Interview: „Wir sehen hier einen Nachholbedarf“

Merck hat eine vollautomatische Anlage zur digitalen Farbmessung der Pigmentprodukte in Betrieb genommen. Dr. Eva Kriegbaum, Leiterin Surface Solutions Gernsheim, über den Automatisierungsgrad in der Branche und den Markt für Effektpigmente.

Wir sprachen mit Dr. Eva Kriegbaum über Mercks vollautomatische Anlage zur digitalen Farbmessung sowie Automatisierung in der Branche. Quelle: Surface Solutions Gernsheim

Sie haben eine vollautomatische Anlage zur digitalen Farbmessung der Pigmentprodukte in Betrieb genommen. Welche Gründe haben zu dieser Investition geführt?

Dr. Eva Kriegbaum: Wir haben in den letzten Jahren deutlich unsere Produktionskapazitäten erhöht. So haben wir im September 2021 in Gernsheim eine zweite Produktionslinie für Effektpigmente auf Basis von Siliziumdioxid in Betrieb genommen. Im nächsten Schritt treiben wir jetzt in unseren Produktionsprozessen die Digitalisierung und Automatisierung weiter voran.

Mit der neuen digitalen Farbmessung können wir unsere Kunden noch zuverlässiger mit einer messbar gleichbleibenden Qualität bedienen. Dies ist vor allem deshalb auch möglich, da wir sämtliche Prozess- und Qualitätsdaten kürzlich in einem System zusammengeführt und vernetzt haben. Am Ende aber muss sich eine solche Investition von 10 Millionen EUR auch rechnen. Und das ist hier der Fall. Wir werden durch die neue Anlage effizienter, können mit gleichbleibender Qualität produzieren und reduzieren auf diese Weise unnötigen Ausschuss. Wir sind also auch nachhaltiger bezüglich der eingesetzten Ressourcen.

Sie haben in jüngster Vergangenheit mehrere Investitionen am Standort Gernsheim getätigt. Haben Sie weitere Pläne für Investitionen in der Pigmentproduktion an diesem und an weiteren Standorten?

Kriegbaum: Die neue Anlage ist eines von vielen Projekten bei Surface Solutions, um die Qualität von Produkten und Prozessen durch Automatisierung und Digitalisierung weiterzuentwickeln. Nach Gernsheim sollen auch in Onahama (Japan) und Savannah (Georgia, U.S.), unseren Partner-Standorten in der Pigment-Produktion, vollautomatische Anlagen zur digitalen Farbmessung eingesetzt werden.

Zudem investieren wir kontinuierlich in unsere Anlagen, um die Qualität und Reinheit unserer Produkte weiter zu verbessern, derzeit beispielweise insbesondere für unsere Pigmente mit Anwendung in der Kosmetik. Wir planen auch in den nächsten Jahren weitere Investitionen in Anlagen für neue Produkte sowie auch in unsere Pigment-Forschung.

Wie bewerten Sie den Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad in der Farben- und Lackbranche?

Kriegbaum: Wir sehen hier durchaus einen Nachholbedarf. Entsprechend haben wir uns aufgestellt und investieren entlang der gesamten Prozesskette in Digitalisierung und Automatisierung. Nur damit können wir über die Zeit noch effizienter werden, gleichzeitig die hohen Qualitätsanforderungen unserer Kunden erfüllen und uns vom Wettbewerb differenzieren. Außerdem können wir unsere Entscheidungen auf mehr datenbasierte Erkenntnisse stützen und unsere Kunden auf deren Weg der digitalen Transformation unterstützen.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation im Markt für Effektpigmente?

Kriegbaum: Wir haben die Pandemie-Zeit genutzt, uns noch mehr auf den Kunden auszurichten, die Digitalisierung und Automatisierung voranzutreiben und die Lieferzuverlässigkeit zu erhöhen. In den nächsten Jahren gehen wir von einem attraktiven Marktwachstum für Effektpigmente im mittleren einstelligen Prozentbereich aus – dies ist getrieben von allen drei Endmärkten – Coatings, Cosmetics und Industrials.

Wo liegen die derzeitigen Herausforderungen und die Potenziale für den Geschäftsbereich Effektpigmente?

Kriegbaum: Die Herausforderungen liegen derzeit bei den stark gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe und der gesamten Supply Chain. Diese sind in Europa stärker gestiegen als in anderen Teilen der Welt und das spüren wir. Chancen sehen wir insbesondere bei der weiteren Entwicklung in unseren Märkten. So zeigt nach der Pandemie die Kosmetikindustrie wieder Wachstum und auch in der Automobilindustrie sehen wir einen signifikanten Nachholbedarf, nachdem sich die Automobilproduktion 2019-2022 deutlich unter historischen Zahlen bewegte.

Hierzu trägt die Normalisierung der Verfügbarkeit von Computer-Chips über die Zeit bei, die einen Engpass darstellte. Außerdem machen wir unsere internen Hausaufgaben. Wir investieren in unsere Zukunft und entwickeln unser Produkt- und Service-angebot kontinuierlich weiter. Dabei richten wir uns als zu verlässlicher und stabiler Partner an den Bedürfnissen der Kunden aus.

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