Deutsche Bauchemie: 76. Jahrestagung des Industrieverbandes

Rund 100 Teilnehmende aus den Mitgliedsunternehmen der Deutschen Bauchemie trafen sich zur 76. Jahrestagung des Industrieverbandes am 20. und 21. Juni 2024 in Wiesbaden. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen der Rückblick auf die Gremienarbeit der letzten zwölf Monate, die konjunkturelle Entwicklung der Branche und der Ausblick mit Themen wie Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit.

100 Teilnehmende aus den Mitgliedsunternehmen der Deutschen Bauchemie kamen zur Jahrestagung 2024 nach Wiesbaden. Quelle: Deutsche Bauchemie

Zu Beginn der Mitgliederversammlung konnte Vorstandsvorsitzender Andreas Collignon fünf neue Mitgliedsunternehmen begrüßen. Neu in den Vorstand gewählt wurde Holger Sommer (StoCretec GmbH) als Nachfolger des 2023 verstorbenen Alexander Gänsler. Die Deutsche Bauchemie zählt aktuell 137 Mitgliedsunternehmen, die zusammen über 300 Expertinnen und Experten für die Arbeit in derzeit 31 Gremien bereitstellen.

Andreas Collignon skizzierte die schwierigen Rahmenbedingungen der Branche mit hohen Zinsen und Energiepreisen, gestiegenen Materialkosten und schwächelnder allgemeiner Baukonjunktur. Als Hoffnungszeichen wertete der Vorstandsvorsitzende die rückläufige Inflation und die Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank Anfang Juni. Da Bauchemie-Produkte auch sehr stark im Tief- und Ingenieurbau verwendet werden und die (öffentlichen) Investitionen gerade in diesen Bereichen spürbar steigen sollen, kann die Branche hier mit Zuwächsen rechnen. Aber die positive Perspektive reicht noch deutlich weiter: „Wir sind eine Zukunftsbranche! Unsere Unternehmen stehen bereit, um aktiv die Energiewende mitzugestalten“, erklärte Andreas Collignon, „bauchemische Produkte verlängern signifikant den Lebenszyklus von Gebäuden. So tragen sie erheblich zur Verbesserung der CO2-Bilanz bei. Industrielle Vorfertigung und Automatisierung der Baustelle bieten zusätzliche Chancen für unsere Branche.“

Modifizierter Green Deal

Collignon betonte die Rolle des Europabüros der Deutschen Bauchemie als Schnittstelle in Brüssel. Der Green Deal der EU ziehe viele Gesetzesaktivitäten nach sich, welche die Bauchemie enorme Ressourcen kosten. Erst die Zukunft werde zeigen, ob das Ziel der Klimaneutralität erreichbar ist. „Wir brauchen einen Green Deal“, erklärte Collignon, „aber verbunden mit einer stärkeren industriellen Ausrichtung. Deshalb haben wir zusammen mit mehr als 1200 Firmen und Verbänden die Antwerpener Erklärung unterzeichnet. Deren Ziel ist es, den Green Deal der EU als Industrial Deal zu flankieren und so das Augenmerk wieder verstärkt auf die Industrie zu legen.“ Auf europäischer Ebene hatte zuletzt der Gesetzgebungsprozess zur Bauproduktenverordnung – die dieses Jahr in Kraft getreten ist – für den Verband höchste Relevanz. Er wurde von der Deutschen Bauchemie sehr eng und erfolgreich begleitet. Dieses Regelwerk bildet bekanntlich den Rechtsrahmen für die Überarbeitung der harmonisierten Normen. Die Deutsche Bauchemie sieht sich in diesem Zusammenhang vor allem als Lotse für die Mitgliedsunternehmen durch die europäische und nationale Regulatorik.

Der Vorstand der Deutschen Bauchemie.
Quelle: Deutsche Bauchemie

Effizienzsteigerung für mehr Fokus in der Verbandsarbeit

Die Hauptgeschäftsführerin Ina Hundhausen erläuterte in ihrem Vortrag die Arbeit der Geschäftsstelle und gab einen kurzen Überblick über die umfassenden Aktivitäten der unterschiedlichen Verbandsgremien. Dabei wurde deutlich: Die zahlreichen Gesetzgebungsprozesse, insbesondere durch den Europäischen Green Deal angestoßen, fordern auch die bauchemische Branche. Um die Vielzahl der Themen möglichst effizient zu bearbeiten, wurde eine Themenübersicht für die Mitglieder zur Priorisierung und optimierten Kommunikation entwickelt und vorgestellt.

Für die Mitgliedsunternehmen wurde in Wiesbaden eine vorläufige Informationsschrift zur Bauproduktenverordnung präsentiert. Sie gilt, bis die deutsche Übersetzung final verabschiedet ist und wird dann gegebenenfalls nochmal angepasst. Auch die Normungsarbeit und die Mitarbeit an Branchen-Regelungen sind wichtige Themen in den Gremien. Zudem unterstützen die Fachausschüsse die Weiterbildung der Anwender der jeweiligen Produktgruppe durch die Erarbeitung von Weiterbildungsmaterial und die Mitarbeit in Ausbildungsgremien.

Inspirierende Zukunftsaussichten und mehr Industrieförderung in Brüssel

Den Vortragsteil der Jahrestagung eröffnete Dr. Harald Köpping, Zukunftsforscher beim ThinkTank 2bAHEAD. Er zeigte dem Auditorium auf, warum Zukunftspessimismus nicht gerechtfertigt ist und skizzierte das wahrscheinlichste Zukunftsbild in den nächsten zehn Jahren anhand der Kriterien Metaversum und KI, Robotik, Quantencomputer und Ökologie. Mit dem letztgenannten Punkt verband er den Appell an die Unternehmen, vom reduzierten zu einem positiv gestaltenden Umwelteinfluss zu kommen: „Das ist mehr als Nachhaltigkeit!“

Dr. Pierre Gröning, Leiter des VCI-Europabüros in Brüssel, analysierte das Ergebnis der Europawahl und skizzierte mögliche Auswirkungen auf die Branche. Zu erwarten sei generell eine stärkere Förderung der Industrie durch das Europaparlament. Für die EU-Kommission seien Wettbewerbsfähigkeit („Competitivness Deal“) und Bürokratieabbau zentrale Schwerpunkte ihrer künftigen Politik. Dr. Gröning rechnet mit einer stärkeren Einbindung der Industrie in die Entscheidungsprozesse, einem Plus an Technologie-Offenheit und mit „mehr Filtern vor einer neuen Gesetzgebung“.

Die 77. Jahrestagung der Deutschen Bauchemie ist für den 5. und 6. Juni 2025 in Hamburg geplant.

Quelle: Deutsche Bauchemie

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