Dr. Christoph Harlfinger im Porträt: Ein einzigartiger Zeitgenosse in der Lackbranche
Über Jahrzehnte führte der promovierte Mediziner parallel die Geschicke in der Alsfelder Lackfabrik und in seiner orthopädischen Praxis in Bad Hersfeld. Die Zeit hat Dr. Christoph Harlfinger in seinem Büro stets im Auge. Zahlreiche alte Uhren schmücken seinen Arbeitsplatz in der Alsfelder Lackfabrik. Hier sieht man nur einen Bruchteil seiner umfänglichen Uhrensammlung. „Zeitmessung hat mich schon immer interessiert. Spannend finde ich es auch, wie der Mensch mit Zeit umgeht und wie sich die Zeitmessung über die Jahrhunderte entwickelt hat“, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter. Uhren für den wissenschaftlichen Gebrauch zählten zu den ersten Stücken seiner Sammlung. Eines seiner Lieblingsobjekte ist eine Präzisionspendeluhr aus dem Observatorium in St.Petersburg. Ein gutes Zeitmanagement ist für den gebürtigen Hessen unabdingbar. Über 20 Jahre leitete er die Geschicke der Lackfabrik und in seiner fachärztlichen Praxis parallel. „Meine Praxis hatte ich schon eröffnet bevor ich die Geschäftsführung im Familienunternehmen übernahm“, erzählt der studierte Mediziner und ausgebildete Orthopäde. Schon als Schüler und später während des Studiums arbeitet er in den Ferien in der Lackfabrik. „Harte Arbeit zahlt sich aus, angefangen habe ich als Kesselputzer und bin nun seit geraumer Zeit Geschäftsführender Gesellschafter“, sagt der Unternehmer mit einem breiten Lächeln. Seine berufliche Laufbahn hätte auch direkt im Lack starten können, denn technisch interessiert war Harlfinger schon in jungen Jahren. „In der Fabrik meines Schwiegervaters zu arbeiten hatte seinen Reiz, denn ich kannte viele Abläufe. Ich wollte aber erstmal mein Ding machen“, sagt Harlfinger rückblickend.
Schicksalsschlag führte in die Lackbranche
Zur Medizin kommt er durch seine Zeit bei der Bundeswehr. „Ich wurde als Sanitätsoffizier ausgebildet und so verfestigte sich mein Wunsch Mediziner zu werden. Das Angebot der Bundeswehr war mir zur vage und so ließ ich mich nicht verpflichten und studierte Medizin an der Universität in Erlangen“, erzählt Harlfinger. Die Perspektiven für Orthopäden waren seinerzeit sehr gut und Freunde und Bekannte aus der Studentenverbindung rieten ihm, diesen Weg einzuschlagen. 1982 eröffnet der gebürtige Hesse seine eigne Praxis in Bad Hersfeld. Mitte der 1980er Jahre ereilt die Familie ein Schicksalsschlag. Der Schwiegervater musste aus gesundheitlichen Gründen aus dem Unternehmen ausscheiden und die Nachfolge im Unternehmen war nicht geregelt. Harlfinger übernimmt. „Es gab kein langes Hin und Her. Ich habe einfach getan, was getan werden musste. Manchmal muss man einfach machen“, sagt der 67-Jährige, der das Familienunternehmen in vierter Generation führt. Harlfinger ist in zweiter Ehe verheiratet und hat aus erster Ehe vier erwachsene Kinder.
Praxis zu schließen war keine Option
Die Praxis zu schließen kam ihm aber nicht in den Sinn, da ihm die Medizin und der Umgang mit seinen Patienten zu sehr am Herzen liege. Bis 2010 führte er die Praxis und die Geschicke der Lackfabrik parallel. Im Alter von 60 Jahren verkaufte er seine Praxis. Aber ganz von der Medizin kann er immer noch nicht lassen. Den weißen Kittel streift er sich noch zweimal die Woche über, denn er ist noch in einer privatärztlichen Praxis aktiv. „Am Dienstag und Donnerstag ist nachmittags jeweils Sprechstunde. Vorher lege ich mich kurz hin, das hilft mir dabei den Schalter im Kopf von Industrie auf Medizin umzulegen. Denn als Arzt muss ich anderen Ansprüchen genügen“, sagt Harlfinger. Dennoch sieht er auch Parallelen in beiden Berufsbildern. Man müsse sehr sorgfältig arbeiten und in beiden Berufen könne er etwas veredeln. In einem sind es Oberflächen und im anderen Gelenke. Eine ganz wichtige Gemeinsamkeit sieht er aber in der Mitarbeiterführung. „Um die Praxis und die Lackfabrik unter einen Hut zu bekommen, ist es notwendig gutes Personal um sich zu haben. Man muss delegieren und Verantwortung abgeben können, nur so ist man erfolgreich“, betont Harlfinger.
Arzt des Vertrauens
Zusätzlich ist er auch als Gutachter für die Rentenversicherung aktiv. „Meine Gutachten sind gerichtssicher und es ehrt mich, dass auch meine Mitarbeiter als Patienten zu mir kommen. Das erfüllt mich schon zu einem gewissen Grad mit Stolz“, sagt der Unternehmer. Handelt es sich bei Patienten um Mitarbeiter, legt sich der Schalter im Kopf ganz schnell um. „Ich unterstehe dann in erster Linie der ärztlichen Schweigepflicht. In solchen Situationen trenne ich ganz strikt zwischen meinem Beruf als Geschäftsführer und als Arzt“, stellt Harlfinger klar. Der eine oder andere gelbe Schein, der in der Personalabteilung liege, sei auch von ihm unterschrieben. „Die Unterschrift ist ordentlich und lesbar“, versichert Harlfinger mit einem Schmunzeln. Für Mitarbeiter, die seine medizinische Expertise in Anspruch nehmen, nimmt er sich die Zeit, ohne dabei auf die Uhr zu schauen. // Kontakt: christoph.harlfinger@diegel.de
Damir Gagro