Interview: „In den technischen Berufen ist es schwieriger geworden, die Bewerberzahlen gehen hier zurück.
Welchen Stellenwert hat die berufliche Ausbildung bei Ihnen?
Jürgen Jahn: Der Stellenwert ist sehr hoch, wir sehen die berufliche Ausbildung auch als Rekrutierung von Nachwuchskräften. Es ist uns in den letzten Jahren erfolgreich gelungen, uns extern zertifizieren zu lassen. Wir haben mit der IHK Oldenburg ein Testsiegel Ausbildung entwickelt. Das ist sehr aufwändig und mit viel Arbeit verbunden. Wir glauben aber, dass solche Siegel Aufmerksamkeit generieren und ein Auswahlkriterium für junge Leute sind.
Außerdem sind wir stolz darauf, dass wir deutschlandweit der beste Ausbildungsbetrieb in der Chemieindustrie sind. Das ergab die repräsentative Studie „Deutschlands beste Ausbildungsbetriebe“, die bei den 20.000 mitarbeiterstärksten Unternehmen des Landes vom Institut für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) im Auftrag der Zeitschrift „Focus-Money“ durchgeführt. wurde.
Wir bilden u.a. Chemikanten und Chemielaboranten, Industriekaufleute, relativ neu: Kaufmann/-frau im E-Commerce, Lagerlogistiker, Mechatroniker, Baustoffprüfer, Elektroniker, Fachinformatiker und Mediengestalter im Marketing aus. Im Moment haben wir 91 Azubis bei knapp 800 Mitarbeitern am Standort, also eine Ausbildungsquote von deutlich mehr als zehn Prozent. Zehn Prozent gelten schon als gut.
Ist es schwieriger geworden, qualifizierte Bewerber und Bewerberinnen zu gewinnen?
Jahn: Das muss man differenzieren: In den technischen Berufen – Mechatroniker, Fachinformatiker oder Baustoffprüfer – ist es schwieriger geworden, die Bewerberzahlen gehen hier zurück. Aber wir sind immer noch in der Situation, dass wir auswählen können. Im kaufmännischen Bereich registrieren wir keinen Rückgang.
Wir nehmen bei den technischen Berufen die Tendenz wahr, dass immer mehr junge Leute ins Studium gehen und die handwerkliche Ausbildung unattraktiver wird. Meiner Meinung nach gibt es aber auch einen Fehler im System, so ist z.B. die Ausbildung zum Mechatroniker falsch ausgelegt, wenn Sie vier Jahre für die Ausbildung benötigen und drei Jahre für den Bachelor. Das sollte man mal überdenken.
Generell: Was müssen Azubis, aber auch Arbeitgeber jeweils zu einer erfolgreichen Ausbildung beitragen?
Jahn: Der Azubi sollte zunächst einmal genau wissen, in was für einen Beruf er einsteigt und sich entsprechend informieren. Wir bieten dafür Praktika, „Über-die-Schulter-schau-Tage“ und den Zukunftstag an. Ein bisschen Begeisterung für den Beruf sollte schon vorhanden sein. Als Unternehmen haben Sie hier größere Verantwortung. Wir legen sehr viel Wert darauf, die Azubis vom ersten Tag an zu integrieren. Sie arbeiten sofort in Teams mit. Natürlich sind ihre Aufgaben bzgl. Anforderungen und Komplexität anders als bei den Ausgelernten. Man merkt aber deutlich, dass die jungen Leute aktiv und eigenständig mitarbeiten wollen. Das motiviert sie. So erzeugt man eine Ausbildungszufriedenheit. Und wir versuchen, den allermeisten unserer Azubis nach der Ausbildung eine Perspektive anzubieten.
Das Interview führte Kirsten Wrede