Ein Überblick über UK-REACH

Eine der größten Änderungen durch den Brexit ist die eigene Chemikaliengesetzgebung: UK-REACH.


UK-REACH ist seit dem 1. Januar 2021 in Großbritannien in Kraft getreten Image source: Feydzhet Shabanov - stock.adobe.com

Seit dem 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich (United Kingdom, UK) aus der Europäischen Union (EU) ausgetreten, jedoch nicht vollständig. Zu UK gehören England, Schottland, Wales (zusammen: Großbritannien, GB) und Nord­irland (NI). Für NI wurden Sonderregelungen beschlossen (NI-Protokoll). So gilt in NI z.B. zoll- und chemikalienrechtlich weiterhin EU-Recht. Des Weiteren wurden die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen Ende Dezember 2020 erfolgreich abgeschlossen und dessen Anwendung vorläufig zugestimmt.

Trotz des Freihandelsabkommens ist eine der größten Änderung die eigene Chemikaliengesetzgebung: UK-REACH. Hierbei handelt es sich um eine Kopie des EU-REACH, sodass die meisten rechtlichen Regelungen identisch sind. Änderungen und nicht abgeschlossene Verfahren (z.B. Zulassungen) werden ab dem 1. Januar 2021 nicht automatisch in UK-REACH übernommen.

Die zuständige britische Behörde ist die Health and Safety Executive (HSE). Es müssen alle in GB gehandelten Chemikalien ab 1 Jahrestonne unter UK-REACH neu registriert werden, es sei denn sie sind von der Registrierung ausgenommen. Für die Registrierung gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • GB-Firmen können vom Grandfathering-Prozess profitieren und ihre ehemaligen EU-REACH-Registrierungen unter UK-REACH notifizieren. Sie haben dafür 120 Tage Zeit und müssen zunächst nur grundlegende Daten einreichen. Eine ggf. übertragene EU-Registrierung bleibt hiervon unberührt.
  • GB-Firmen, die vorher nachgeschaltete Anwender waren, können zur Wahrung ihrer Lieferkette eine Downstream User Import Notification (DUIN) durchführen. Sie haben hierfür 300 Tage Zeit und werden damit zu Importeuren. Auch sie müssen zunächst nur grundlegende Daten einreichen.

Nach der Notifizierung durch GB-Firmen müssen innerhalb von 300 Tagen plus 2–6 Jahre nach Austritt des UK vollständige technische Dossiers eingereicht werden. Im Grandfathering-Prozess erhebt die HSE keine Gebühren. DUIN gelten als Neuregistrierungen und sind voll gebührenpflichtig, falls der Prozess abgeschlossen wird.

Nicht GB-Firmen (Hersteller/Formulierer/Artikelproduzenten) können einen in GB ansässigen Alleinvertreter (only representative, OR) benennen. Für bereits vor dem 1. Januar 2021 importierte und EU-REACH-registrierte Stoffe kann der OR, im Namen der nachgeschalteten Anwender, eine DUIN einreichen. Für alle anderen Stoffe muss die Registrierung sofort und ohne Übergangsfrist mit den entsprechenden Gebühren erfolgen.

Was ist „Comply with UK-REACH”?

Das UK-REACH-IT-System heißt „Comply with UK-REACH” und ist seit dem 1. Januar 2021 online. Um sich bei diesem Dienst anzumelden, muss sowohl ein „Government Gateway“-Konto als auch ein „Defra“-Konto für GB-Firmen erstellt werden. In GB ansässige OR müssen zunächst ein „übergeordnetes“ Konto („parent“ account) für sich und anschließend „untergeordnete“ Konten („child“ accounts) für ihre zu vertretenen juristischen Personen einrichten. Eine entsprechende Anleitung dazu wurde seitens der HSE veröffentlicht.

Über diesen Dienst werden nur Einreichungen von i6z-Dossierdateien (ab IUCLID Version 6) akzeptiert.

Wofür kann der Dienst „Comply with UK-REACh verwendet werden?

Dieser Dienst kann u. a. für folgende Tätigkeiten genutzt werden:

  • „Grandfathering“-Prozess
  • UK-REACH-Registrierung oder DUIN
  • Nordirland-Meldung
  • LE Change: Übertragung z. B. von Registrierungen auf eine andere juristische Person.

Sicherheitsdatenblätter

Bezüglich der Klassifizierung und Kennzeichnung (classification & labelling, C&L) von Stoffen/Produkten wird die CLP-Verordnung der EU in eine UK-CLP-Verordnung gespiegelt. Daher gilt seit dem 1. Januar 2021, dass der GB-Importeur auf dem Sicherheitsdatenblatt eingetragen werden muss. Zusätzlich kann z.B. auch der nicht GB-Hersteller/Formulierer angegeben werden, solange dies nicht zu Verwirrungen führt. Zu beachten ist, dass es für diese Regelung seitens der britischen Regierung keine Übergangsfristen gibt.

Meldungen an Giftinformationszentren

Im Vereinigten Königreich gibt es unter UK-REACH eine gebührenfreie und auf Freiwilligkeit basierende Art der Produktmeldung (poison center notifications, PCN) von als gefährlich eingestuften Gemischen. Die nach UK-CLP geforderten Unterlagen können mittels eines Sicherheitsdatenblattes an die zuständige Behörde, The Birmingham Unit of the National Poisons Information Service (NPIS), übermittelt werden.

Nordirland-Protokoll

Für die Dauer des NI-Protokolls bleibt NI Teil des EU-Regulierungssystems für Chemikalien, um einen reibungslosen Warenverkehr innerhalb der Insel Irland zu gewährleisten, während es im britischen Zollgebiet verbleibt. Nordirische Unternehmen werden ihren derzeitigen EU-REACH-Status und ihre Verpflichtungen beibehalten.

Zu beachten ist die sogenannte Nordirland-Meldung (Northern Ireland notification, NIP-NOTS). Diese ist für GB-Importeure oder nachgeschaltete Anwender von „qualifizierten nordirischen Waren“ (Qualifying Northern Ireland Goods, QNIGs) relevant. Die britischen Behörden haben hierzu eine detaillierte „QNIG“-Anleitung (www.gov.uk/guidance/placing-manufactured-goods-on-the-market-in-northern-ireland) veröffentlicht. Weitere Informationen zu den einzureichenden Informationen und allgemein zu den NIP-NOTS, können unter www.hse.gov.uk/reach/northern-ireland.htm eingesehen werden.

Wo finde ich was?

Aktuell sind die Rechtstexte zu UK-REACH, UK-CLP etc. noch nicht als überarbeiteter Text verfügbar. Diese werden vermutlich auf der Seite der HSE (www.hse.gov.uk/reach/index.htm) bzw. der Rechtstext-Datenbank des Vereinigten Königreiches (www.legislation.gov.uk/) zur Verfügung gestellt. Aktuell stehen nur die „Änderungsverordnung“ der EU-REACH- (www.legislation.gov.uk/ukdsi/2020/9780348213300/introduction) bzw. die „Änderungsverordnung“ der CLP-Verordnung (www.legislation.gov.uk/uksi/2019/720/contents/made) zur Verfügung.

Handlungsempfehlung

UK-REACH ist seit dem 1. Januar 2021 in Großbritannien in Kraft getreten. Wir empfehlen Ihnen, Ihre Rolle zu prüfen und notwendige Schritte zur Aufrechterhaltung Ihrer Lieferkette durchzuführen. Klären Sie, welche Möglichkeiten Ihnen für eine Registrierung bzw. Meldung Ihrer Substanzen/Produkte zur Verfügung stehen und behalten Sie dabei die vorhandenen Fristen im Blick

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