Defekte direkt während des Beschichtungsprozesses aufdecken
Möglich wird dies durch ein inline-Detektionssystem, das mit Fluoreszenzfarbstoffen arbeitet. Drei Institute der Fraunhofer-Allianz Polymere Oberflächen „Polo“ haben das Verfahren entwickelt. Hightech-Anwendungen wie Ultrabarrierefolien für OLEDs können davon profitieren, denn die Inline-Prozesskontrolle verhindert Produktionsfehler und erspart Reklamationen. Das Farbstoff/Kamera-System kann zudem die Echtheit von fluoreszenzmarkierten Materialien belegen.
Schutz vor Sauerstoff und Wasserdampf
Die Ultrabarrierefolie muss für die Verkapselung organischer Leuchtdioden oder Solarzellen allerhöchste Anforderungen erfüllen: Sie schützt die empfindlichen organischen Materialien über Jahre vor Sauerstoff und Wasserdampf. Die Folie soll dabei dünn und transparent sein. Eine für die Barriereeigenschaften wichtige Schicht – ein extrem dünner Lack – besteht aus einem Hybridpolymer des Fraunhofer ISC. Die Lackschicht muss an allen Stellen exakt gleichmäßig dünn sein – und unter einem Mikrometer liegen. Die Fraunhofer-Institute für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam, für Verfahrenstechnik und Verpackungen IVV in Freising und für Silicatforschung ISC in Würzburg haben dafür ein inline-Detektionssystem entwickelt.
Live ermittelt: Schichtdickenverteilung und Härtungsgrad
Der transparente Barrierelack besteht aus dem Hybridpolymer „Ormocer“ des Fraunhofer ISC. Er wird im Rolle-zu-Rolle-Verfahren auf eine transparente Folie aufgetragen. „Beide Materialien, Lack und Folie, haben einen sehr ähnlichen Brechungsindex. Das macht die Bestimmung der Schichtdicke zu einer großen Herausforderung, insbesondere weil der Lack extrem dünn aufgetragen wird“, erklärt Dr. Andreas Holländer, Sprecher der Fraunhofer-Allianz und Oberflächenspezialist am Fraunhofer IAP. Die Forscher haben dafür eine clevere Lösung gefunden: Sie mischen eine kleine Menge eines fluoreszierenden organischen Farbstoffs in den Lack. Seine Konzentration entspricht in etwa 0,001 Prozent. Der Farbstoff absorbiert Licht einer bestimmten Wellenlänge und sendet Licht einer längeren Wellenlänge, also einer anderen Farbe, aus. Bereits geringste Konzentrationen des Farbstoffs können detektiert werden. Bei einigen Fluoreszenzfarbstoffen können die benachbarten Moleküle die Intensität oder die Wellenlänge des ausgesandten Lichts beeinflussen. Beispielsweise führt die Aushärtung der Lackschicht zu einem stärkeren Fluoreszenzsignal. Werden solche Farbstoffe kombiniert, können Informationen über die Dickenverteilung und den Härtungsgrad der Schicht gewonnen werden.
Niedrigere Kosten durch perfekte Schichten
Für das Auftragen des Lacks wurde das Detektionssystem in den Rolle-zu-Rolle-Prozess am Fraunhofer IVV zur Herstellung der Ultrabarrierefolie eingebunden. Zwei Typen monochromatischer LED-Lampen bestrahlen den Lack. Zwei kommerziell erhältliche Digitalkameras messen die ausgestrahlte Fluoreszenz zweier Farbstoffe im Lack. „Die Farbstoffe bestimmen z. B. die Art der Lichtquelle oder der Filter“, erklärt Holländer, der am Fraunhofer IAP das Farbstoff/Kamera-System entwickelt hat. „Die Farbstoffe müssen zudem im Beschichtungssystem löslich sein. Ihre optischen Eigenschaften dürfen sich nicht mit denen der Beschichtung selbst überlagern“, so Holländer. Mithilfe der elektronischen Bildgebung werden Defekte in der Lackschicht erstmals direkt sichtbar und der Beschichtungsprozess kann sofort und präzise angepasst werden. Solche Mängel zeigten sich bisher erst während der Anwendung, z. B. durch eine zu kurze Lebensdauer der OLEDs. Ein Imageschaden einerseits und andererseits auch zusätzliche Kosten durch Rückrufaktionen oder Reklamationen können mit dem nun zur Verfügung stehenden System vermieden werden.
Prinzip auch für den Plagiatschutz geeignet
Da die Farbstoffe in so geringen Konzentrationen zugesetzt werden, dass sie chemisch nicht analysierbar sind, setzen die Forscher das Prinzip auch für den Plagiatschutz von Materialien ein. „Wenn man nicht herausfinden kann, welche Farbstoffe enthalten sind, kann man die Markierung auch nicht so leicht kopieren“, so Holländer. „Zudem gibt es einige Tausend kommerziell verfügbare Fluoreszenzfarbstoffe, die miteinander kombiniert werden können. Daraus ergeben sich unzählig viele mögliche Varianten. Werden Massenkunststoffe oder auch hochwertige Materialien wie Schmierstoffe damit markiert, können diese über eine Art eigenen Fluoreszenz-Code auf ihre Echtheit geprüft werden“, erklärt der IAP-Wissenschaftler. Dank seines einfachen Aufbaus kann das fluoreszenzbasierte Inline-Bildgebungssystem leicht in bestehende Prozesse integriert werden. Künftig soll das System auch kommerziell verfügbar sein.