Interview: „Position in perspektivenreichen Segmenten deutlich ausbauen
Sie bauen Ihre Aktivitäten im Bereich der Schienenfarzeuglacke aus. Nach dem Zukauf der „WEFA“ haben Sie nun das Schienenfarzeuggeschäft der Beckers Gruppe übernommen. Wieso?
Dietmar Jost: Der Bahnsektor ist ein Segment, in dem wir seit vielen Jahrzehnten erfolgreich tätig sind. In vielerlei Hinsicht sehen wir den Bahnsektor als Innovationsschmiede für moderne Industriebeschichtungen mit höchsten Anforderungen, in der wir unsere gesamte Systemkompetenz einsetzen können. Wir glauben an ein langanhaltendes und stabiles Wachstum des Eisenbahnsegments in den nächsten Jahrzehnten und sehen eine hervorragende Übereinstimmung mit unserer ESG-Strategie.
Für uns war der Bereich der Eisenbahnbeschichtungen schon immer von großer Bedeutung und wir haben in den letzten Jahren eine starke Marktposition aufgebaut. Wir sind der größte Hersteller von Eisenbahnbeschichtungen in Europa mit wichtigen Marken wie Wefa, Rembrandtin und Helios. Unsere Produktion und unser Betrieb sind darauf ausgerichtet, dieses Segment hervorragend zu bedienen. Beckers bietet hochinnovative Beschichtungstechnologien für Eisenbahnen an, die den anspruchsvollsten technischen Anforderungen gerecht werden und gleichzeitig zur Nachhaltigkeit beitragen. Die Akquisition wird unsere führende Position stärken.
Warum sind die Kunden in Indien und China ausdrücklich von dieser Transaktion ausgeschlossen?
Jost: Es wurde von Anfang an vereinbart, dass Beckers sein Eisenbahngeschäft in Indien und China weiterführen wird. Parallel dazu kann die Kansai Paint Group die Produkt-IPs von Beckers und die eigenen Eisenbahn-IPs bereits jetzt parallel nutzen, um diese wichtigen Märkte weiterzuentwickeln. Die Kansai Paint Gruppe hat traditionell bereits eine starke Marktpräsenz im Segment der Industrielacke in China und Indien. Daher sind China und Indien für die Kansai Paint Gruppe klar definierte Wachstums- und Schwerpunktmärkte, um im Eisenbahngeschäft zu wachsen.
Sie gründen eine erste Tochtergesellschaft in Frankreich. Warum ist Frankreich ein wichtiger Standort für dieses Segment?
Jost: Der französische Markt ist einer der führenden Eisenbahnmärkte weltweit, mit kontinuierlichen Investitionen in sein Hochgeschwindigkeitsnetz und einer wachsenden Zahl von Städten und Gemeinden mit S-Bahn-Systemen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Märkte vor Ort mit größtmöglicher Kundennähe bedient werden sollten, und freuen uns daher über ein starkes und erfahrenes französisches Eisenbahnteam, das auch unsere globale Expansion von Frankreich aus vorantreiben und vollständig in unser globales Eisenbahnkompetenzteam eingebunden wird. Kansai Helios France wird unsere Organisation sein, um den langfristigen Nutzen für unsere französischen Bahnkunden und andere Industriekunden sicherzustellen.
Warum ist das Segment der Schienenfahrzeuglacke von Interesse? Wie schätzen Sie den Markt in diesem Segment ein?
Jost: Wir sehen ein stabiles und wachsendes Segment mit einer vielversprechenden Zukunft im Hinblick auf ESG und dem europäischen Green Deal, die den Bahnsektor und die nachhaltige und intelligente Mobilität in Europa fördern. Generell glauben wir auch, dass die europäische Beschichtungstechnologie für Eisenbahnen führend ist und weltweit immer mehr zum Einsatz kommen wird.
Da das Bahngeschäft einer unserer strategischen langfristigen Wachstumsbereiche ist, sind wir natürlich weiterhin an organischem und anorganischem Wachstum interessiert, um unsere Ziele zu erreichen.
Sie haben auch Ihr Pulverlack- und Bindemittelgeschäft mit der Übernahme der CWS Gruppe und der dazugehörigen Atcoat gestärkt. Was ist die Motivation hinter diesem Schritt?
Jost: Mit der Akquisition der CWS Gruppe werden wir zu einem der führenden Anbieter für Pulverlacke in Europa und steigen auch in den US-Markt mit Pulverlacken ein. Aufgrund unserer eigenen und der Marktpräsenz und der Produkttechnologien von CWS im Bereich der Pulverbeschichtungen sehen wir dies als eine perfekte Ergänzung an.
Sowohl die Kansai Paint Gruppe als auch Kansai Helios haben Pulverbeschichtungen als strategischen Wachstumsbereich definiert, wiederum unter Berücksichtigung unserer ESG-Strategie. In den letzten Jahren haben wir eine gute Erfolgsbilanz vorzuweisen, wenn es darum geht, die Stärke von so erfolgreichen Familienunternehmen wie CWS auch nach der Übernahme zu nutzen, indem Portfoliounternehmen in eine starke globale Gruppe eingebettet werden, ohne den Geist und die Stärken des übernommenen Unternehmens zu verwässern.
Mit dieser Übernahme werden wir unsere strategische Position in diesem perspektivenreichen Segment der Pulverlacke deutlich ausbauen. Für uns stellt diese Konsolidierung also eine langfristige Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeit dar. Allein durch die Konsolidierung ergeben sich viele Möglichkeiten für mehr Effizienz – diese Chancen wollen wir nutzen.
Helios Resins hat sich als mittelständischer Anbieter von Spezialharzen mit großer Kundennähe und hoher Flexibilität etabliert. Atcoat rundet das Portfolio perfekt ab und verfolgt die gleiche Strategie wie Helios Resins.
Was sind Ihre weiteren Pläne für Ihre Pulverbeschichtungsaktivitäten und wie wollen Sie dieses Geschäftssegment entwickeln?
Jost: Viele Industriekunden haben sich in den letzten Jahren für Pulverlacke als modernste Technologie entschieden. Qualitätsaspekte, einfache Handhabung und Verarbeitung sowie ESG-Überlegungen werden diesen Trend in den nächsten Jahren weiter beschleunigen.
Auch in der Pulverbeschichtungsindustrie werden starke Marktkonsolidierungen die Nachfrage nach flexiblen, professionellen und zuverlässigen Industriepartnern schaffen. Hier sehen wir die Stärken unserer Gruppe.