EPD: Nachhaltigkeit messbar machen
EPDs haben sich als Nachweis etabliert, um den ökologischen Fußabdruck von Bauprodukten wie Farben und Lacken zu kommunizieren. Damit liefern EPDs die Basis für die Erstellung verlässlicher Ökobilanzen ganzer Gebäude.
Dieser Trend wird sich in Zukunft noch verstärken, denn viele Zertifizierungssysteme für nachhaltiges Bauen belohnen den Einsatz von Bauprodukten mit EPDs – zum Beispiel das der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). All dies hat zu einem immer stärker wachsenden Angebot an EPDs geführt. Derzeit werden rund 1500 EPDs von etwa 500 Deklarationsinhabern beispielsweise allein vom Institut für Bauen und Umwelt e.V. (IBU) veröffentlicht – Tendenz steigend. Die Harmonisierung auf europäischer Ebene wird durch die Zusammenarbeit der lokalen EPD-Programmbetreiber im Rahmen der ECOPlatform-Initiative gewährleistet.
Verifizierte Umweltproduktdeklarationen
Eine EPD beruht auf unabhängig überprüften Daten aus Ökobilanzen, Sachbilanzen oder Informationsmodulen, welche mit der Normenreihe DIN EN ISO 14040 konform sind. Das beinhaltet Angaben zum Ressourcenverbrauch, z. B. Energie, Wasser und erneuerbare Ressourcen sowie die Emissionen in Luft, Wasser und Boden. Eine EPD übermittelt überprüfbare und nicht irreführende Umweltinformationen für Produkte. Ein wesentlicher Zweck ist hierbei, vergleichbare und verlässliche Daten für die Ökobilanzierung von Bauprojekten zur Verfügung zu stellen.
Mit EPDs im Vorteil
Für die Hersteller von Farben und Lacken ergeben sich daraus verschiedene Vorteile. An erster Stelle ist hier die Transparenz zu nennen, die von Herstellern zunehmend als relevanter Pfeiler ihrer Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt wird. EPDs sind ein anerkanntes Werkzeug, um diese Transparenz zu dokumentieren und zu demonstrieren. Baustoffhersteller stellen damit wichtige Daten zur Verfügung, mit denen Gebäude-Ökobilanzen gerechnet und somit die ökologische Vorteilhaftigkeit von Bauprodukten im konkreten Gebäudekontext nach wissenschaftlich fundierten Kriterien beurteilt werden kann.
Ein weiterer Vorteil ist der Marktzugang. Insbesondere bei Projekten, die eine Gebäudezertifizierung anstreben, ist die Verfügbarkeit von EPDs mittlerweile ein wichtiges Kriterium. Und die Bedeutung nimmt zu: Nach dem Ende März 2022 veröffentlichten Entwurf der neuen Bauprodukteverordnung sollen in Zukunft die meisten der in EPDs geforderten Indikatoren auch in die Leistungserklärung eingehen. Damit wird die EPD zu einer Art Eintrittskarte in den europäischen Markt.
In der jüngeren Vergangenheit tritt nun ein weiterer Vorteil in den Fokus der Baustoffhersteller: die Optimierung von Wertschöpfungsketten. Veröffentlichte EPDs enthalten zwar nur hochaggregierte Resultate. Bei der Erstellung erkennen viele Unternehmen jedoch erstmals, welchen dominanten Einfluss die Herstellungsprozesse und eingesetzten Rohstoffe auf den ökologischen Fußabdruck des eigenen Produkts haben. Energieintensive Rohstoffe können beispielsweise einen überproportionalen Anteil am ökologischen Fußabdruck eines Produkts für die Farben- und Lackindustrie haben. Deshalb ist es von Vorteil, wenn die eingekauften Rohstoffprodukte ebenfalls über eine eigene EPD verfügen. Dies erhöht nicht nur die Genauigkeit der Ergebnisse. Hinzu kommt, dass die in Informationsmodulen zusammengefassten Daten im Vergleich zu generischen Datensätzen häufig auch deutlich aktueller sind. Nicht zuletzt können anhand von produktspezifischen EPDs für Rohstoffe die Anstrengungen des Herstellers, den Fußabdruck seiner Produkte zu vermindern, überhaupt erst abgebildet werden.
Wachsender Bedarf an Ökobilanzdaten
Aus den genannten Gründen ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach detaillierten Ökobilanzdaten über die gesamte Lieferkette künftig immer größer werden wird. Einerseits stellen Datennutzer wie Planer und Auditoren beispielsweise für die Nachhaltigkeitszertifizierung von Gebäuden immer höhere Ansprüche an die Datenqualität. Andererseits zeichnet sich ab, dass auch der Gesetzgeber die Bedeutung der Zulieferer erkannt hat. So sind im Entwurf der neuen europäischen Bauprodukteverordnung schon Regelungen vorgesehen, die auch Zulieferer von Bauprodukten zur Bereitstellung und Verifizierung von Daten über den ökologischen Fußabdruck ihrer Erzeugnisse in die Pflicht nehmen. Während im Allgemeinen ein direkter Vergleich verschiedener Produkte anhand ihrer EPDs aus unterschiedlichen Gründen nicht zu empfehlen ist, kann dies im Fall von Rohstoffen, die zur Herstellung von Baumaterialien dienen, sinnvoll sein, sofern beide Produkte in jeder Hinsicht funktional gleichwertig sind.
Dies gilt insbesondere für Eisenoxidpigmente, die für die Einfärbung von Farben und Lacken verwendet werden. Als erster Rohstofflieferant von synthetischen Eisenoxidpigmenten hat Lanxess für ausgewählte Pigmentprodukte im vergangenen Jahr EPDs eingeführt und wird dieses Angebot demnächst auf die gesamte Palette seiner Rot-, Gelb- und Schwarzpigmente, die am deutschen Standort hergestellt werden, ausweiten. Das Unternehmen teilt die Einschätzung, dass mittelfristig alle Rohstoffe zur Herstellung von Baustoffen eine EPD-Verifizierung benötigen werden. Denn die Informationen über die Umweltauswirkungen von Produkten in EPDs mittels einheitlicher Bewertungsparameter können solchen Rohstoffherstellern, die kontinuierlich in umweltschonende Produktionsprozesse investieren, einen Wettbewerbsvorteil ermöglichen.
Die chemische Synthese von Eisenoxidpigmenten zum Beispiel ist grundsätzlich energieintensiv. Wir haben für die Zukunft einen Fahrplan festgelegt, um den CO2-Ausstoß mittels neuer Technologien und durch den Wechsel auf grünen Strom bis 2030 um rund 50 % zu senken.
EPDs für Rohstoffe können dabei die Grundlage für einen fairen Vergleich bilden und die Möglichkeit schaffen, Emissionen entlang der Wertschöpfungskette effektiv zu senken. Gelingen kann dies letztlich jedoch nur, wenn die eingesetzten Rohstoffe hinsichtlich ihres Öko-Profils nach dem Bestanbieter-Prinzip ausgewählt werden. EPDs bieten eine glaubwürdige und standardisierte Grundlage für den Vergleich von Produkten verschiedener Rohstofflieferanten.
Von der Theorie in die Praxis
Grundsätzlich werden Produkte mittels einer EPD ganzheitlich hinsichtlich aller Umweltauswirkungen bilanziert. Der Fokus liegt derzeit stark auf dem ausgewiesenen Product Carbon Footprint (PCF). Eisenoxidpigmente, für die eine EPD vorliegt, haben einen PCF von ca. 1,5 bis 2,5 kg CO2-Äquivalent (CO2e) pro Kilogramm Produkt. Dieser Wert kann nun mit dem von Produktalternativen verglichen werden – vorausgesetzt, dass eine EPD vorliegt. Ist dies nicht der Fall, müssen generische Werte herangezogen werden, die aber häufig einen unspezifischen Mittelwert darstellen und zudem fehlerbehaftet seien können. Für anorganische Pigmente wurde dieser Mittelwert vor einigen Jahren von einem Verband der Mineralfarbenindustrie mit rund 6 kg CO2e pro Kilogramm Produkt ± 50 % angegeben – in Abhängigkeit vom Herstellungsverfahren. Durch den direkten Vergleich kann der Kunde nun entscheiden, welchen ökonomischen Wert er dem Produkt mit der besseren Umweltbilanz beimisst.
Ein weiteres Beispiel für unsere Nachhaltigkeitsbemühungen: Kürzlich wurde beschlossen, granulierte Gelbpigmente der „Bayferrox“-Reihe künftig auch mit „grüner“ Natronlauge herzustellen. Der Lieferant dieses wichtigen Rohstoffs stellt die Lauge auf der Basis erneuerbarer Energien her. Sie wird im sog. Fällungsprozess eingesetzt, bei dem sehr hochwertige Gelbpigmente mit besonderen Eigenschaften wie hoher Farbstärke und Hitzestabilität entstehen. Dank des „grünen“ Rohstoffs werden die CO2-Emissionen bei der Herstellung dieser Produktgruppen um bis zu 40 % pro Kilogramm Pigment reduziert. Aufgrund ihrer besonderen Nachhaltigkeit beabsichtigen wir, das Umweltprofil dieser neuen Gelbpigment-Produktgruppe zu verifizieren.