Digitalisierung: Transfer schaffen

Die Digitalisierung von Schritten des Entwicklungsprozesses kann Unternehmen stark entlasten. Solche Tools können sich jedoch insbesondere mittelständische Unternehmen nur selten leisten. Unterstützung leisten möchte das neue Oberflächenzentrum der Hochschule Niederrhein.

Die Digitalisierung von Schritten des Entwicklungsprozesses kann Unternehmen stark entlasten. Bild: Elnur- Fotolia -

Direktor Dr. Dirk Ebling über das Projekt und die geplante Hochdurchsatzanlage.

Wie ist die Idee hinter dem Oberflächenzentrum entstanden?

Dr. Dirk Ebling: Der Druck zur Weiterentwicklung von Produkten, um gegenüber der weltweiten Konkurrenz wettbewerbsfähig zu bleiben, wird auch in der Lackbranche immer stärker. Doch mittelständische Unternehmen müssen zumeist sehr produkt- und kundennah handeln und sind daher vielfach kurzfristig orientiert. Dabei bleibt oft wenig Zeit für langfristig angelegte Forschung und Entwicklung. Eine Digitalisierung der Abläufe kann die Produktentwicklung stark beschleunigen und erleichtern, stellt aber insbesondere den Mittelstand oft vor große Hürden. Die Hochschule Niederrhein, selbst an einem stark mittelständischen geprägten Standort ansässig, hat deswegen nach Möglichkeiten gesucht, die Industrie hier zu unterstützen. In dem neuen Oberflächenzentrum HIT haben wir unsere Kompetenzen im Bereich Oberfläche gebündelt, nicht nur bezüglich Farben und Lacke, aber auch in den Bereichen Textil oder funktionelle Oberflächen, und möchten so einen interdisziplinären Innovationshub für die Industrie schaffen.

Ein Kernstück des Oberflächenzentrums soll eine Roboteranlage werden. Wie können mittelständische Unternehmen diese nutzen?

Ebling: Geplant ist eine Hochdurchsatzanlage, die die Entwicklung von Produkten, beispielsweise neuen Lacken oder Klebstoffen, ergänzt durch ein gezieltes „Design of Experiments“ und eine entsprechende „Big Data“-Analyse, unterstützt. Sie ist in der Lage, Schritte, für die ein Lacklaborant oder eine Lacklaborantin oftmals mehrere Wochen oder sogar Monate benötigt, in wenigen Tagen durchzuführen. Die Ergebnisse zeigen wichtige Parameter für die Entwicklung von neuen Produkten auf und ermöglichen so eine um bis zu einem Faktor 5 beschleunigte Produktentwicklung. Da die wenigsten Unternehmen über Mittel und Kapazitäten für solche Anlagen verfügen, stellen wir diese im Oberflächenzentrum zur Verfügung, um so den Mittelstand auf dem Weg zur Digitalisierung unterstützen.

Welche weitere Unterstützung bietet das Oberflächenzentrum?

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Dr. Dirk Ebling

Leiter Oberflächenzentrum HIT

Hochschule Niederrhein, Institut für Oberflächentechnik

Ebling: Nicht nur das Wissen und die Anlage werden bereitgestellt, wir unterstützen Unternehmen auch, in dem wir beratend zur Seite stehen und die Anlage auf die jeweiligen Zielsetzungen und Anforderungen anpassen. Als Hochschule liegt eine weitere Kompetenz natürlich in der Ausbildung. Zum einen können Unternehmen ihre Mitarbeiter zur Schulung für den Umgang mit der Anlage und angebotenen Tools zu uns schicken. Zum anderen bilden wir im Oberflächenzentrum auch für Industrie 4.0 qualifizierten Nachwuchs aus. So bieten wir neben Promotionen in der Chemie auch Stellen für den Bereich Big Data und Digitalisierung an. Mit dem Oberflächenzentrum schaffen wir einen Transfer zwischen der Hochschule und der Industrie. Dabei werden nicht nur Unternehmen aus der Lack- und Farbenbranche angesprochen, sondern aus ganz unterschiedlichen, weiteren Branchen, die sich mit Oberflächen beschäftigen. So werden wird das Projekt beispielsweise auch in Richtung 3D-Druck und UV-Härtung ausdehnen. Wir möchten zudem den Transfer zwischen den einzelnen Industrien bestärken, die sich im Zentrum begegnen und sich ohne Konkurrenzdruck unbefangen austauschen, voneinander lernen und über den Tellerrand der eigenen Branche schauen können.

Kontakt und Zeitplan
Das Oberflächenzentrum HIT wurde im Juli eröffnet. Schon jetzt können sich Unternehmen zur Unterstützung an das Zentrum wenden. // Kontakt: Dr. Dirk Ebling: dirk.ebling@hs-niederrhein.de. Für die Roboteranlage laufen derzeit die Ausschreibungen, mit einer Installation im kommenden Frühjahr 2018 wird gerechnet. Anschließend wird die Anlage für Entwicklungsprojekte mittelständischer Unternehmen zur Verfügung stehen.

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