Nanopartikel: Wo bleiben sie, und wie verändern sie sich?
Eine große Zahl an Nanomaterialien wird zur Verarbeitung in Flüssigkeiten eingebracht und dann versprüht. „Nanopartikel sind in der Luft nicht in Reinform vorhanden. Sie unterliegen bei der Freisetzung Veränderungsprozessen und werden in der Regel zusammen mit anderen Partikeln und Stoffen als Gemisch eingeatmet“, sagt der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Professor Andreas Hensel.
Unklar: Matrixeffekt in flüssigen Formulierungen
Bekannte Beispiele solcher Kleinstteilchen-Flüssigkeitsgemische aus dem Alltag sind Reinigungs- und Imprägnier-Sprays, beispielsweise beim Lackieren oder Versiegeln. Diese luftgetragenen Nanomaterialien werden als „aerosolisiert“ bezeichnet. Bisher ist wenig über den Verbleib und die Effekte solcher Gemische bekannt. Vor allem der Einfluss sogenannter Matrixeffekte in flüssigen Formulierungen ist bislang ungeklärt: So können beispielswiese Nanomaterialien andere Substanzen binden und als Träger an Orte in der Lunge befördern, wo diese Stoffe unter anderen Umständen nicht hingelangen würden.
Verhalten in Gegenwart anderer Chemikalien
Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens „Fate of aerosolized Nanoparticles: The influence of surface active substances on lung deposition and respiratory effects“ – kurz NANOaers – steht deshalb die Frage, wie sich die Nanomaterialien in Gegenwart anderer Chemikalien verhalten und welche Auswirkungen sie auf den Menschen haben. Dabei sollen die potenzielle Aufnahme dieser Gemische über die Atemwege und ihr Verbleib in der Lunge aufgeklärt werden. Im Projekt wird auch untersucht, in welcher Weise sich Nanopartikel eventuell bereits auf ihrem Weg durch die Luft in ihrer chemischen und physikalischen Komposition verändern und ob und in welchem Umfang sich andere Stoffe an sie anlagern.
Realitätsnahe Formulierungen im Fokus
Zur Klärung dieser Fragen werden realitätsnahe Formulierungen mit unterschiedlichen Nanomaterialien hergestellt. Diese Proben werden hinsichtlich ihres Verbleibs in der Raumluft und in den Atemwegen nach Aerosolisierung unter Anwendung verschiedener Messtechniken wie der Einzelpartikelgrößenbestimmung oder der bildgebenden Massenspektrometrie charakterisiert. Zur Klärung möglicher Effekte werden toxikologische Untersuchungen in vitro unter Anwendung unterschiedlicher Zellsysteme und auch in vivo Studien (mit Mäusen) durchgeführt. Weiterhin soll die Ablagerung der Nanoteilchen im Lungengewebe modellhaft beschrieben werden.
Anzahl der Untersuchungen reduzieren
Die so gewonnenen Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen werden in ein weiteres Modell einfließen, mit dessen Hilfe man den Verbleib von Nanomaterialien aus Aerosolgemischen in der Luft prädiktiv berechnen kann. Diese Art der Modellierung bildet ein wichtiges Instrument, um langfristig die Anzahl an sicherheitsrelevanten Untersuchungen der zahlreichen Variationen von Nanomaterialien zu reduzieren.