Porträt: Der Zufall spielt mit
Sommer 1992, Jörg Schmitz steht kurz vor dem Ende seiner Doktorarbeit in Chemie an der Universität Paderborn. Doch es sind schwere Zeiten für Berufsanfänger in der Branche. Da viele der Studenten aus dem Studiengang Lackingenieurwesen hingegen schon vor Ende des Studiums eine Stelle sicher haben, beschließt er, nach der Doktorarbeit einige Semester Lackingenieurwesen anzuschließen. „Viele Professoren und Kommilitonen haben dies nicht nachvollziehen können, da sie dachten, dies bedeute, sich als promovierter Chemiker unter Wert zu verkaufen“, erinnert er sich. „Mir aber hat es sehr gut gefallen, vor allem viele der theoretischen Inhalte aus dem Chemiestudium nun in ihrer Anwendung zu verstehen. Ich hatte alle paar Minuten einen Aha-Effekt. Ideal für mich, der immer schon eher Praktiker als Theoretiker war.“
Im Anschluss geht es für Schmitz zunächst als Laborleiter nach Hannover zum Harzhersteller Hüttens Albertus Lackrohstoffe. Nach zwei Jahren nutzt der gebürtige Kölner die Gelegenheit, wieder zurück ins Rheinland zu ziehen. Bei Henkel übernimmt er den Posten Labor & Technical Sales Manager für Additive im Industrielackbereich. Hier ist er für eine Vielzahl unterschiedlicher Lackadditive in verschiedensten industriellen Anwendungen zuständig.
2001 wechselt Schmitz zu Bayer. „Ich hatte schon lange einen Bezug zu dem Unternehmen: hier hat mein Vater gearbeitet, meine Mutter ihre Ausbildung gemacht und meine Freundin arbeitet noch heute dort“, erzählt er. Bei Bayer ist er zunächst Segmentleiter im Bereich Rohstoffe für Automobilreparatur. Ein großer Fokus seiner Arbeit liegt hier auf dem internationalen Geschäft – ein Faktor, der sich durch den weiteren Lebenslauf des Kölners ziehen soll. Viel ist er in Nordafrika und Osteuropa unterwegs und betreut Kunden. Dadurch ergibt sich sein Anschluss-Posten als Senior Technical Marketing Manager für Osteuropa, Mittlerer Osten und Afrika.
Breit aufgestellt
Nach zehn Jahren entschließt sich Schmitz, zur IMCD zu wechseln. „Auch hier bin ich zufällig auf den Posten aufmerksam geworden und meine Entscheidung traf bei Einigen auf Verwunderung“, erinnert er sich. „Denn wer damals einen Job bei Bayer hatte, gab den zumeist nicht mehr auf.“ Schmitz aber reizt die große Produktpalette bei dem Distributor. „Ich bin eher ein Generalist und möchte lieber breit aufgestellt sein, als mich nur in einem Bereich zu spezialisieren“, erklärt er. „Mich interessieren alle Rohstoffe und die Zusammenwirkung der einzelnen Bestandteile im Lack treibt mich um.“ Bei IMCD arbeitet Schmitz als Business Unit Manager Coatings bevor er 2012 Global Technical Director der Business Group Coatings & Construction wird. Hier ist er für den Aufbau von elf anwendungstechnischen Laboren von Kuala Lumpur bis Istanbul verantwortlich. Der Globetrotter genießt die Dienstreisen, ebenso wie die Internationalität. „Unser technisches Team ist sehr divers aufgestellt und über die halbe Welt verteilt, der internationale Kontakt macht mir großen Spaß“, erzählt er. „Die Vernetzung und Kooperation dieses Teams voranzubringen, hat mich extrem motiviert.“
Im letzten Jahr gibt Jörg Schmitz Teile seiner Verantwortung an seinen Mitarbeiter ab und wechselt auf den Posten des Technical Director EMEA. „Das ist typisch für mich: etwa alle fünf, sechs Jahre gibt es eine Veränderung“, sagt er mit einem Lachen. „Zudem genieße ich nun meine Vier-Tage-Woche.“
Die so entstandene freie Zeit passt perfekt zu seiner neuen Tätigkeit, denn seit dem letzten Jahr hat Jörg Schmitz einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Aachen inne. An deren Campus in Jülich unterricht er die Veranstaltung „Lacke und Beschichtungen“ für den Studiengang „Angewandte Polymerchemie“. Auch hier spielt wieder der Zufall eine große Rolle. „Bei der VILF-Tagung sprach mich Ernst Haering an, der den Lehrauftrag vor mir innehatte und einen Nachfolger suchte. Ich konnte mir das gut vorstellen, denn ich denke, ich konnte immer schon gut komplexe Dinge erklären und das macht mir auch viel Spaß. Somit war das eine tolle Herausforderung.“ So beginnt Schmitz im Wintersemester 2020 und ist froh, dass die ersten Termine vor Ort stattfinden konnten, bevor es bedingt durch die Coronapandemie nur noch Onlinevorlesungen geben konnte. Das Feedback war so gut, dass noch eine zweite, mehr formulierungsorientierte Vorlesung dazu gekommen ist.
Reisen und Kochen
Auch privat gehört das Reisen zu der größten Leidenschaft des Kölners. Schon mehr als 60 Fähnchen zieren seine Weltkarte. Besonders angetan hat es ihm Griechenland, bereits 27 griechische Inseln hat er bereist. Im Urlaub geht er gerne schnorcheln – immer mit dabei ist seine Unterwasserkamera. Auf seinem Rechner liegen dutzende Ordner, in denen er seine Schnappschüsse nach Fischgattung sortiert archiviert. Zudem sammelt der begeisterte Koch seine liebsten Rezepte, die er in Kochbüchern zusammengestellt und als Fotobücher drucken lässt.