Immissionsschutz: Kontrolle ohne Kontrolleur:innen
Die Überarbeitung Immissionsschutzverordnung war notwendig geworden, um die Vorgaben des europäischen BVT-Merkblatts „Oberflächenbehandlung unter Verwendung von organischen Lösemitteln“ in nationales Recht umzusetzen. Obwohl das BMUV in der Begründung zum Referentenentwurf 2022 angegeben hatte, dass es darüber hinaus keine Änderungen in der Verordnung geben würde, wurden nationale Sonderregelungen zur Lösemittelbilanz in die Verordnung aufgenommen, die auch alle Anlagen zur Herstellung von Lacken und Druckfarben betreffen, die in den Regelungsbereich der Verordnung fallen.
Immissionsschutzverordnung: Weitreichende Anforderungen
Die 31. BImSchV gilt für Anlagen, die mehr als die in der Verordnung festgelegte Menge an Lösemitteln für die jeweilige Tätigkeit verwenden. Nach Anhang I fallen Anlagen zur Herstellung von Lacken, Farben und Druckfarben dann unter den Anwendungsbereich, wenn sie mehr als 100 Tonnen Lösemittel pro Jahr einsetzen. An nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) als genehmigungsbedürftig geltende Anlagen werden dabei weitreichendere Anforderungen gestellt als an nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen.
Die Anlagen zur Herstellung von Anstrich- und Beschichtungsstoffen oder Druckfarben gelten nach BImSchG und den dazu gehörigen Verordnungen dann als genehmigungsbedürftig, wenn in ihnen mehr als 25 Tonnen flüchtige organische Verbindungen pro Tag eingesetzt werden können. Für diese Anlagen wird in § 6 der 31. BImSchV in der neuen Fassung nun vorgegeben, dass die Richtigkeit der Lösemittelbilanz von einer zugelassenen Überwachungsstelle oder einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen festzustellen ist. Bei Neuanlagen und wesentlichen Änderungen hat die Überprüfung erstmals zwölf Monate nach Inbetriebnahme und danach in jedem dritten Kalenderjahr zu erfolgen. Dies gilt entsprechend, wenn die Schwelle zur Genehmigungsbedürftigkeit erstmals überschritten wird.
Sachverständige gibt es erst in zwei Jahren
Für bestehende Anlagen greift die Regelung ab dem 16. Januar 2027. Hierbei ist zu beachten, dass bisher weder entsprechend der Verordnung definierte, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, noch die für deren Berufung notwendigen Strukturen existieren. Laut Aussage der Umweltministerien der Bundesländer ist davon auszugehen, dass die ersten Sachverständigen erst in circa zwei Jahren die Arbeit aufnehmen können.
Neben der Überprüfung der Lösemittelbilanzen wurden auch die Anforderungen an diese angepasst. Lösemittelbilanzen dienen dem Zweck, Ein- und Austragsmengen einer Anlage an flüchtigen organischen Verbindungen zu bestimmen und zu dokumentieren. Während die Berechnungsformeln der Lösemittelbilanz wie bisher geblieben sind, konkretisiert Anhang V der 31. BImSchV in einem neuen Punkt 3 nun Qualitätsanforderungen der Bilanz: Diese soll so nachvollziehbar aufgestellt werden, dass eine gegebenenfalls spätere Prüfung durch externe Sachverständige möglich und erfolgreich ist. Die Regelung trifft auch die Verarbeiter von Lacken und Druckfarben. Mit Blick auf die vielen genehmigungsbedürftigen Anlagen in der Verarbeitung (Lösemittelverbrauch ab 15 Tonnen pro Jahr oder 25 kg pro Stunde) ist anzumerken, dass diese Betriebe ihre Verpflichtungen nur erfüllen können, wenn sie von den Herstellern der Lacke, Farben und Druckfarben verlässliche Angaben zum Festkörper- und Lösemittelgehalt sowie zu den Gewichtsmengen der abgegebenen Produkte erhalten.
Quelle: zuerst erschienen in Wir Sind Farbe, Das Magazin, Ausgabe April 2024, vom VdL.