Woran hält sich das Löschwasser?
Der erste „Unruheauslöser“ war die AwSV. Mit Inkrafttreten zum 01.08.2017 wurde durch den § 20 noch einmal herausgestellt, dass in Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen eine Löschwasserrückhaltung vorzusehen ist. Diese Forderung war schon in den Vorgängervorschriften in den einzelnen Bundesländern (Länder-VAwS) enthalten. Durch das Verwaltungshandeln wurde diese Pflicht aber letztlich überwiegend auf Lageranlagen umgesetzt. Der Grund dafür ist der zweite „Unruheauslöser“: die Löschwasserrückhalte-Richtlinie (LöRüRL). Sie ist seit Anfang der 1990er die Grundlage zur Berechnung von Rückhaltevolumina in Lageranlagen und ist Anfang der 1990erJahre vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) als Muster-Richtlinie für die Berechnung von Rückhaltevolumina eingeführt und von den Bundesländern jeweils einzeln in Kraft gesetzt worden.
Die LöRüRL wird vom DIBt nicht mehr in den Muster-Verwaltungsvorschriften technische Baubestimmungen (MVV TB) aufgeführt und wurde zum 01.01.2020 außer Kraft gesetzt. Damit war die wesentliche technische Richtlinie zur Bemessung einer vorzusehenden Löschwasserrückhaltung nicht mehr greifbar und eine Alternative stand und steht nicht zur Verfügung. Einige Bundesländer haben schnell reagiert und die Richtlinie erst einmal landesrechtlich weiter in Kraft gelassen.
Als Alternative war schon mit Inkrafttreten der AwSV angedacht, über einen Anhang 2a eine bundeseinheitliche Berechnungsgrundlage zu schaffen, die die Anforderungen des § 20 AwSV umsetzt.
Aktuelles Vorgehen in Sachen Löschwasserrückhaltung
In den oben genannten Bundesländern soll und kann die bekannte LöRüRL herangezogen werden. Es kann sicherlich verwaltungsrechtlich als zumindest interessant bewertet werden, ob eine außer Kraft gesetzte technische Regel überhaupt weiterhin für Genehmigungsbescheide herangezogen werden darf. In den übrigen Bundesländern muss vor detaillierten Planungen mit den zuständigen Brandschutzbehörden gesprochen werden.
Grundsätzlich stellt sich aber die Frage, ob man sich nicht bereits ohne verwaltungsrechtliche Verabschiedung an der Anlage 2a orientieren sollte. So ist bei immissionsschutzrechtlich genehmigten Betrieben grundsätzlich nach dem Stand der Technik, bei Betriebsbereichen im störfallrechtlichen Sinne sogar nach dem Stand der Sicherheitstechnik zu arbeiten. Das Gewässerschutzrecht stellt die Anforderung, dass mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) gearbeitet werden muss. Darauf basierend kann die LöRüRL sicherlich als allgemein anerkannte Regel der Technik herangezogen werden.
Ist es nicht aber konsequent, sich zumindest bei BImSchG-Anlagen daran zu orientieren, was innerhalb der nächsten 12 bis 24 Monate aller Wahrscheinlichkeit nach zu erwarten ist? Damit wären wir dann bei der als Entwurf vorliegenden Anlage 2a zur AwSV. Dieser Ansatz würde auch den Aspekt miteinschließen, dass Behörden aus baurechtlichen Gründen eine Löschwasserrückhaltung fordern können, sobald die Gefahr einer Boden- oder Gewässerverunreinigung besteht. Dies kann z. B. bei der Lagerung von Li-Io-Batterien der Fall sein. Dazu gibt es inzwischen Urteile, die den Anwendungsbereich noch einmal größer werden lassen (siehe z. B. OVG-Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.05.2017 – 8A 11825/16). Der Besorgnisgrundsatz des Gewässerschutzrechtes muss immer berücksichtigt und eingehalten werden.
Wesentliche Inhalte der Anlage 2a
Sehr verkürzt dargestellt hat die Anlage 2a folgende Eckpunkte:
- Bezugspunkt ist grundlegend der Löschwasserbedarf (Ziffer 2.2). Dieser wird mit 96 bzw. 192 cbm/h angesetzt.
- Bezugspunkt ist die zu erwartende Brandfläche (kann ungefähr gleichgesetzt werden mit einem Brandabschnitt in einem Gebäude).
- 50 % Verdunstungsansatz
- Szenarienbezogene Ansätze sind möglich.
- Keine Unterscheidung nach Wassergefährdungsklassen (WGK); es müssen wassergefährdende Stoffe vorhanden sein.
- Sie gilt für Anlagen ab einer Menge von 5 t wassergefährdender (wg.) Stoffe.
In der Kritik der wesentlichen Interessenverbände stand und steht die Eingangsgröße von 5 t für wassergefährdende Stoffe und dass nicht mehr nach WGK abgestuft werden soll. Die Eingangsgröße stellt in der Tat eine große Herausforderung dar. Allerdings ist diese Menge verglichen mit der Eingangsgröße der LöRüRL für WGK-3-Stoffe auch fünffach höher. Der Verzicht auf eine WGK-Unterscheidung ist dagegen nachvollziehbar und eigentlich konsequent, denn die Feuerwehren löschen nicht nach Wassergefährdungsklassen, sondern situationsbezogen.
Das vorläufig gestoppte Verfahren zur Novelle der AwSV ist jetzt auf Initiative der großen Industrieverbände wieder aufgenommen worden. Hierzu hat das BMU jedoch klargestellt, dass eine Einigung beim Thema Löschwasserrückhaltung der zentrale Punkt sein wird. Für eine Annäherung sind bereits neue Eintrittsschwellen genannt worden (z. B. 10 t für WGK 3 und 50 t für WGK 1 und 2).
Bis zur parlamentarischen Sommerpause bleibt es also spannend. Wird es tatsächlich zu einer Verabschiedung der AwSV-Novelle und damit auch zu einer Modernisierung beim Thema Löschwasserrückhaltung kommen?