Zecken-„Zement“ als biologischer Klebstoff für menschliches Gewebe
Zecken sind dafür bekannt, sich fest in der Haut zu verankern, um so für mehrere Tage Blut saugen zu können. Dieser Verankerungsmechanismus wirkt deshalb so gut, weil er auf einer zementartigen Substanz beruht und mit enormen Klebeeigenschaften wie ein Haftdübel für die Mundwerkzeuge der Zecken funktioniert. Forscher wollen diesen „Zecken-Zement“ erstmals erforschen und chemisch nachgebaut für die Biomaterialforschung nutzbar machen.
Bestehende Klebstoffe teilweise toxisch
Im Rahmen des Bioadhäsions-Projekts, das zugleich Teil des europäischen Netzwerks „Cost“ ist, untersucht Sylvia Nürnberger von der Universitätsklink für Unfallchirurgie gemeinsam mit Martina Marchetti-Deschmann von der Technischen Universität Wien die Zusammensetzung des natürlichen Dübels der Zecken und wie er als Vorlage für neue Gewebekleber dienen könnte. „Die derzeit verwendeten Gewebekleber in der Chirurgie, die etwa bei schweren Hautverletzungen oder Leberrissen verwendet werden, sind teilweise toxisch“, erklären Forscherinnen. Biologische Alternativen wären deshalb optimal.
300 Zecken unter der Lupe
Das Forschungsprojekt soll dazu beitragen, neue Alternativen und Anwendungen zu bestehenden Klebstoffprodukten für Haut, Knorpel, Bänder oder Sehnen zu finden. Derzeit werden rund 300 Zecken aus Österreich und deren „Zement“ analysiert und untersucht. Dabei stechen die Tiere durch eine hautähnliche Membran, wobei der Klebstoff abgesondert und ausgehärtet wird. Noch in diesem Jahr sollen in Südafrika Riesenzecken für diesen Zweck untersucht werden.
Andere Klebstoffspender zu schwach
Mit den Haftfäden der Miesmuschel, deren Haftmolekül DOPA (eine Veränderung der Aminosäure Tyrosin) sich bereits in der präklinischen Testphase befindet, ist es internationalen Forschergruppen bereits gelungen, alternative Klebstoffe nachzubauen und herzustellen. „Der DOPA-Haftmechanismus ist aber aufgrund der geringen Haftstärke nicht für alle medizinischen Bereiche geeignet, sodass weiterhin Bedarf an neuen Klebstoffen besteht“, erklärt Nürnberger. Weitere potenzielle „Klebstoffspender“ sind u. a. Seegurken, die Klebstofffäden auf ihre Beute schleudern; Salamander-Arten, die blitzschnell aushärtenden Klebstoff aus Hautdrüsen absondern, wenn sie angegriffen werden, oder Insektenlarven, die Fangfäden produzieren und Krebse, die sogar unter Wasser „kleben“ bleiben.