Chrom-VI-freies Verfahren zum Galvanisieren von ABS-Oberflächen

Wissenschaftler haben ein Verfahren zum Galvanisieren von ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol)-Kunststoffen entwickelt, das auf den Einsatz gefährlicher Chrom-VI-Verbindungen verzichtet und keine anderen Beizverfahren nötig macht.

ABS-Kunststoffe werden in der Automobilindustrie sowie zur Herstellung von Armaturen eingesetzt. Quelle: Pixabay -

Das am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF) im Labormaßstab getestete und zum Patent angemeldete Verfahren ist somit eine umweltfreundliche Alternative zum etablierten galvanischen Beschichtungsverfahren und lässt sich relativ leicht in existierende Produktionslinien integrieren.

Galvanisierung veredelt Oberflächen

ABS-Kunststoffe werden in großem Maßstab in der Automobilindustrie sowie zur Herstellung von Armaturen eingesetzt. Für dekorative Zwecke werden sie vielfach durch Galvanisieren oberflächenveredelt. Zur Erzeugung einer dünnen metallischen Schicht auf der Oberfläche ist nach dem klassischen Verfahren eine Vorbehandlung erforderlich. Dabei wird die Oberfläche mit Chromschwefelsäure gebeizt, um winzige Hohlräume zu schaffen, in denen Metallteilchen als Keime eingelagert werden. Mittels dieser Metallkeime wird dann stromlos eine mechanisch fest verankerte, leitfähige Schicht erzeugt, die Voraussetzung für das eigentliche galvanische Beschichtungsverfahren ist.

Auf der Suche nach Ersatzverfahren

Seit 21. September 2017 sind Chrom-VI-Verbindungen nach einer Verordnung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) wegen ihrer toxischen und krebserregenden Eigenschaften verboten. Durchweg geeignete Ersatzverfahren stehen bisher nicht zur Verfügung. Das klassische Galvanisierungsverfahren mit der Chromschwefelsäurebeize kann unter strengen Auflagen zeitlich begrenzt mit Sondergenehmigungen noch solange eingesetzt werden, bis ein gleichwertiges Ersatzverfahren entwickelt wurde.

Oberflächenmodifizierung mit Polymeren

Innovativ ist vor allem, dass anstelle eines Beizverfahrens zur Vorbehandlung eine Oberflächenmodifizierung mit Polymeren zum Einsatz kommt. Spezielle funktionelle Gruppen in diesen Polymeren sorgen zum einen für deren feste Kopplung an die Kunststoffoberfläche, und zum anderen gewährleisten sie – wie im klassischen Verfahren die Hohlräume – die stabile Bindung von Edelmetallsalzen, aus denen Edelmetallkeime zur Abscheidung der mechanisch stabil fixierten Leitschicht für das eigentliche Galvanisieren erzeugt werden. Dieses kann nachfolgend mittels der industriell etablierten Bädertechnologie erfolgen.

Tests bestätigen gute Qualität

Im IPF wurden im Labormaßstab Formteile aus kommerziell verfügbarem ABS-Granulat hergestellt, mit handelsüblichen Chemikalien nach dem neuen Verfahren vorbehandelt und beschichtet. Die Qualität der abgeschiedenen Leitschicht erwies sich in ersten Prüfungen mit den in der Industrie üblichen Tests (Gitterschnitt- und Klebebandtest) als sehr gut. Abplatzungen traten nicht auf. Alle Ergebnisse sprechen also für eine Überführbarkeit in die Praxis und zur Integration des neuen Vorbehandlungsverfahrens in existierende Produktionslinien, so die Einschätzung von Dr. Dieter Lehmann. In Zusammenarbeit mit Galvanikexperten sind für das speziell auf ABS-Kunststoffe zugeschnittene Verfahren noch Optimierungsarbeiten vorzunehmen.

Lösungen für andere Kunststoffe

Aufgrund der individuellen Struktur von Polymerwerkstoffen ist diese Technologie nicht einfach auf andere Kunststoffe übertragbar. Daher wird intensiv auch an Lösungen für andere Kunststoffe wie Polycarbonat (PC) und Polyetheretherketon (PEEK) gearbeitet.

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