Holzfensterbeschichtung: Selbstheilende Lacktechnologie versiegelt Verletzungen
Deshalb steht SH für selbstheilend: Verletzungen, etwa durch Hagelschlag, werden versiegelt und es kommt nicht zu Abblättern, Blasenbildung oder Gerbsäureaustritt.
Im Interview erklärt Dr. Albert Rössler, Leiter Forschung & Entwicklung bei Adler, wie die Technologie funktioniert.
Wie kam es zur Entwicklung der SH-Technology?
Die Basistechnologie, die diesen Selbstheilungsmechanismus ermöglicht, beruht auf winzigen Alleskönnern, den Mikrokapseln. Dadurch eröffnet sich uns der intelligente Weg, spezielle Inhaltsstoffe gezielt zum gewünschten Zeitpunkt im Lack freizusetzen. Daran forschen wir schon seit Jahren. Angefangen hat das mit einem staatlich geförderten Projekt, bei dem Adler mit dem Frauenhofer Institut IFAM in Bremen kooperiert hat. Die Ergebnisse haben wir auch gemeinsam patentiert.
Allerdings sind Kapseln das eine, aber der Lack ist das andere. Die Kapseln müssen sozusagen die Strapazen des Lackiervorgangs überstehen, jahrelang in der Lackschicht stabil bleiben, auf verschiedenen Hölzern funktionieren und dauerhafter Bewitterung standhalten. Wir haben tausende Praxisversuche gemacht, bis wir dort waren, wo wir heute sind.
Da gibt es wahrscheinlich den ein oder anderen Rückschlag?
Natürlich! Bei so grundlegender Forschung sind Rückschläge vorprogrammiert, deshalb ist es auch nicht üblich, dass Unternehmen selbst diese Forschung betreiben. Aber Adler ist ein Familienbetrieb, der solche Entscheidungen fällen kann. Die Geschäftsführung hat an das Projekt geglaubt und ein großes und über die Jahre sich immer wieder flexibel nach Bedarf interdisziplinär zusammensetzendes Team hat daran gearbeitet. Es entstanden auch Masterarbeiten zu dem Thema und wir haben mit Hochschulen kooperiert. Am Ende hat sich der Aufwand gelohnt.
Und wie funktioniert die SH-Technology genau?
Es handelt sich um Mikrokapseln, die im Lack enthalten sind. Man muss sich die vorstellen wie einen mit Wasser gefüllten Ballon. Wenn die Oberfläche durch Hagelschlag oder ähnliches verletzt wird, brechen die Kapseln auf. Ihr Inhalt, der übrigens großteils aus nachwachsenden Rohstoffen besteht, tritt aus und versiegelt die Verletzung. Folgeschäden entstehen also gar nicht erst: kein Austreten von Holzinhaltsstoffen, kein Abblättern, keine Blasenbildung. Sie können sich das ein bisschen vorstellen wie eine Wunde, die sauber vernarbt, anstatt sich zu entzünden.
Was ist einzigartig an der SH-Technology?
Bis jetzt existierte so etwas ansatzweise im Bereich Korrosionsschutz und für Kunststoffe. Adler hat die Selbstheilung sozusagen aufs Holz und in die Praxis gebracht. Unser Hauptthema ist der Werkstoff Holz und jetzt ist es uns gelungen, das nachhaltige Holzfenster langlebiger und dauerhafter zu machen und damit gegenüber Kunststoff beispielsweise wettbewerbsfähiger. Darauf sind wir sehr stolz.
Langlebiger – heißt das nicht, Sie verkaufen weniger Lack?
Auch Nachhaltigkeit ist ein Unternehmensziel und bei Adler ein sehr wichtiges.
Es gibt also schon ein konkretes Produkt mit SH-Technology?
Ja, das Interessante ist natürlich der Schritt von der Forschung zur Marktfähigkeit: Wie sieht die Rohstofflage aus? Können wir das überhaupt produzieren? Erst dann ist etwas eine wirkliche Innovation. Wir haben bereits eine pigmentierte, deckende Zwischenbeschichtung, mit der wir sehr bewusst und selektiv in den Markt einsteigen werden.
Wird es bei diesem einen Produkt bleiben oder wie sieht die Zukunft aus?
Nein, bei unserer SH-Technology handelt es sich eindeutig um eine Basistechnik. So etwas gelingt vielleicht alle zehn Jahre und wir werden in Zukunft darauf aufbauen. Die nächsten Schritte sind ein farbloses Fenstersystem und entsprechende Produkte auch für Holzfassaden.
Produzieren werden wir diese Produkte in der derzeit entstehenden Wasserlack-Fabrik, nach modernster modularer Fabrikationsweise. Verfahrensinnovation und Produktinnovation gehen also Hand in Hand.