Chemiebranche: Digitalisierung wird zum Standortfaktor
Trotz eines schwierigen Marktumfelds im dritten Quartal blickt die deutsche Chemieindustrie positiv in die Zukunft: Über drei Viertel der Manager erwarten eine Steigerung bei Umsatz und Ergebnis im kommenden Jahr. Die Zufriedenheit mit dem Standort Deutschland erreicht den höchsten Wert seit Beginn der Zeitreihe im Mai 2013. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Strategie- und Organisationsberatung Camelot Management Consultants unter mehr als 200 Entscheidern der deutschen Chemiebranche hervor.
Wettbewerbsvorteile nutzen
„Das Vertrauen der Chemiebranche in den Standort Deutschland ist stärker denn je. Um die globale Konkurrenzfähigkeit deutscher Standorte zu erhöhen, ist es an der Zeit, die hervorragenden Standortbedingungen in echte Wettbewerbsvorteile umzuwandeln. Die Digitalisierung bietet das Potenzial dafür. Nun ist die konsequente Umsetzung gefragt“, fasst Dr. Josef Packowski, Managing Partner bei Camelot Management Consultants, die Ergebnisse zusammen. Insgesamt erwarten 84 % der Umfrageteilnehmer eine Umsatzsteigerung in den kommenden zwölf Monaten für das eigene Unternehmen, das sind 13 Prozentpunkte mehr als im Oktober vergangenen Jahres. 74 % gehen von einem steigenden Ergebnis aus (+10 Prozentpunkte). Dies spiegelt sich auch in der Beschäftigungsprognose wider: 37 % (+9 Prozentpunkte) der Befragten gehen von steigenden Beschäftigungszahlen für das kommende Jahr aus.
Gute Noten für den Standort Deutschland
Im Oktober 2015 bewerteten 88 % der befragten Top-Manager den Standort Deutschland mit „gut“ oder „sehr gut“, damit wurde ein neues Rekordniveau seit Beginn der Zeitreihe im Mai 2013 erreicht. Eine detaillierte Analyse der einzelnen Standortfaktoren zeigte eine positive Entwicklung bei allen genannten Faktoren. Neben den aufgeführten erfolgskritischen Faktoren, wie Qualität der Forschung, Infrastruktur und Logistik sowie Arbeits- oder Energiekosten hat sich die Digitalisierung zu einem weiteren Standortfaktor für die Chemieindustrie in Deutschland entwickelt.
Digitaler Wandel: Chemie wartet noch ab
Rund 80 % der befragten Manager sind der Meinung, dass die Vorteile der Digitalisierung für die Chemiebranche überwiegen. „Obwohl die Mehrheit der deutschen Chemieunternehmen die Digitalisierung als vorteilhaft einschätzt, beschäftigen sich weniger als die Hälfte der Unternehmen aktiv mit der Erarbeitung von Konzepten oder der Implementierung von technischen Lösungen“, kommentiert Dr. Sven Mandewirth, Partner bei Camelot die Befragungsergebnisse. Nur 29 % der Befragten stammen aus Unternehmen, in denen digitale Technologien bereits genutzt werden. Etwa ein Fünftel der Unternehmen entwickeln bereits Konzepte für die Anwendung, während die Mehrheit (44 %) die Entwicklung bislang nur beobachtet.
Erhöhter Investitionsbedarf
Ein Drittel der Befragten erwartet in den kommenden fünf Jahren einen verschärften Wettbewerb für das eigene Unternehmen aufgrund des digitalen Wandels. Zudem geht knapp die Hälfte von einem erhöhten Investitionsbedarf aufgrund der Digitalisierung in diesem Zeitraum aus. Befragt nach den Unternehmensfunktionen, für die der größte Handlungsbedarf in Bezug auf die Digitalisierung besteht, antworteten 78 % der Chemiemanager, digitale Technologien sind „erfolgskritisch“ bzw. „wesentlich“ für das Supply Chain Management, es folgen Logistik (74 %), Vertrieb (62 %) und Produktion (60 %). Insgesamt messen die Chemiemanager der Digitalisierung eine hohe Bedeutung bei der Effizienz- und Produktivitätssteigerung in der Lieferkette zu.