca. 9,8 Mrd. EUR. Dies kann man mit einem Absatzvolumen von schätzungsweise 2,5 – 3 Mio. Tonnen gleichsetzen.
Den größten Anteil machen die Rheologieadditive mit 29 % aus, gefolgt von den Bioziden mit 23,3 %. Besonders hervorzuheben ist der Absatz in den Wirtschaftsraum Asien-Pazifik mit einem Anteil von 38,7 %, während die Regionen Nord- und Südamerika und Europa mit jeweils rund 27 % und 23 % ungefähr ähnlich stark sind. Daten von Frost & Sullivan zeigen, dass die drei größten Unternehmen über ein Viertel des gesamten Umsatzes auf sich vereinen: BASF, Dow Coating Materials und Evonik Industries sind diese führenden Marktteilnehmer.
Rund 5 % Wachstum in Aussicht
Die wichtigsten Kennziffern weisen also im Vergleich zu 2020 ein deutliches Plus auf und mittelfristig wird mit einer weitere positive Marktentwicklung gerechnet. Soundarya Gowrishankar, Senior Industry Analyst bei Frost & Sullivan prognostiziert ein durchschnittliches Wachstum von 4,9 % pro Jahr bis 2029. Die Erwartungen werden nicht durchgängig geteilt. Dr. Stefan Mößmer, Leiter Business Line Lackadditive bei Byk weist auf die abgeschwächte Nachfrage im Bereich Maler- und Bautenfarben hin: „Hier hat sich ein Volumenrückgang von 10 % für das Jahr 2023 manifestiert.“
Aber es gibt Gründe für das Wachstum der letzten Jahre, die einen positiven Ausblick rechtfertigen. Sie lassen sich teilweise auf allgemeine Trends zurückführen und liegen zum Teil in den Schwierigkeiten der letzten Jahre.
Nachhaltigkeit ist oben auf der Wunschliste
Additive machen mit 3 – 5 % nur einen kleinen Anteil in der Rezeptur aus, aber ihr Einsatz ist entscheidend für viele gefragte Eigenschaften. Sie können zur Langlebigkeit und einer besseren Leistungsfähigkeit der Beschichtung beitragen und zahlen so direkt auf das Kriterium Nachhaltigkeit ein. Gleichermaßen kann der Einsatz von Additiven auch den Energiebedarf bei der Herstellung und bei der Applikation von Produkten reduzieren. Alle genannten Gesichtspunkte fallen unter dasselbe Kernthema und viele Hersteller berichten von ähnlichen Kundenwünschen aus der Branche.
Der Markt für Lackadditive konzentriert sich laut James Rapley, Product Development Engineer bei Microban International, auf die Entwicklung weniger toxischer und nachhaltigerer Chemikalien. Romain Severac, Global Technical Leader bei Angus bestätigt: „In dem schwierigen makroökonomischen Umfeld von heute sehen wir zwei Faktoren, die den Markt für Lackadditive antreiben. Erstens die Kosten und der zweite Punkt ist die Nachhaltigkeit.“ Auch bei Byk ist das Thema integraler Bestandteil eines jeden F&E Projektes, sagt Mößmer. „Nachhaltige Additivlösungen sind bei den Kunden sehr gefragt.“
Dennis Merk, Business Segment Manager Coatings and Construction Chemicals bei Krahn Chemie schätzt die Prioritäten im Markt ähnlich ein: „Die Nachfrage nach umweltfreundlichen und nachhaltigen Farben und Lacken steigt, was zu einem verstärken Einsatz von Additiven führt, die die Umweltbelastung reduzieren.“ Aus einer anderen Perspektive ergänzt Monika Lamoratta, Technical Application Manager Paints & Coatings bei Lanxess: „Biozide sind davon betroffen, dass ihre Einstufung einen nachhaltigen Einsatz erschwert. Trotz dieser Schwierigkeiten ist klar, dass wasserbasierte Produkte ohne den Einsatz von Bioziden nur eine beschränkte Lebenszeit haben. Durch ihre Zugabe wird nicht nur die Haltbarkeit der Farben an sich, sondern auch die Langlebigkeit von Innen- wie auch Außenanstrichen verlängert.“
Innovation bezieht sich für Merk perspektivisch auch auf nachhaltige oder digital gestützte Geschäftsprozesse und er setzt auf Ganzheitlichkeit: „Gemeinsam mit Lieferanten, Partnern und Kunden bauen wir nachhaltige Lieferketten gemäß dem EU Green Deal auf. Daher sind in unserer Unternehmensstrategie Serviceleistungen wie Life Cycle Assessments, also Ökobilanzierungen, bereits fest verankert.“
Preisdruck ist überall zu spüren
Daneben beschäftigen hohe Kosten den gesamten Markt und treiben die Produktentwicklung voran. Rapley hebt hervor: „Kosten, Umweltbelange, Rechtsvorschriften, Innovation und Produktdifferenzierung sind die wichtigsten Herausforderungen, denen sich die Hersteller von Additiven heute stellen müssen.“
Diese Einschätzung wird allgemein geteilt. „Lackadditive bieten Formulierern, die ihre Rezepturen und die Dosierung bestimmter Inhaltsstoffe optimieren wollen, einen einzigartigen Wert und eine einzigartige Vielseitigkeit, was letztlich zur Senkung der Gesamtkosten beitragen kann“, sagt Severac. Merk fasst zusammen: „Wenn ein massiver Preisdruck auch bei diesen ‚High-End‘ Produkten zu spüren ist, zeigt dies den Handlungsdruck im Markt besonders deutlich.“
Regularien schränken ein und treiben an
Ein weiterer unangenehmer Innovationstreiber besteht durch die steigende Regulierung von vielen Produkten. Lamoratta betont: „Die derzeitige Situation ist sehr kritisch, da insbesondere Biozide immer strengeren regulatorischen Anforderungen unterliegen. Die große Herausforderung für Hersteller von Bioziden für die Farb- und Lackindustrie liegt in der BPR; der Biozid Produkte Regulierung.“ Für einige Additivklassen stellen die regulatorischen Anforderungen aber auch eine Chance für die Anbieter dar. Mößmer sagt: „Regulatorische Fragestellungen sind ein maßgeblicher Treiber für Produktentwicklungen. Neben der Fluorthematik werden mehr und mehr Rohstoffe, welche z.B. verantwortlich für hervorragende Pigmentanhaftung, als SVHC; also ‚substances of very high concern‘ eingestuft, wodurch Additive mit anderer Haftgruppentechnologie entwickelt werden müssen.“
Vielfältige Eigenschaften sind beliebt
In der Entwicklung stellt der steigende Bedarf bei smarten beziehungsweise funktionellen Beschichtungen einen weiteren wichtigen Aspekt dar. Additivhersteller müssen genau diese Nachfrage und damit auch nach der Kombination von Funktionalitäten mit dekorativen Eigenschaften bedienen. „Neben nachhaltigen Additivlösungen sind Additive für funktionelle beziehungsweise smarte Beschichtungen mit längerer Lebensdauer stark nachgefragt. Besonders Additive, welche die Kratz- und Abriebfestigkeit, Mattierung und ähnliche Eigenschaften fördern, erfreuen sich besonderer Beliebtheit“, unterstreicht Mößmer.
Severac führt weiter aus und weist auf Additive hin, die eine Vielzahl von Eigenschaften in einem Produkt verbinden, etwa das Kombinieren von hohem Glanzpotenzial, einer pH-Pufferung, einer verbesserten Formulierungsstabilität und Korrosionsbeständigkeit. Er berichtet auch von einem Projekt, das einen Katalysator in Pulverbeschichtungssystemen sowie Wandfarben als chemischen Abfänger von Luftschadstoffen in Innenräumen untersucht. „Der Trend zu funktionellen Beschichtungen ist etwas, das unseren Fokus definitiv beeinflusst.“ Rapley stimmt zu: „Der Trend hat großen Einfluss auf unsere Arbeit. Anstatt nur eine harte und dauerhafte Beschichtung zu haben, kann dieselbe Beschichtung beispielsweise auch schmutzabweisend sein. Funktionalitäten wie Anti-Graffiti oder antimikrobieller Schutz verleihen der Beschichtung einen zusätzlichen Wert.“
Auch wenn die Einsatzmenge in der Gesamtformulierung gering ist, lassen Innovationsdruck, knappe Budgets und der Wunsch nach Umweltverträglichkeit (politisch vorgegeben oder nicht) die Hersteller von Farben und Lacken auf die Additivhersteller blicken. Hier finden sich auch zukunftsweisende Lösungen für die Entwicklung und Verbesserung von Formulierungen, die eine hohe Bedeutung des Markts unterstreichen. Aus wirtschaftlicher und technischer Sicht kann also optimistisch in die Zukunft geblickt werden.
Dieser Artikel enthält Daten und Informationen aus einer Marktstudie von Frost & Sullivan.