Heiß und kalt – Gegensätze ziehen sich an

Forscher haben nachgewiesen, dass Nanoteilchen durch Temperaturunterschiede "geladen" werden. In Zukunft könnte man diesen Effekt nutzen, um durch kontrollierte Temperaturänderungen die Kräfte zwischen Nanoteilchen gezielt zu steuern.

Der Temperaturunterschied zwischen einem heißen (rot) und einem kalten (blau) Nanoteilchen führt zu einer Ausrichtung der Moleküle in der umgebenden polaren Flüssigkeit -

Körper können elektrische Ladungen tragen, die in zwei Arten vorkommen – positiv oder negativ – und die zu Kräften zwischen den Körpern führen.

Nanoteilchen aufheizen oder kühlen

Wissenschafter der Universitäten Cambridge und Wien haben mithilfe von Computersimulationen gezeigt, dass in einer geeigneten Flüssigkeit gelöste Nanoteilchen dazu gebracht werden können sich so zu verhalten, als ob sie Ladungen tragen würden, selbst wenn sie elektrisch neutral sind. Dazu genügt es, die Teilchen im Vergleich zur umgebenden Flüssigkeit aufzuheizen oder zu kühlen. Je größer der Temperaturunterschied ist, umso stärker sind auch die Kräfte, welche mit der Entfernung genauso abnehmen wie Kräfte zwischen elektrischen Ladungen. Man kann den Nanoteilchen deshalb effektive Ladungen zuweisen, deren Vorzeichen davon abhängen, ob die Teilchen gekühlt oder aufgeheizt werden.

Effekt tritt in polaren Lösemitteln auf

Dieser verblüffende Effekt kann in polaren Lösemitteln wie Wasser auftreten. Dort tragen die Moleküle ein elektrisches Dipolmoment: Sie sind auf einer Seite positiv und auf der anderen Seite negativ geladen, obwohl sie insgesamt elektrisch neutral sind. Wenn nun in der polaren Flüssigkeit gelöste Nanoteilchen aufgeheizt bzw. gekühlt werden, richten sich die Flüssigkeitsmoleküle im ungleichmäßigen Temperaturfeld um die Nanoteilchen aus. „Die Ausrichtung der Moleküle führt zu einem elektrischen Feld, das identisch ist mit dem einer elektrischen Ladung und somit auch mit identischen Kräften“, erklärt Christoph Dellago, Physiker an der Universität Wien. Interessanterweise tritt der Effekt auch für Nanoteilchen in magnetischen Flüssigkeiten auf, sodass die Teilchen in diesem Fall effektive magnetische Monopole tragen, die ein Analogon zu den bisher nicht beobachteten elementaren magnetischen Monopolen wären.

Kontrollierte Temperaturänderungen

Die praktische Bedeutung des entdeckten Effekts lässt sich noch nicht völlig abschätzen. „In Zukunft könnte man aber thermisch induzierte Wechselwirkungen etwa dazu verwenden, um durch kontrollierte Temperaturänderungen die Kräfte zwischen Nanoteilchen gezielt zu steuern und so die von ihnen gebildeten Strukturen zu beeinflussen“, so Christoph Dellago. Bevor es aber so weit ist, warten die ForscherInnen aus Cambridge und Wien jedoch auf die experimentelle Bestätigung des von ihnen untersuchten Effekts.

Aufwendige Computersimulationen

Ihre neuen Erkenntnisse konnten die Forscher dank aufwendiger Computersimulationen gewinnen, welche sie am Hochleistungsrechner Vienna Scientific Cluster (VSC) durchgeführt haben. Mithilfe eines neuen Verfahrens, ist es gelungen, das komplexe Nichtgleichgewichtsphänomen für ein Modellsystem aus mehr als 10.000 Molekülen zu simulieren und die von aufgeheizten oder gekühlten Nanoteilchen ausgeübten Kräfte eindeutig nachzuweisen.

Die aktuelle Studie erscheint im Fachmagazin PNAS.

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