Gebremstes Wachstum bei Autolacken

Die Automobilbranche kämpfte schon vor Corona mit Schwierigkeiten. Die rückläufigen Zahlen spiegeln sich auch in den sinkenden Mengen an Automobillacken wider. Branchenexperten sind sich aber einig, dass eine Erholung einsetzt.

Autolack
Der Autolackmarkt musste 2020 kräftig auf die Bremse treten Nikita Kuzmenkov - stock.adobe.com

Kein Vollgas bei der Automobilproduktion im vergangenen Jahr. Weltweit gingen die Produktionszahlen in 2020 um 15 bis 20 % zurück, wie das Beratungsunternehmen Kusumgar, Nerlfi & Growney (KNG). Insbesondere in
Europa und Nordamerika läge der Rückgang bei 20 %, in China hingegen nur bei einigen Prozentpunkten. Das Volumen an Automobillacken sank um 15 %, wie die Marktkenner berichten.

„Die Nachfrage aus der Automobilbranche wurde durch die weltweite Covid-19-Pandemie beeinträchtigt, erholt sich aber seither“, sagt Roald Johannsen von PPG. Auch Axaltas Hadi Awada blickt verhalten positiv in die Zukunft: „Trotz einiger Herausforderungen in der Lieferkette während der Pandemie für die Automobilindustrie, gibt es Optimismus für die Leicht- und Nutzfahrzeugindustrie. Die allgemein anerkannten Trends erwarten einen soliden Aufschwung, wobei die Sektoren in den nächsten vier Jahren wachsen werden.“

Markt für Autolacke wächst um 3 % pro Jahr bis 2024

KNG ermittelten ein Volumen von insgesamt knapp 2,2 Mio. Tonnen im Wert von etwa 10,8 Mrd. EUR. Die Prognosen sehen ein Wachstum in den kommenden Jahren. Bis 2024 soll das Volumen auf 2,52 Mio. Tonnen und einen Wert von knapp 12,3 Mrd. EUR steigen. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate liegt, laut Angaben von KNG, bei 3 % (Abb. 1).

Beschichtungen für PKW und Transporter machen dabei über 53 % des Volumens aus (1,17 Mio. Tonnen. In diesem Segment gehen die Marktforscher von einem weiteren Wachstum bis 2024 aus, durchschnittlich um 3 % pro Jahr. Vom Volumen her werden in Asien-Pazifik die meisten Lacke für PKW und Transporter verbraucht (über 50 %). Knapp 30 % der gesamten Menge ist in China verbraucht worden. Die 320.000 Tonnen in China übersteigen sogar das gesamte Volumen im gesamten Europa und im gesamten Amerika, wo jeweils 270.000 Tonnen verbraucht wurden (Abb. 2).

Megatrends bestimmen den Wandel in der Branche

Die Automobilindustrie, die Teil des größeren Mobilitäts-Ökosystems sei, befinde sich an einem Wendepunkt, laut Awada: „Unsere OEM-Kunden sind darauf fokussiert, sich auf mehrere Megatrends einzustellen und vorzubereiten, wobei das Tempo des Wandels eine noch nie dagewesene Geschwindigkeit erreicht hat.“

Awada identifiziert für die Automobilbranche die folgenden Megatrends: Nachhaltigkeit, autonomes Fahren, Elektrofahrzeuge (EVs), geteilte Mobilität, Individualisierung und Personalisierung sowie Industrie 4.0. Diese Trends führen dazu, dass Lacke von einer passiven Ergänzung, die schützt und verschönert, zu einer stärker integrierten und aktiven Komponente werden. „Zum Beispiel müssen EV-Beschichtungen Wärme ableiten und elektrische Isolierung für Motor- und Batteriekomponenten bieten. Bei AVs muss die Beschichtung die Implantation von wichtigen Sensoren wie LiDAR, Radar und Kamerasystemen erleichtern“, erklärt Awada.

Elektromobilität bietet Potenziale

Auch Johannsen sieht in der Elektromobilität Potenziale für Autolackhersteller. „Die Automobilindustrie bietet attraktive Wachstumschancen, vor allem mit der fortschreitenden Umstellung auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge, bei denen es mehr Beschichtungsmöglichkeiten sowohl für das Batteriepack als auch für die Zelle gibt“, sagt Johannsen. Neben den traditionellen Beschichtungen, die schützen und verschönern, müssen Lackhersteller weitere Schlüsseltechnologien für diesen Markt anbieten, wie z.B. wärmeleitende Füllstoffe, Kleb- und Dichtstoffe, dielektrischer Schutz und Feuerschutz für Batterien.

Die Änderung der Fahrzeugtechnik in den Bereichen E-Mobilität und Autonomie des Fahrens erfordere auch von den Lackherstellern Anpassungen, ist sich auch Markus Fritzsche von Mipa sicher. Gleichzeitig bleibe aber die aktuelle Fahrzeugtechnik und damit Reparatur dieser Fahrzeuge sicher noch Jahrzehnte auf den Straßen bestehen. „Daher vollzieht sich ebenso wie am Fahrzeug selbst ein recht schneller Wandel in der Reparatur, der neue Chancen bietet. Die Herausforderung liegt jedoch ebenfalls in diesem Wandel, um im Nischenmarkt Autoreparatur mit einem möglichst kompakten Sortiment weltweit die große Spanne der Reparaturtechniken abdecken zu können“, sagt Fritzsche.

Gemischtes Bild bei Autoreparaturlacken

Ein optimistisches Bild zeichnet Johannsen auch von der Lage im Segment Autoreparaturlacke. „Im ersten Quartal 2021 stiegen die Absatzmengen für Autoreparaturlacke um einen hohen Prozentsatz. Die Absatzmengen für Autoreparaturlacke stiegen insgesamt um einen niedrigen Prozentsatz, wobei es regionale Unterschiede gab, und blieben über den Produktionsraten der globalen Automobilindustrie“, sagt Johannsen.

Fritsche teilt diese Einschätzung nicht – zumindest nicht für Deutschland oder Zentraleuropa. Für ihn sei der Markt für Autoreparaturlacke in dieser Region tendenziell seit längerem rückläufig. Die Lockdowns der vergangenen Monate haben diesen Trend stark beschleunigt.

Eine ausführlichere Version dieses Marktüberblicks finden Sie in FARBE UND LACK 7/2021. Die Ausgabe ist auch online in unserer Onlinebibliothek 360° digital lesbar.

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