Energiesparen: Unternehmen müssen handeln
Die festgelegten Maßnahmen zielen vor allem auf Unternehmen, öffentliche Gebäude und private Haushalte ab. Verantwortliche müssen die neuen Forderungen identifizieren und wirksam umsetzen. Sie können dabei die Chance nutzen, ihren Energieverbrauch zu senken und sich auf den Weg zur Klimaneutralität machen. Der folgende Beitrag beleuchtet die Forderungen an Unternehmen und zeigt Möglichkeiten zur energieeffizienten Herstellung von Farben und Lacken.
Neue Pflichten für Unternehmen
Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) gilt seit dem 1.9.2022 und hat eine Geltungsdauer von 6 Monaten. Die zweite Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) trat am 1.10.2022 in Kraft und gilt 24 Monate.
Kurzfristige Maßnahmen nach EnSikuMaV (vorauss. bis 28.2.2023)
Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten gelten grundsätzlich die Regelungen der ASR A3.5 Raumtemperatur. Die neue Verordnung legt für Unternehmen nun zeitlich befristet neue Mindestwerte fest, die sich überwiegend um 1 Grad Celsius von den bisherigen Werten unterscheiden. Die Lufttemperaturen können – müssen jedoch nicht – auf die neuen Werte abgesenkt werden.
Obwohl die Pflicht, dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen wie z.B. Durchlauferhitzer grundsätzlich auszuschalten, wenn sie überwiegend zum Händewaschen vorgesehen sind, nur in öffentlichen Gebäuden gilt, können mit dieser Maßnahme auch Unternehmen den Energieverbrauch fürs Händewaschen deutlich senken. Denn die Wassertemperatur hat keinen Einfluss darauf, ob die Hände von Bakterien, Pilzen und Viren befreit werden. Viel wichtiger sind Dauer des Händewaschens und gründliches Einseifen.
Mittelfristige Maßnahmen nach EnSimiMaV (vorauss. bis 30.9.2024)
Unternehmen mit einem Gesamtenergieverbrauch von mehr als 10 Gigawattstunden pro Jahr (Durchschnittswert der letzten drei Jahre) sind in der Pflicht, die in den Energieaudits nach EDL-G, Energie- oder Umweltmanagementsystemen konkreten identifizierten und als wirtschaftlich durchführbar bewerteten Maßnahmen umzusetzen, um die Energieeffizienz in ihrem Unternehmen unverzüglich zu verbessern, z.B. durch Einsatz von LED, Optimierung von Arbeitsabläufen, u.ä. Diese Maßnahmen müssen spätestens innerhalb von 18 Monaten umgesetzt werden.
Wärmeerzeugungsanlagen sollen regelmäßig optimiert werden durch:
- Absenkung der Vorlauftemperatur oder Optimierung der Heizkurve bei groben Fehleinstellungen
- Aktivierung der Nachtabsenkung, Nachtabschaltung oder andere, zum Nutzungsprofil sowie zu der Umgebungstemperatur passende Absenkungen oder Abschaltungen der Heizungsanlage und Information des Betreibers dazu, insbesondere zu Sommerabschaltung, Urlaubsabsenkungen, Anwesenheitssteuerungen
- Optimierung des Zirkulationsbetriebs unter Berücksichtigung geltender Regelungen zum Gesundheitsschutz
- Absenkung der Warmwassertemperaturen unter Berücksichtigung geltender Regelungen zum Gesundheitsschutz
- Absenkung der Heizgrenztemperatur, um die Heizperiode und -tage zu verringern
- Information des Gebäudeeigentümers oder Nutzers über weitergehende Einsparmaßnahmen
- Ergebnisse dokumentieren.
Gaszentralheizungssysteme in Nichtwohngebäuden (im Anwendungsbereich des Gebäudeenergiegesetzes), also u.a. Firmengebäude ab 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche müssen bis zum 30.09.2023 hydraulisch abgeglichen und die Ergebnisse dokumentiert werden.
Umsetzung im Unternehmen
Die Analyse des Energieverbrauchs ist für Unternehmen der erste Schritt zum Energiesparen. Im Rahmen eines Energie- oder Umweltmanagementsystems können erforderliche Maßnahmen – auch auf Grundlage der beiden neuen Verordnungen – abgeleitet und systematisch umgesetzt werden.
Unternehmen, die bereits Energieaudits nach dem Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G), Energie- oder Umweltmanagementsystemen durchgeführt haben, sollten festgelegte Maßnahmen an die neuen Forderungen anpassen, neu priorisieren und zügig umsetzen.
Unternehmen können ihren Energieeinsatz kurz-, mittel- und langfristig senken u.a. durch folgende Maßnahmen: Effizientes Kühlen bzw. Heizen, effiziente Elektromotoren für Rührwerke sowie Dispergierungswerkzeuge, beheizte Tanks möglichst innen lagern, Leistungsspitzen durch Lastmanagement vermeiden, Stand-by-Betrieb vermeiden, Abwärme von Maschinen und Prozessen nutzen, beheizte Anlagen isolieren, Druckluftkompressoren ausschalten.
Bei der Beschaffung sollte Energieeffizienz als Kriterium festgelegt werden, z.B. wenn neue Anlagen angeschafft werden müssen. Auch Investitionen in energieeffiziente Beleuchtung, Bewegungsmelder oder schnelllaufende und selbstschließende Tore gegen Wärmeverlust rechnen sich.
Wichtiger Partner beim Energiesparen sind schließlich die Beschäftigten: Gelingt es, sie zu nachhaltigem Handeln zu motivieren, können durch bloße Verhaltensänderung bis zu 20 % Energie für Beleuchtung und Wärme eingespart werden.
Um Einsparpotenziale entlang des gesamten Prozesses der Herstellung von Farben und Lacken zu erkennen, können Unternehmen von Beispielen für Best-Practice profitieren und prüfen, ob sie im eigenen Betrieb umsetzbar sind. Dazu gehören u.a. Projekte zur Energierückgewinnung im Produktionsprozess, Energie- und Ressourcenoptimierung durch elektronische Steuerungen sowie eine Datenbank mit über 500 Praxisbeispielen, wie Unternehmen ihre Beschäftigten für Nachhaltigkeit gewinnen können (www.mimona.de).
Und mit dem Ressourcencheck „Herstellung von Farben und Lacken“ (Quelle: www.ressource-deutschland.de) entdecken Nutzer mit wenigen Klicks Einsparpotenziale für Energie und Material und erhalten Hinweise zum Einbinden ihrer Beschäftigten.
Farben und Lacke klimaneutral herstellen
Organisationen, die klimaneutral werden wollen, beginnen mit dem Ermitteln aller Treibhausgas-Quellen (CO2-Bilanz). Sie können dabei von Fördergeldern profitieren, denn das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert die Planung und Umsetzung der Transformation zur Treibhausgasneutralität. Gefördert werden Unternehmen aller Branchen und Größen, die Fördersumme beträgt max. 80.000 EUR.
Dabei werden für KMU 60 % (sonst 50 %) der Kosten übernommen für (Quelle: BMWK):
- die Erstellung und Zertifizierung einer CO2-Bilanz für einen oder mehrere Standorte eines Unternehmens oder einer Gruppe von Unternehmen oder Unternehmensstandorten (Konvoi), für Standorte innerhalb Deutschlands
- die Kosten für Energieberater und andere Beratungskosten inklusive Einführung von Umsetzungsprozessen im Unternehmen (Klimaschutzmanagement)
- die Kosten für erforderliche Messungen, Datenerhebungen und Datenbeschaffungen, möglicherweise in Kombination mit einem Antrag in Modul 3 der EEW (Mess- , Steuer- und Regelungstechnik, Sensorik und Energiemanagementsoft)
- mögliche weitere Kosten, die im Zusammenhang mit der Erstellung des Transformationskonzeptes entstehen.
Weitere Informationen zur Förderung von Transformationskonzepten gibt es hier.
Fazit
Die neuen Forderungen zum Energiesparen bieten Unternehmen die Chance, ihren Energieverbrauch genau unter die Lupe zu nehmen und Einsparpotenziale zu identifizieren. Best-Practice-Beispiele und branchenspezifische Informationen liefern dazu nützliche Hinweise. Die Reduzierung des Energieverbrauchs spart nicht nur Kosten, sondern erhöht die Versorgungssicherheit für alle. Eine Transformation zum klimaneutralen Unternehmen ist der nächste logische Schritt, denn Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein.