Wie geht es mit Titandioxid weiter?
Die Entscheidung über die Einstufung von Titandioxid ist ergebnislos geblieben. Was bedeutet dies nun für die Farben- und Lackbranche?
Aline Rommert: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die Kommission hat die Abstimmung zur 14. ATP im REACH-Regelungsausschuss kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Wahrscheinlich hätte sich auch diesmal keine qualifizierte Mehrheit ergeben. Unklar ist, wie es weiter geht. Wir haben an die Kommission appelliert, auf die Einstufung von Titandioxid zu verzichten und stattdessen eine Harmonisierung der Staubgrenzwerte am Arbeitsplatz voranzutreiben. Damit könnte man den Arbeitsschutz in Europa verbessern.
Ist diese Entwicklung negativ oder positiv zu bewerten?
Rommert: Immer mehr Länder, Unternehmen und Verbände äußern ihre Kritik. Dies wurde bei der öffentlichen Konsultation deutlich, an der sich knapp 500 Stakeholder beteiligten. Über 95 % der Eingaben kritisierten dabei eine Einstufung von Titandioxid als ungeeignet und unverhältnismäßig.
Aline Rommert, Technische Referentin für Produktsicherheit, Nanotechnologie, REACH und CLP
Zudem nutzten viele Nicht-EU-Länder die Notifizierung im Rahmen der WTO, um den Vorschlag als Handelshemmnis zu kritisieren und vor einer Schwächung des internationalen GHS-Systems zu warnen. Positiv ist, dass eine Einstufung auch von flüssigen Gemischen mit Titandioxid (also z.B. Farben, Lacken und Druckfarben) vom Tisch zu sein scheint. Nicht verschwunden ist der unsinnige Vorschlag für Warnhinweise für flüssige Gemische.
Welche Entwicklungen werden erwartet, und wie wird der VdL weiter vorgehen?
Rommert: Nach den Europawahlen kann das Thema von einer neuen EU-Kommission abermals auf die Tagesordnung gesetzt werden. Allgemein wird damit gerechnet, dass dies in einem geänderten Verfahren („Delegierter Rechtsakte“) geschieht. Hierbei kann die Kommission selbst über eine Einstufung entscheiden, muss allerdings bei wichtigen Vorhaben vorab die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen prüfen. Dabei würde dann die Betroffenheit von Abfallindustrie, Kunststoffrecycling oder von Spielzeugen deutlich.
Das Interview führte Silke Karl
Verwandte Inhalte
Der Fall Titandioxid: Farbenindustrie warnt vor EU-Einstufung