Strukturen aufbauen: Christoph Heinen im Porträt
Mit einem Lachen erinnert sich Christoph Heinen: „Als Kind hatte ich die Idee, die Daten auf meinen Quartettspielen auf meinem Rechner zu speichern – also im Prinzip ähnlich eines ERP-Systems. Das Interesse an Datenbanken hat also schon sehr früh begonnen.“ Auch sonst gehörte der Computer schon damals zu den Hauptinteressen des IT-Leiter und Prokurist bei Bergolin. „Neben der Informatik AG war ich stolzer Besitzer eines C64 und hatte viel Spaß am Programmieren.“
Nach der Schule entscheidet sich Heinen zunächst für eine kaufmännische Ausbildung, die er bei Feidal in Krefeld absolviert – zu Beginn begeistert die Vorstellung, in einer Lackfabrik zu arbeiten, den Rheinländer jedoch ganz und gar nicht. „Meine Freunde haben studiert oder eine Ausbildung in der Modebranche oder in Unternehmen mit ganz anderem Flair als eine Lackfabrik gemacht – so dachte ich damals. Doch ich habe dann aber schnell festgestellt, dass die Lackindustrie sehr spannend ist. Und ich habe bei Feidal eine ausgezeichnete Ausbildung erhalten, die die Basis für meine spätere Laufbahn gelegt hat.“
Mammuntprojekt Digitalisierung
Nach der Lehre studiert Heinen in Hagen und Mönchengladbach BWL und Wirtschaftsinformatik. Doch auch während des Studiums bleibt er der Beschichtungsbranche treu und arbeitet für Softwarefirmen, die Lackunternehmen beliefern. „So verdichtete sich für mich dann das Know How aus IT in der Lackindustrie.“ Somit kehrt er nach dem Studium als IT-Leiter zurück zu Feidal, bevor er 2009 als Leiter IT und Controlling zu Bergolin wechselt. Bei dem Lackhersteller aus Osterholz-Scharmbeck bei Bremen bekommt Heinen den Auftrag, das Unternehmen zu digitalisieren. „Ich hatte die Aufgabenstellung alles auf Links zu drehen und in Bezug auf IT und Organisation bestmöglich aufzustellen“, erzählt Heinen. „Das war natürlich ein Mammutprojekt.“
Wichtig sind dem IT-Leiter die Synergien zwischen IT und Organisation. „Die Notwendigkeit für Betriebe, sich zu verändern – sich anzupassen, ist in der heutigen Zeit Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten“, erläutert Heinen. „Darauf muss man alle Mitarbeiter ebenso wie die Organisation vorbereiten und Strukturen aufbauen, die schnell erweitert und angepasst werden können.“ Dies sei eine wichtige Grundvorraussetzung für Industrie 4.0. Derzeit laufen mehrere Digitalisierungsprojekte bei Bergolin, unter anderem die Einführung der Microsoft HoloLens, einer Augmented Reality Brille in der Produktion.
Die Lackbranche aufrütteln
Noch sei die Lackbranche viel zu zögerlich, was das Thema Digitalisierung angehe. „Lange hat für unsere Branche der Wettbewerbsdruck hauptsächlich auf Rohstoff- und Formulierungsseite bestanden“, erklärt Heinen. „Durch die zunehmende Globalisierung, Gesetzgebung und dem Verschwimmen der Märkte, so dass Mittelständler auf den Märkten nun auch auf die Großen der Branche treffen, ist man als mittelständisches Unternehmen aber nun vor ganz andere Herausforderungen gestellt.“ Zudem beschleunigten sich die Gesellschaft und auch viele Branchen der Kunden, so dass sich die Lackindustrie dem Thema nicht entziehen könne. „Es ist Zeit für unsere Branche aus ihrem Dornröschenschlaf aufzuwachen“, betont Heinen.
Dabei bemüht sich der Prokurist um einen verstärkten Austausch in der Branche zu Digitalisierungsthemen. So ist Bergolin dabei, eine Arbeitsgruppe von Lackherstellern und weiteren Unternehmen aus der chemischen Industrie aufzubauen. „Unsere Industrie kann nicht darauf warten, dass ein Technologieanbieter mit passenden Lösungen auf uns zukommt“, unterstreicht Heinen. „Wir wollen über diese Interessensgemeinschaft aktiv versuchen, diese Technologien für unsere Branche nutzbar zu machen und auf unsere speziellen Gegebenheiten wie den Explosionsschutz aufmerksam zu machen.“
China ruft
Seit letztem Jahr ist Christoph Heinen zudem Geschäftsführer der chinesischen Tochter von Bergolin. „Eine extrem spannende Aufgabe, die ganz neue Herausforderungen bietet“, erklärt er. „Zum einen ist die Mitarbeiterführung im Ausland hinzugekommen, aber natürlich auch die Besonderheit China, wo vieles einfach ganz anderes läuft als in Europa“. Somit ist Heinen neben Bremen und seinem Wohnsitz Rheinland oft in Shanghai vor Ort. Von der Megacity ist der Familienvater fasziniert. Privat ist er ebenfalls gerne im asiatischen Raum unterwegs, aber auch die USA sind immer eine Reise wert.
„Bevor meine Kinder auf der Welt waren, waren wir oft in Florida, die Landschaften dort sind einfach fantastisch. Als Gegenpol zum Digitalen bin ich gerne in der Natur und wohne auch sehr ländlich“, erzählt Heinen. „Außerdem arbeite ich gerne mit meinen Händen – sei es bei der Gartenarbeit oder bei Projekten an unserem Haus wie etwa dem Bau eines Sandkastens – sicherlich ebenfalls ein Kontrast zum täglichen Job.“
Von Vanessa Bauersachs