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Earth Overshoot Day – mein Fußabdruck hinterlässt tiefe Spuren

Dieser Blog entstand, weil ich mal wieder in meiner kleinen Welt erschüttert wurde. Letzte Woche Donnerstag war „Earth Overshoot Day“ – der 20.8.2015. 1993 fiel dieser beschämende Feiertag auf den 21.10. Es ist der Tag, an dem wir rechnerisch die Ressourcen für das Jahr aufgebraucht haben und ab dem wir bis zum Ende des Jahres „auf Pump“ leben von Mutter Erde.

Um von der verlinkten Seite zu zitieren: „Global Footprint Network stellt fest, dass wir in ungefähr acht Monaten den Vorrat an erneuerbaren Ressourcen für ein ganzes Jahr verbrauchen und wir mehr CO2 ausstoßen, als die Erde innerhalb dieser Zeit wieder umwandeln kann.“

Mein Beispiel: ich

Gerne führe ich Ihnen mein positives Kleinbürgertum in wenigen Punkten beispielhaft vor:

  • Gefühlt besitze ich 50 Jutetaschen mittlerweile, die mir die Plastikvermeidung erleichtern,
  • Bevor ich mir Fleisch zubereite durchforste ich die Vita der Tiere auf Glücksmomente schon beim Metzger,
  • außerdem verzichte ich auf ein eigenes Auto und tätige 90 % aller Erledigungen mit dem Fahrrad.

Meine Duscheinheiten halte ich zeitlich in Grenzen, habe sogar ein Wassersparnupsi in der Spüle und im Waschbecken eingebaut, damit mehr Luft ins fließenden Nass eingewirbelt wird.

Dennoch kann ich nur kopfschüttelnd die Nachrichten ertragen, wenn der nächste tote Gorilla beim Abholzen im brasilianischen Regenwald gemeldet wird, Shell trotz Protesten vor Alaska mit Bohrungen beginnt oder das chinesische Desaster in Tianjin an giftigen Gasen Mensch und Umwelt großen Schaden zufügt.

Nun, um der depressiven Hanglage noch einen kleinen Schubs zu geben, suhle ich mich in dem Thema noch ein wenig weiter. Vielleicht haben Sie eine Ahnung, wie ich an meinen persönlichen Schuldenerlass komme?

Mein Kleinbürgertum ist eine Tragikkomödie

Obwohl ich also um die globalen Ausmaße unseres Raubbaus Bescheid weiß, erleiden meine moralischen Ansprüche regelmäßig einen Dämpfer:

  • Ich nutze Weichspüler, einfach weil es so lecker riecht.
  • Beim Kuchen um die Ecke interessiert mich das Glück des Huhns, das die Eier beigesteuert hat, sehr wenig.
  • Zwar spare ich viele Abgase mit dem Auto, finde ein Flugzeug aber sehr praktisch, um meine Urlaubsziele zu erreichen.

Und ja, über meine Badewanne erfreue ich mich in höchstem Maße insbesondere im Winter. Auch ohne Wassersparnupsi.

Mein persönliches, aber auch dienstliches Dilemma

Tja, Engelchen und Teufelchen sitzen also häufig auf meinen Schultern und grinsen mich grenzdebil (!) an. Und das ist erst die private Sonja Specks.

  • Dienstlich drucke ich so wenig wie möglich aus,
  • diskutiere gerne über den Sinn und Unsinn der Nachhaltigkeit
  • und drücke gerne den Finger in die Wunden des Umweltschutzes.

Ich bin Redakteurin und Ingenieurin, freue mich über die Ideen und Wunder der Technik, die unsere Branche immer wieder hervorbringt. Auch wenn ich seinerzeit mal Chrom VI aus Dosendeckelinnenseitenvorbehandlungen eliminierte, renne ich der Vergebung hinterher. Die alternativen Rohstoffe müssen schließlich hergestellt und auch wieder abgebaut werden – ob das der Umwelt mehr hilft, wage ich zu bezweifeln.

Und jetzt zu Ihnen

Wie geht es Ihnen? Wie weit ist der Privatmensch mit seinen Luxusdilemmas vom Geschäftsmenschen entfernt? Überlegen Sie, woher Sie Ihre Rohstoffe beziehen und wie glücklich die Arbeiter dort vor Ort sind?

In welchem Dilemma befinden Sie sich? Zum Beispiel, wenn Ihre Firma Umweltbewusstsein als einen Grundpfeiler ihrer Geschäfte betrachtet, sie persönlich aber gleichzeitig weder die Zeit, noch überhaupt die Vorgabe haben, zu recherchieren, wie die Umwelt leidet, um ihre Rohstoffe für Ihre Entwicklungen Preis zu geben?

Als anonymes Rad im großen Getriebe für die Firma wirkt unser Umweltgedanke noch winziger, anonym und vor allen Dingen zweitrangig. Schließlich können wir die eigenen Ansprüche dazu hinter dem Geschäftssinn gut verstecken.

Betroffenheit und keine Absolution – was kann ich tun?

Es macht mich ratlos, wie ich mit mir bei all dem ins Gericht gehen soll. Ich handele schließlich bewusst, also meistens jedenfalls. Und wenn ich davon ausgehe, dass dies doch einige der Leser hier auch machen, sitzen wir nun alle etwas ideenlos vorm Rechner.

Immerhin kann ich es mir hier von der Seele schreiben. Vielleicht gibt es ja doch eine Absolution für mein Handeln, wenn diese Zeilen jemand lesen würde, der für die Seelenreinwaschung zuständig ist. (Falls dem so sein sollte: bitte schreiben Sie mir!)

Da diese Wahrscheinlichkeit gering ist, habe ich auf der Internetseite von Global Footprint Network meinen CO2-Fußabdruck gemessen. Leider hat sich kein deutscher Sponsor finden lassen, so dass mich die Berechnung in die Schweiz führte und zu einem gefühlt schlechten Menschen werden ließ. Allein schon meinetwegen müssten es 2,6 mehr Erden geben (bei Luxemburger Berechnung 3,8 und in Italien 2,5 Erden) Ein zynischer Glückwunsch. Wie sieht der Wert denn bei Ihnen aus, frag ich jetzt mal ganz neugierig?

Wie gut, dass mein Café um die Ecke jetzt Sommerurlaub hat. Wenigstens ein paar Gedanken weniger, die ich mir erst einmal machen muss um Huhn und Ei.

Ich bekomme also auch kein Happy End für diesen Blog hin – oder haben Sie eine Idee, ein Beispiel, wie ich mich wieder besser fühlen darf?

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