Lieferketten: Von der harmonisierten Produktmeldung profitieren
Je nach Art der Verwendung gelten im Rahmen der Produktmeldung unterschiedliche Meldefristen. Während meldepflichtige gefährliche Gemische für Verbraucher und Gewerbe bis zum 1. Januar 2021 gemeldet werden mussten, ist die Erfüllung der harmonisierten Meldepflicht bei ausschließlich industriell verwendeten Gemischen erst zum 1. Januar 2024 erforderlich. Gemäß REACH-Verordnung sind die Begriffe „gewerblich“ und „industriell“ nicht eindeutig definiert, wodurch die Zuordnung der zu meldenden Produkte erschwert wird.
Da die Verwendungsart eine notwendige Angabe in der Stoffsicherheitsbeurteilung ist, hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) in den Leitlinien zu Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung Anhaltspunkte beschrieben, die bei der Zuordnung eine Hilfestellung geben sollen (S. 38, Tabelle R.12-6, Version 3.0). Zudem werden typische Beispiele aufgeführt, die gemäß ECHA als industriell oder gewerblich gelten.
Während Dienstleistungen wie Wartungsarbeiten, Gebäude- oder Autoreinigung sowie Körperpflege in der Regel gewerbliche Tätigkeiten darstellen, finden industrielle Verwendungen normalerweise an Produktionsstandorten für beispielsweise Fahrzeuge, Papier oder Halbleiter statt. Ein weiteres Kriterium zur Unterscheidung ist die Qualifikation der Arbeiter. An Industriestandorten sind die Arbeiter meist besser geschult und erhalten genauere Anweisungen. Es ist hier also eine individuelle Abwägung zu treffen und ggf. zu verargumentieren.
Typologie der Verwendungen
Bei der Identifizierung der Verwendungsart (Verbraucher, Gewerbe oder Industrie) im Zusammenhang mit der Meldefrist ist das Konzept der endgültigen Verwendung zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass immer die letzte Phase des Gemisches vor dem Ende seiner Lebensdauer betrachtet werden muss. Diese kann beendet sein, wenn es entsorgt, in die Umwelt freigesetzt oder so verwendet wird, dass die chemische Identität sich verändert, beispielsweise bei der Verarbeitung zu einem Erzeugnis. Wird das Gemisch hingegen zur Formulierung eines anderen Gemisches verwendet (MiM), ist das Ende der Lebensdauer noch nicht erreicht.
In der obigen Grafik sind beispielhaft unterschiedliche Anwendungen eines Pigment-Gemisches (Formulierer 1) dargestellt. Dieses wird einerseits für die Herstellung von Farblacken für Innen- und Außenbereiche eingesetzt. Die Abnehmer dieser Farblacke sind sowohl Endverbraucher als auch Maler- und Lackierbetriebe, sprich gewerbliche Anwender. Andererseits wird es ebenfalls von einem Lackhersteller für die Automobilindustrie verwendet. Dessen Kunde ist wiederum ein Produzent für lackierte Autoteile. Da der Farblack beim Verbraucher und im Gewerbe Verwendung findet, musste der Formulierer 2 die harmonisierte Produktmeldung bis zum 1. Januar 2021 bzw. vor Inverkehrbringen durchführen.
Der Formulierer 3 liefert hingegen nur an einen Industriestandort, bei dem der Autolack zur Produktion von Erzeugnissen eingesetzt wird. Diese gehen zwar ggf. an den Endverbraucher, fallen aber nicht unter die CLP-Verordnung. Somit muss der harmonisierten Meldepflicht erst ab dem 1. Januar 2024 nachgekommen werden. Der Hersteller des Pigment-Gemisches, Formulierer 1, wurde in Anbetracht der endgültigen Verwendung durch Verbraucher und Gewerbe dazu verpflichtet, bis zum 1. Januar 2021 zu melden. Es ist zu beachten, dass nicht meldepflichtige Gemische in Bezug auf die Endverwendung vernachlässigbar sind. D.h. wenn ein gefährliches Gemisch industriell verwendet, aber ebenfalls bei der Formulierung ausschließlich nicht meldepflichtiger Gemische eingesetzt wird, die an Endverbraucher abgegeben werden, gilt die Meldefrist 1. Januar 2024. Allerdings ist dieser Überblick über die Lieferkette nur in seltensten Fällen gegeben und müsste ggf. kontinuierlich nachgehalten werden. Im Zweifelsfall ist es sinnvoll, zur früheren Frist zu melden, da ausschließlich industriell gemeldete UFIs nicht für die Meldung von Produkten für Gewerbe und Endverbraucher genutzt werden können (BR596).
Verkürzte Produktmeldung
Bei ausschließlich industriell verwendeten Gemischen gibt es die Möglichkeit einer verkürzten Produktmeldung. Hierbei gilt ebenfalls die Typologie der endgültigen Verwendung. Eine verkürzte Meldung bietet den Vorteil, dass die Rezepturinformationen gemäß Abschnitt 3 des Sicherheitsdatenblattes ausreichend sind. Das bedeutet, alle ungefährlichen Bestandteile sowie eingestufte Bestandteile unter dem Berücksichtigungsgrenzwert müssen nicht in der Meldung genannt werden.
Des Weiteren sind die Angaben zur Verpackungsart und -größe optional. Eine wichtige Voraussetzung für die Übermittlung der reduzierten Gemisch-Zusammensetzung ist der schnelle Zugang zu detaillierten Produktinformationen im medizinischen Notfall. D. h. der Meldepflichtige muss in seiner verkürzten Produktmeldung eine Telefonnummer bereitstellen, unter der 24 Stunden pro Tag und 7 Tage pro Woche eine Auskunft zu ausführlichen Produktinformationen gegeben werden kann.
Die Anfragen müssen in der vom jeweiligen EU-Mitgliedsstaat akzeptierten Sprache beantwortet werden können. Da die anfragende Person einer nationalen benannten Stelle oder einer anderen anerkannten Beratungsstelle im jeweiligen EU-Mitgliedsstaat angehören kann, schlägt die ECHA aus Datenschutzgründen vor, die Mitteilungskennung als Berechtigungsnachweis zu verwenden. Neben der Telefonnummer muss in der verkürzten Meldung noch eine E-Mail-Adresse des Auskunft gebenden Kontaktes übermittelt werden, die ggf. für den Austausch von weiteren Informationen genutzt werden soll.
Fazit: Klären Sie rechtzeitig Ihre Pflichten und nutzen Sie die für Sie strategisch beste Vorgehensweise.