Aerobrick: Ziegelsteine mit mikroskopischen Luftblasen dämmen
Die Rechnung ist einfach: Je besser ein Gebäude gedämmt ist, desto weniger Heizwärme verpufft im Winter – und desto weniger Energie muss eingesetzt werden, um eine angenehme Raumtemperatur zu erreichen. Kein Wunder, erhöht das Bundesamt für Energie (BFE) die Anforderungen an die Gebäudedämmung regelmässig.
Traditionell werden die dämmenden Schichten auf die fertig gebauten Mauern oder Wände aufgebracht. Mehr und mehr kommen aber auch Ziegelsteine zum Einsatz, die bereits selbst dämmende Eigenschaften aufweisen – das spart zum einen Arbeitsschritte und damit Kosten, andererseits eröffnet es neue architektonische Möglichkeiten. Dämmziegelsteine bieten einen gangbaren Kompromiss zwischen mechanischen und thermischen Eigenschaften und eignen sich auch für mehrstöckige Gebäude. Es gibt sie bereits in zahlreichen Varianten auf dem Markt: Die einen besitzen zahlreiche luftgefüllte Kammern, andere haben grössere Hohlräume, die mit dämmenden Materialien wie Perlit, Mineralwolle oder Polystyrol gefüllt sind. Ihre Wärmeleitwerte unterscheiden sich je nach Struktur und Füllmaterial. Damit die Wände aber gleich gut dämmen wie solche mit separaten dämmenden Schichten, sind die dämmenden Ziegelsteine meist deutlich dicker als gewöhnliche.
Aerogel statt Perlit
Forschende der Empa haben nun in Dämmziegeln Perlit mit Aerogel ersetzt, ein hochporöser Festkörper, der sehr hohe wärmedämmende Eigenschaften aufweist und gleichzeitig Temperaturen von bis zu 300°C aushält (siehe Kasten). Es ist kein unbekannter Werkstoff für die Forscher: Sie haben damit bereits einen Hochleistungsdämmputz entwickelt, der es unter anderem erlaubt, historische Bauten energetisch zu sanieren und dabei optisch nicht zu beeinträchtigen.
Zusammen mit seinen Kollegen hat Empa-Forscher Jannis Wernery aus der Forschungsabteilung «Building Energy Materials und Components» aus den Aerogel-Partikeln eine pastenartige Mischung entwickelt, um diese als Füllmaterial für den Ziegelstein zu verwenden. «Das Material kann einfach in die Hohlräume gefüllt werden und verbindet sich dann mit dem Ton der Ziegel», so Wernery. «Das Aerogel hält in den Ziegeln – man kann ganz normal mit ihnen umgehen.» Der «Aerobrick» war geboren.
Dünnere Wände bauen
Ein Vergleich in einem speziellen Messgerät für Wärmeleitfähigkeit bei einer mittleren Temperatur von 10°C zeigt, dass die perlitgefüllten Ziegelsteine bei gleicher Struktur und Dicke um rund ein Drittel schlechter dämmen als der Aerobrick. In anderen Worten: Um die gewünschten Dämmwerte zu erreichen, muss ein eine Wand aus Perlit-Ziegelstein rund 35% dicker sein als eine Aerobrick-Wand.
Noch beeindruckender ist der Vergleich mit gewöhnlichem Mauerwerk aus nicht-isolierenden Ziegelsteinen, die Wärme bis zu achtmal besser leiten. Eine herkömmliche Mauer müsste also fast zwei Meter dick sein, um gleich gut zu dämmen, wie eine gerade mal 20 Zentimeter dicke Mauer aus Aerobricks. Mit einer gemessenen Wärmeleitfähigkeit von gerade einmal 59 Milliwatt pro Quadratmeter und Kelvin Temperaturunterschied ist der Aerobrick zurzeit der am besten dämmende Ziegelstein der Welt.
Heute und Morgen wird allerdings vermutlich noch niemand ein neues Haus aus Aerobricks bauen können – dazu ist das Füllmaterial im Moment nämlich noch zu teuer. Wernery rechnet vor, dass beim heutigen Marktpreis für Aerogel ein einziger Quadratmeter Mauerwerk rund 500 Franken Zusatzkosten verursachen würde. Allerdings gehen Experten davon aus, dass die Kosten für Aerogel in naher bis mittelfristiger Zukunft massiv sinken werden – dann steht dem Einsatz des neuen Wunderziegelsteins nichts mehr im Wege.