Wachstumschancen für biobasierte Lacke

In der Farben- und Lackindustrie insgesamt bleiben biobasierte Systeme ein Nischensegment. Dennoch erweist sich diese Nische als robust und bietet Wachstumschancen.

Nachhaltigkeit und umweltverträgliche Lösungen sind mittlerweile Themen Bildquelle: Natallia Vintsik - stockadobecom

Die Bestrebungen, das Angebot an biobasierten Farben und Lacken zu erweitern oder gar in das Portfolio aufzunehmen, haben bei den Farben- und Lackherstellern in den letzten Jahren zugenommen. Angesichts der wachsenden Besorgnis über die Nachhaltigkeit gibt es weltweit eine bemerkenswerte Verschiebung zwischen den wichtigsten Sektoren, die biobasierte Alternativen verwenden. Diese Situation hat in vielen Branchen wie der Farben- und Lackindustrie zu einer erhöhten Nachfrage nach biobasierten Lacken geführt. Daher wird der globale Markt für biobasierte Beschichtungen in den kommenden Jahren voraussichtlich ein starkes Wachstum erfahren.
Nach Annahmen von Branchenexperten bewegt sich die Marktgröße seit Jahren wertmäßig um 5 % und mengenmäßig um 1 %.

Marktstudien prognostizieren ein gewaltiges Wachstum

Schaut man sich die verschiedenen Studien und Berichte von Marktforschungsunternehmen an, so sind die Aussichten für die kommenden Jahre sehr positiv. Dem globalen Markt für biobasierte Beschichtungen wird in absehbarer Zukunft ein enormes Wachstum vorausgesagt. Einer der Hauptgründe für dieses Wachstum ist die zunehmende Anwendung von biobasierten Lacken in einer Vielzahl von Endverbraucherindustrien wie Holz, Automobil, Bauwesen, Papier und Lebensmittelverpackungen. Abgesehen davon wird der wachsende Druck von Regierungsbehörden, die Verwendung von Lacken auf Mineralölbasis zu reduzieren, das Wachstum des globalen Marktes für biobasierte Lacke in den kommenden Jahren wahrscheinlich ankurbeln.

In den letzten Jahren haben Gesundheits- und Umweltbedenken deutlich zugenommen. Dies hat zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage nach biobasierten Beschichtungen für viele Anwendungen geführt. Gleichzeitig ist ein bemerkenswerter Rückgang der Verwendung von gefährlichen oder giftigen Materialien in der Farben- und Lackindustrie zu verzeichnen. Diese Faktoren wirken sich positiv auf den globalen Markt für biobasierte Beschichtungen aus.

Das Bewusstsein der Hersteller und Endverbraucher von biobasierten Lacken für nachhaltige Produkte und Lösungen ist gestiegen. Dieser Faktor wird in den kommenden Jahren voraussichtlich eine vielversprechende Nachfrage nach biobasierten Lacken erzeugen. Daher wird für den globalen Markt für biobasierte Beschichtungen ein schnelles Wachstum vorhergesagt.

Gemischtes Bild über die Wachstumsentwicklungen der Branchenakteure

Solche vielversprechenden Wachstumsentwicklungen werden häufig in Studien erwähnt oder veröffentlicht. Es gibt sicherlich mehrere Beispiele, die eine kommerzielle Erfolgsgeschichte erzählen. Es gibt aber auch genügend Beispiele, bei denen der Durchbruch noch auf sich warten lässt. Das kann verschiedene Gründe haben, etwa das Fehlen des richtigen Bindemittels oder fehlende Produktions- und/oder Anwendungsmöglichkeiten. Aus diesem Grund gibt es unter den Branchenteilnehmern keine einhellige Meinung und es bilden sich unterschiedliche Ansichten heraus.

Für Thomas Klapproth von Bio Pin, einem Hersteller von Naturfarben, wächst die Nachfrage nach biobasierten Farben und Lacken weniger stark, als es nach außen hin scheint. „Was hier fehlt, sind ehrliche Konzepte von Herstellern und Handel, um die anspruchsvollen Endkunden überzeugend zu bedienen“, ergänzt sein Kollege Tobias Gölz.
Gérard Zoller vom Naturfarbenhersteller Peintures Robin sieht das anders: „Wir sehen einen leichten Aufwärtstrend von biobasierten Produkten auf dem Markt. Immer mehr Anbieter bieten nachwachsende Rohstoffe als Alternative an.“ Dieser Ansicht sind auch Davy De Clercq und Florian Lunzer von Allnex. Beide sehen in allen Regionen und Segmenten ein allgemein starkes Interesse an biobasierten Farben und Lacken. Dekorative Beschichtungen und industrielle Holzbeschichtungen sind nach Ansicht der beiden Experten sicherlich führend in diesem Trend.

Event tip: Bei der EC Conference Bio-based and Water-based Coatings vom 22.-23. November in Berlin spricht auch Luc Sterckx von Allnex über dieses Thema.

Greenwashing bleibt eine Herausforderung – unter anderem

Die aktuelle Situation auf dem Markt für biobasierte Farben und Lacke beurteilt Zoller jedoch nicht uneingeschränkt positiv. Ein negativer Aspekt ist aus seiner Sicht, dass es in der Branche viel „Greenwashing“ gibt. Auch Klapproth identifiziert dieses Problem und sieht es als Herausforderung. Biobasierte Produkte erhalten seiner Meinung nach keine Unterstützung durch Gesetzgeber oder Normen. „So kann jeder konventionelle Farbenhersteller sein Produkt als „Holzöl“ vermarkten, ohne dass tatsächlich Öle enthalten sind. Leider kennt jeder Anbieter von biobasierten Produkten solche Acrylatprodukte.“ Gölz ergänzt: „Die von uns angestrebte Kooperation von biobasierten Holzschutzprodukten funktioniert leider nicht. Sehr viele Hersteller verarbeiten nach wie vor hauptsächlich konventionelle Bindemittel und eine Klärung der Unterschiede ist daher nicht in ihrem Interesse.“

Zu den größten Herausforderungen für Bio-Rohstoffe zählen für Klapproth jedoch der Preisunterschied zu petrochemischen Produkten und die derzeitige massive Preisvolatilität bei Pflanzenölen. Zu dieser Einschätzung kommt auch De Clercq. Auch für ihn sind die Verfügbarkeit und die Preise für biobasierte Rohstoffe die größten Herausforderungen und verhindern damit die Gewinnung weiterer Marktanteile. „Solange die Anforderungen an den biobasierten Anteil niedrig bleiben, gibt es keine wirkliche Grenze. Wenn der biobasierte Anteil auf ein bestimmtes Minimum festgelegt wird, sind die Verfügbarkeit und die Vielfalt der Rohstoffe der begrenzende Faktor – nicht die Leistung der Farbe oder des Lacks“, sagt Lunzer.

Die größten Herausforderungen liegen laut Zoller noch auf der technischen Seite. „Oft sind die Qualitätsstandards von biobasierten Lacken nicht mit konventionellen Qualitäten vergleichbar: Vergilbung, Trocknung, Durchhärtung, etc.“, sagt er. Aufgrund der technischen Defizite sind biobasierte Systeme in stark beanspruchten Anwendungen, wie in der Industrie oder im Automobilbereich, noch keine Alternative, ist sich Zoller sicher. Grenzen sieht Gölz noch im Bereich der industriellen, dekorativen Massenanwendungen auf Metallsubstraten, also bei Decklacken. „Bei den bisherigen, kaum gelösten Herausforderungen im Bereich der Wandbeschichtungen haben wir seit kurzer Zeit eine gute Lösung“, so Gölz weiter.

Potenziale und Weiterentwicklungen

Weiteres Potenzial für biobasierte Beschichtungen sehen die beiden Experten von Bio Pin daher bei Wandbeschichtungen und im Dunkelfarbschutz.
Das größte Potenzial für den Einsatz von biobasierten Farben und Lacken sieht Zoller zudem im Architekturbereich. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass die Nachfrage in diesem Segment stark vom Endverbraucher getrieben wird. Auch Themen wie gesundes Wohnen gewinnen in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Bei den Anwendungen, die weiteres Potenzial für biobasierte Systeme bieten, wollen sich die beiden Experten von Allnex nicht einschränken. Sie sehen in allen Anwendungsbereichen Potenziale für den Einsatz von biobasierten Lösungen.

Wie sich der Markt für biobasierte Systeme entwickeln wird, lässt sich nur schwer vorhersagen. Bislang ist dieses Segment der Farben- und Lackindustrie eine Nische geblieben. Zoller geht davon aus, dass mittel- bis langfristig, je nach Anwendungsbereich, erdölbasierte Produkte vollständig durch biobasierte oder mineralische Systeme ersetzt werden. „Der Green Deal sowie nationale Bestrebungen, die Idee der Kreislaufwirtschaft sowie die Nachfrage der Kunden sind die Garanten für diesen Wandel. Da die Rohstoffe der Farben- und Lackindustrie sehr häufig Nebenprodukte der Kraftstoffindustrie sind, wird es mit der Elektrifizierung der Fahrzeugflotte und dem damit einhergehenden Rückgang der Erdölindustrie auch zu einer Verknappung der erdölbasierten Rohstoffe kommen. Es bleibt abzuwarten, ob Rebound-Effekte dem entgegenwirken werden“.

De Clerq sagt voraus, dass die Nutzung von Bioabfallströmen als Quelle für biobasierte Rohstoffe zunehmen wird. Auch eine breitere Akzeptanz des Massenbilanzkonzepts und eine einheitliche Methode zur Berechnung/Zuweisung von Kohlenstoff-Fußabdruck-Gutschriften für die Alternativen ist für das Segment der biobasierten Farben und Beschichtungen im Allgemeinen zu erwarten. „Die petrochemischen Hersteller werden wieder einmal versuchen, das Thema ‚kalkulierte Nachhaltigkeit‘ zu bewerben, also reines Greenwashing. Ich hoffe, dass sich die ehrlichen Unternehmen dagegen wehren und sich an dieser Verbrauchertäuschung nicht beteiligen“, so Klapproth.

Hersteller zu diesem Thema