Pulverlacke: Potenzial für mehr

Pulverlacke bleiben ein attraktives Marktsegment, wenn man den verschiedenen Studien der Marktforschungs­unternehmen glauben darf. Der globale Markt wird derzeit auf eine Größe von 9 bis 10 Mrd. EUR geschätzt. Bei den Wachstumsprognosen zeichnen sich aber unterschiedliche Erwartungen ab. 

Pulverlacke bleiben ein attraktives Marktsegment. Bildquelle: Pattadi - Fotolia.com
Pulverlacke bleiben ein attraktives Marktsegment. Bildquelle: Pattadi - Fotolia.com -

Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate wird in den Studien von verschiedenen Marktforschungsunternehmen, wie zum Beispiel Markets and Markets, Grand View Research, General Markets Insights oder Allied Market Research, unterschiedlich prognostiziert. Konservative Einschätzungen geben etwa 5 % an, einige Quellengeber sind aber sehr optimistisch und sehen sogar knapp 8 % als mögliches Wachstum an – in den nächsten vier bis fünf Jahren.

Markt hat eine Größe von etwa 10 Mrd. EUR

Am gesamten Farben- und Lackmarkt haben Pulverlacke einen Anteil von um die 8 %, sowohl im Volumen als auch im Wert. Kevin Biller, The Powder Coating Research Group, stuft den Markt auf eine Größe von 9,5 bis 10 Mrd. EUR ein. Der globale Markt verzeichne in den letzten drei bis vier Jahren ein durchschnittliches jährliches Wachstum von rund 5,5 %. „Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate wurde durch die gesunden Wachstumsraten im Raum Asien-Pazifik und die leicht über dem BIP liegenden Wachstumsraten in den gesättigten Märkten in Westeuropa und Amerika gestützt“, sagt Biller.

Der Anteil der Region Asien-Pazifik am Gesamtmarkt für Pulverlacke betrug 2017 über 59 %, was knapp 6 Mrd. EUR entspricht. Schlüsselfaktoren wie eine stabile Wirtschaft, steigende Verbraucherausgaben und eine schnelle Entwicklung der Infrastruktur in den Schwellenländern – darunter Indien, China und Indonesien – werden diesen Wert vermutlich in Zukunft noch ansteigen lassen. China und Indien sind die Länder mit dem höchsten Verbrauch an Pulverlacken, die in unterschiedlichen Industrien eingesetzt werden, darunter Automobil, Konsumgüter und Möbel. Chinas Automobilindustrie etwa, ist der größte Verbraucher von Pulverlacken im Land.

Etwa 19,5 % des Marktes entfallen auf Europa und 17,5 % auf den gesamten amerikanischen Kontinent, wie Biller schätzt. Die übrigen 4 % oder verteilen sich auf die übrigen Regionen der Welt. In den jüngst veröffentlichen Zahlen des europäischen Dachverbands der Lackhersteller, CEPE, zeigte sich der Pulverlackmarkt als relativ robust in den vergangenen Jahren. In den letzten fünf Jahren legte das Volumen jedes Jahr zu. In 2018 legte die Menge erneut um 1,9 % zu und das Volumen stieg auf etwa 350.000 Tonnen an.

Europäische Produktion erreichte 2018 350.000 Tonnen

Die Prognosen in Anwendungen wie dem Land- und Baumaschinenmarkt, dem Markt für Bautenfarben und dem Markt für Außenmöbel gehören zu den Schlüsselfaktoren, die den Markt für Pulverlacke Wachsen lassen sollen. So sehen dies zumindest unterschiedliche Studien der verschiedenen Marktforschungsunternehmen. Die Verlagerung des Verbraucherfokus auf die Einführung auf ökologisches Bauen sowie die steigenden Präferenzen für umweltfreundliche Baumaterialien werden die Marktbedingungen in den kommenden Jahren positiv beeinflussen.

Die Einbeziehung neuer und nachhaltiger Lösungen und rascher technologischer Fortschritte, um die Effizienz-, Haltbarkeits- und Umweltanforderungen der Zukunft zu erfüllen, soll den Verbrauch von Pulverlacken erhöhen. Zusätzlich werden Vorschriften für die Verwendung von Materialien, die toxische Chemikalien enthalten und einen hohen VOC-Gehalt haben, das Marktwachstum bei Pulverlacken ankurbeln. Biller sieht dies, auf den amerikanischen Markt bezogen, etwas differenzierter. „Das organische Marktwachstum wird in den nächsten zwei bis drei Jahren eingeschränkt. Die US-Produktion erreichte im September ein Zehnjahres-Tief, was auf eine geringere Konsumnachfrage und die Unsicherheit durch den Handelskrieg von Trump mit China zurückzuführen ist. Eine wirtschaftliche Rezession ist in Sicht, obwohl es noch zu früh ist, um zu sagen, wie groß sie sein und wie lang sie dauern wird“.

Die erwähnten Handelskriege könnten die Lieferketten für kritische Rohstoffe weiter erschüttern. Als Beispiel nennt Biller etwa Pigmente, insbesonder TiO2 und Basisharze. Außerdem stehe die Pulverlackbranche vor der Herausforderung in den F&E-Abteilungen, pensionierte Formulierer durch frischen Köpfe zu ersetzen. Die Innovationkraft der Unternehmen beschreibt Biller als  eher träge. Es zeichne sich ein Trend ab, hin zu einem Oligopol von Riesenproduzenten, die sich in bürokratischem Management festgefahren haben.

Die Konsolidierung in den letzten zehn Jahren hat die Gesamtzahl der Akteure deutlich reduziert, so dass weniger als zehn Akteure über 80 % des Weltmarktes ausmachen. Dies gilt insbesondere für die westlichen Regionen. Nordamerika wird von fünf Produzenten dominiert: Sherwin-Williams, PPG, Akzo Nobel, Pro Tech und Axalta. Zu den Top-Playern in Europa gehören Akzo Nobel, Jotun, Sherwin-Williams, Axalta, Tiger Drylac und Europolveri.

Möbel­produktion mit möglichen Potenzialen

Für den Automobilmarkt, der in einigen der eingangs genannten anderen Marktstudien als ein Wachstumssegment eingestuft wird, fällt Billers Einschätzung vorsichtiger aus. Demnach werde dieses Segment nur ein geringes Marktwachstum verzeichnen. „Die OEMs haben sich den wasserbasierten Technologien und dem kompakten Prozess verschrieben, bei dem keine Pulverbeschichtungen zum Einsatz kommen. Langsames Wachstum, das der Automobilproduktion folgt, wird bei Anwendungen unter der Motorhaube und bei Leichtmetallrädern auftreten“, ist sich Biller sicher.  

Innovationen in der Pulvertechnologie können neue Märkte bei wärmeempfindlichen Substraten und bei auf Langlebigkeit ausgelegte Endanwendungen Potenziale eröffnen. „Ikea hat großes Interesse daran bekundet, Nasslacklinien für ihre MDF-basierten Produktlinien in Pulver umzuwandeln. Wenn sie größere Umbauten vornehmen, kann erwartet werden, dass die Wettbewerber dem Beispiel folgen. Auf extreme Langlebigkeit ausgelegte Endanwendungen werden sich vor allem in den anspruchsvollen Märkten in den USA und im Nahen Osten langsam in Richtung Pulver verlagern“, sagt Biller.

Weitere Chancen für Pulverlackhersteller Marktanteile hinzuzugewinnen gibt es auch weiterhin, wie Biller schätzt. „Wärmeempfindliche Substrate wie technische Platten, Verbundwerkstoffe und Kunststoffe haben noch Potenzial. Pulver für extreme Langlebigkeit werden Marktanteile gewinnen, wenn auch von mittelständischen Herstellern, die ungehindert agieren können, weil sie intern mit einem Flüssiglackgeschäft konkurrieren müssen. Insbesondere im Markt für Rohrbeschichtungen, der ein moderates Wachstum mit sich bringen wird, werden schrittweise Verbesserungen in Bezug auf Korrosionsbeständigkeit und Haltbarkeit realisiert“.

Pulverlacke verweilen weiterhin in der Nische

Die Vorteile benennt Biller anhand eines Säulenmodells. Für sind die Säulen der Pulverbeschichtung – Effizienz, Wirtschaftlichkeit, hervorragende Leistung und Umweltverträglichkeit. Diese haben Anwender Jahrzehnten gezwungen, Pulverlacke als Alternative zu lösemittelhaltigen Beschichtungen zu betrachten. „Es gab immer Eintrittsbarrieren, die sich hauptsächlich auf die Angst vor radikalen Veränderungen und das Potenzial zum Scheitern versteiften“, so Biller. Daher werden sie vermutlich auch weiterhin in der Nische bleiben. An der Größenordnung von einem Anteil um 8 % am gesamten Farben- und Lackmarkt werde sich vorerst auch kaum viel ändern. Vielmehr ist der jüngsten Vergangenheit zu beobachten, dass sich der Absatz von Pulverlacken mit dem Output der industriellen Produktion weitgehend deckt.  

Ein weiterer Grund für das Nischendasein könnte auch darin bestehen, dass Nasslacke den Pulverlacken für großformatige Anwendungen wie Erdbewegungsmaschinen, landwirtschaftliche Geräte sowie Luft- und Raumfahrt immer noch überlegen seien, laut Biller. Nasslacke ließen sich auch sich leichter auf schnell laufenden Bandbeschichtungsanlagen applizieren.

Von Damir Gagro

Mehr zum Pulverlackmarkt lesen Sie auch in unserem Interview mit Klaus-Georg Gast, Business Director Powder Coatings Europe bei Axalta.

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