Holzlacke: Auf jeden Schritt achten

Holzlacke hat sich nach einem Rückgang wieder erholt und sich auf das Vor-Corona-Niveau eingependelt. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung bleiben die Aussichten ernüchternd. Zu viele Unwägbarkeiten und die extremen Preisanstiege setzen die Holzlackhersteller unter Druck. Eine Besserung scheint vorerst nicht in Sicht – zumindest nicht in Europa.

Die derzeitige Situation im Markt für Holzlacke ist sehr stark von Unsicherheiten und einer Ungewissheit geprägt. Bildquelle: Piyawat Nandeenoparit - stock.adobe.com

Die Corona-Pandemie hat auch ihren Einfluss auf den Markt für industrielle Holzbeschichtungen gehabt und für rückläufige Zahlen gesorgt. Laut dem Beratungsunternehmen 3P International Consulting (3P) sank das Volumen für industrielle Holzbeschichtungen im ersten Jahr der Krise um satte 9 % auf etwa 2,6 Mio. Tonnen. In 2021 konnte der Rückgang nahezu wieder ausgeglichen werden und erreichte das Volumen-Niveau aus dem Jahre 2019 mit 2,86 Mio Tonnen. Auch das amerikanische Beratungsunternehmen ChemQuest schätzte den Markt 2019 auf etwa diese Größe ein. Mit 3,3 Mrd. Litern (etwa 3,2 Mio. Tonnen) liegt diese zwar leicht über den Zahlen von 3P, sie befinden sich aber in einem sehr ähnlichen Korridor. Den Wert taxiert das amerikanische Unternehmen auf über 11 Mrd. EUR. Gemessen am gesamten Markt für OEM-Lacke, halten industrielle Holzbeschichtungen einen Anteil von 19 % am Volumen und 18 % am Wert. Betrachtet man den gesamten Farben- und Lackmarkt, so halten Holzlacke jeweils einen Anteil von 7 % – im Volumen und Wert.

Die Region Asien-Pazifik dominiert nach Volumen den globalen Markt für industrielle Holzlacke. Die Daten von 3P ergeben mit 1,54 Mio. Tonnen einen Anteil von 54 %. Auf Europa, den Mittleren Osten und Afrika (EMEA) entfallen 30 % oder 0,86 Mio. Tonnen. Zirka 0,4 Mio. Tonnen werden der nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) zugeschrieben. Dieser Wert entspricht einem Anteil von 13,5 % am industriellen Hollackmarkt. Die übrigen 2,5 % oder 0,06 Mio. Tonnen sind in Lateinamerika verortet.

Lösemittelhaltige Systeme dominieren, wässrige Alternativen sind auf dem Vormarsch

Global dominieren derzeit die lösemittel-basierten 2K-PUR-Lacke. Diese Systeme machen 46 % des globalen Volumens aus. Wasserlacke machen knapp ein Viertel an der Gesamtmenge aus. Nitrocelluloselacke haben einen Anteil von 12 %. UV-härtende- und Elektronenstrahlhärtende- (ESH) Lacke sind für 10 % des Volumens verantwortlich. Mit 4,5 % haben säurehärtende Lacke und ungesättigte Polyesterlacke (3,5 %) den geringsten Anteil am Markt für industrielle Holzlacke.

Jorge Prieto prognostiziert, dass die lösemittelhaltigen Lacke, also Nitrocelluloselacke, säurehärtende Lacke und ungesättigte Polyesterlacke, weiter auf dem Rückzug seien. Dieses sei speziell in China der Fall, denn dort sind die Vorgaben für wässrige Systeme deutlich strenger als in anderen Regionen. Dort dominieren mit nahezu 60 % die 2K-PUR-Lösemittel-Lacke. Nach seiner Einschätzung werden Wasserlacke, etwa 1K-UV-Wasser-Lacke, 1K-Wasserlacke und 2K-PUR-Wasserlacke, am stärksten wachsen, gefolgt von den lösemittelmittel-verdünnbaren 100 % UV-/ESH Lacksystemen. In der Region Asien-Pazifik werden die höchsten Zuwachsraten für industrielle Wasserlacke und UV-/ESH-Lacke erwartet. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) soll zwischen 2022 und 2026 bei 6 – 7 % liegen. Die wichtigsten Applikationsarten sind das Walz-, Spritz- und Gieß-Verfahren.

Es sind verschiedene Faktoren, die die Umstellung auf Wasserlacke forcieren. Für Prieto sind die extremen Preissteigerungen für organische Lösemittel sicherlich ein Treiber. Die Rohstoffe im Wasserlack steigen zwar ebenso an, diese sind prozentual gesehen jedoch geringer. „Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung den Einsatz von Wasserlacken beflügeln wird. Es stellt sich nur die Frage, in welcher Geschwindigkeit dies geschehen wird“, sagt Prieto. Weitere Trends hinzu nachhaltigeren und umweltverträglicheren Lacksystemen kommen auch von Seiten der Abnehmer. Getrieben durch z.B. Unternehmen wie IKEA und Forderungen der Endverbraucher, wird der Anteil an bio-basierten Rohstoffen weiter zunehmen, gemessen nach der C14-Methode (ASTM). Weitere Trends sind für Prieto z.B. der Einsatz von geruchsarmen und toxikologisch unbedenklichen Photoinitiatoren und die weitere Etablierung der UV-LED-Härtung für die UV-Decklack-Härtung. Hier könnten extreme Energiekosten-Einsparung von bis zu 50 – 60 % ermöglicht werden.

Umweltfreundliche und nachhaltige Lösungen bleiben im Trend

Diese Entwicklung zu umweltverträglicheren Systemen wird auch von verschieden Branchenakteuren geteilt. Für Dr. Arne Deußen vom Lackhersteller Oskar Nolte bleiben umweltfreundliche und effiziente Technologien das große Thema. Oberflächen, die durch Haptik und Optik Differenzierungsmöglichkeiten bieten, seien gefragt. „Die Rohstoffsituation erfordert neue Wege bei Formulierungen. Wir glauben, dass nur Spezialisten die steigenden Anforderungen dauerhaft erfüllen. Unsere Unternehmen, Klumpp Coatings und Oskar Nolte, fokussieren sich daher auf großindustrielle Anwendungen. Diese Fokussierung der Anbieter in Verbindung mit weiteren Zusammenschlüssen oder Übernahmen wird weiter den Markt prägen.“

Hanno Baumann von der Plantag Coatings erwartet ebenso, dass lösemittelhaltige Lacke weiterhin durch lösemittelfreie Alternativen, wie wasserbasierte und strahlenhärtende Systeme, abgelöst werden. „Wir investieren deshalb massiv in die Bereiche Wasser – und strahlenhärtende Lacke und deren Fertigungs- Automatisierung. Wir sehen daneben nach wie vor z.B. im Handwerkerbereich einen relativ großen Anteil an lösemittelhaltigen Systemen. Es gibt außerdem einen Trend zu nachhaltigen Lacksystemen mit möglichst großen Anteilen an biobasierten Rohstoffen. Hier ist aber noch eine einheitliche Definition zu entwickeln, damit nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden“, sagt Baumann.

Ein unübersehbarer Trend für Bernd Pichler von Adler-Lacke sei es die Natürlichkeit des Holzes bestmöglich zu erhalten und gleichzeitig das Naturprodukt perfekt zu schützen. „Technologisch steigt die Bedeutung von Wasserlacken weiter stark. Der European Green Deal wird seinen Beitrag über eine zunehmende CO2-Besteuerung zu dieser Entwicklung leisten. Dazu sehen wir auch interessante Entwicklungen im Bereich ökologischer und nachhaltiger Beschichtungen, die mit hohen Anteilen nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden, sowie in der Umsetzung von Ansätzen der Kreislaufwirtschaft.“

Die Nachhaltigkeit ist daher für Pichler ein Treiber, um Potenziale auszuschöpfen. Lacke seien aus seiner Sicht ausgezeichnet dazu geeignet, den Wunsch des Kunden nach Individualität zu realisieren. Zudem rückt das Thema der Nachhaltigkeit im Bau mehr und mehr in den Mittelpunkt. „Holz als nachwachsender Rohstoff ist dabei vielfach die nachhaltige Alternative. Um das Bauteil aus Holz langlebig und damit wieder nachhaltig zu machen, braucht es den besten Schutz – hier führt an hochwertigen Beschichtungen kein Weg vorbei. Vielfältige Potenziale sehen wir auch in der Ausstattung von Beschichtungen mit Zusatzfunktionalitäten, also Smart Coatings, die die Attraktivität von Lacken zur Oberflächenveredelung weiter erhöhen.“

Markt ist noch robust, Aussichten sind aber stark eingetrübt

Die derzeitige Situation im Markt ist aber sehr stark von Unsicherheiten und einer Ungewissheit geprägt. Aus diesem Grunde ist es sehr schwierig, Prognosen zur weiteren Entwicklung im Markt zu treffen. Angefangen mit der Corona-Pandemie, über die bis hierhin unvergleichliche Lieferkettenproblematik und extremen Preissteigerungen bis hin zur aktuellen Kriegssituation in der Ukraine. Wie sich letzteres auf sämtliche Industrien und auf eine Energie-intensive Branche auswirken wird, ist noch nicht abzusehen. Steigende Energiepreise und knappere Verfügbarkeiten von Rohstoffen werden sich sicherlich bemerkbar machen.

Deußen sagt: „Der Markt zeigt sich – noch – durchaus robust. Viele Kunden haben noch Aufträge abzuarbeiten, die sie kapazitätsbedingt in den letzten Monaten verschieben mussten. Auch die Baukonjunktur ist stabil. Allerdings wird die Kombination aus steigenden Zinsen und den Belastungen durch massiv höhere Energiepreise meines Erachtens zu einer auch durchaus deutlichen Abschwächung führen“.

Den gesamten Artikel lesen Sie in der Aprilausgabe der FARBE UND LACK.

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