Interview: „Alles wird derzeit von der Corona-Krise überschattet“
Mit welchen Herausforderungen hat die österreichische Farben- und Lackindustrie derzeit zu kämpfen?
Dr. Klaus Schaubmayr: Alles wird derzeit von der Corona-Krise und dem damit verbundenen Herunterfahren der gesamten Wirtschaft überschattet. Da sind wir genauso betroffen wie alle anderen Länder auch. Abgesehen von alltäglichen Herausforderungen wie Fachkräftemangel und fehlende Transportkapazitäten oder die immer noch bestehende Sanktionspolitik gegenüber Russland ist die Lackindustrie durch die regulatorischen Anforderungen im Bereich des Chemikalien- und Umweltrechts belastet; z.B. wird die erst kürzlich erlassene Regelung in der REACH-Verordnung bezüglich Diisocyanaten mit den umfangreichen Schulungsmaßnahmen für die Lack- und Anstrichmittelindustrie herausfordernd. Da gilt es tausende Anwender zu schulen und wir müssen unsere Kunden hier umfassend unterstützen. Sorge bereiten auch die Entwicklungen bei den Topfkonservierern. Die restriktiven und innovationshemmenden Regelungen der EU-Biozidprodukteverordnung sorgen dafür, dass fast keine geeigneten Wirkstoffe mehr zur Verfügung stehen. Es hat den Anschein, dass die EU-Kommission den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt hat. Da sind unsere österreichischen Behörden schon etwas weiter. Wir konnten hier viel Überzeugungsarbeit leisten in unseren institutionalisierten Gesprächen („Dialog Biozide“). Österreich setzt sich daher auf EU-Ebene auch für den „ganzheitlichen Ansatz“ bei der Genehmigung und dem Review von Wirkstoffen ein.
Mit welchen Aktivitäten unterstützt der FCIO die Branche?
Dr. Klaus Schaubmayr Wir unterstützen unsere Mitglieder insbesondere in chemikalien- und umweltrechtlichen Angelegenheiten und liefern die notwendige Information für die Umsetzung der relevanten Regelungen in den Betrieben inklusive eines Frühwarnsystems. Dadurch helfen wir die Planbarkeit zu erhöhen. Hinzu kommt die interessenspolitische Vertretung in Umwelt-, Wirtschafts- und steuerpolitischen Angelegenheiten sowohl auf europäischer als auch insbesondere auf nationaler Ebene. Wir organisieren für die österreichischen Lackunternehmen auch eine Beteiligung an der TiO2-Klage beim EuGH als Streitgenosse. Nicht zu vergessen, dass wir auch für unsere Unternehmen bindende Kollektivverträge abschließen und daher auch als Arbeitgebervertreter fungieren. Auch in arbeits- und sozialrechtlichen Belangen berät der FCIO seine Mitglieder.
Welche weiteren spannenden Projekte laufen aktuell?
Dr. Klaus Schaubmayr: Da ist vor allem das von unserem Präsidenten Prof. Hubert Culik initiierte FH Studium „Applied Chemistry/Surface Technology“ an der FH Krems zu nennen, für das wir gerade ein Modul „Surface Technology“ vorbereiten. Ein weiteres Projekt nennt sich InCanPres und widmet sich der Entwicklung von Innovationen in der Topfkonservierung, um auch in Zukunft den Zugang zu sicheren und qualitativ einwandfreien Produkten nachhaltig gewährleisten zu können. Und zu guter Letzt mag ich noch von einem Projekt erzählen, das sich gerade erst in der Planungsphase befindet: „Recyclingkunststoffgebinde für die Lack- und Anstrichmittel/Beschichtungsmittelindustrie“. Damit soll ein geschlossener österreichischer Kreislauf solcher Gebinde etabliert werden, der die Sammlung, Sortierung, Rezyklierung, Verarbeitung des Rezyklats und Verwendung der Recyclinggebinde umfasst. Durch alle diese Initiativen haben wir auch zu unseren Behörden ein sehr partnerschaftliches Verhältnisaufbauen können.