Bewuchs mit Non-Fouling-Beschichtungen verhindern
Eingeladen hatte das Institute of Materials and Process Engineering (IMPE) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Die Präsentationen teilten sich je zur Hälfte in solche aus Industrie und Hochschule auf. Die Veranstaltung wird auch im Juni 2018 wieder durchgeführt.
Biozide und biophobe Beschichtungen
Eine der wichtigsten Aufgaben für funktionelle Beschichtungen ist das Abweisen von biologischem Bewuchs. Non-Fouling Beschichtungen finden ihre Anwendung im Schiffsbau, um Unterwasserschiffe vor reibungsvergrößerndem Algen- und Muschelbewuchs zu schützen, in der Medizin, um Keime auf invasiven Materialien abzutöten oder im Hausbau, um Schimmel und Pilze zu verhindern. Eigentlich beinhaltet der Ausdruck „NonFouling“ auch Beschichtungen, die nicht-biologisches Material (Schmutz) abweisen, die wichtigste Untergruppe bilden jedoch die bioziden und biophoben Beschichtungen.
Organische Nonfouling Beschichtungen
(Sonja Neuhaus, Fachhochschule Nordwestschweiz)
Unter Biofouling versteht man eine schrittweise Belagerung von Oberflächen, angefangen mit Proteinen über Bakterien bis hin zu großen Organismen wie Muscheln und Algen. Chemische non-fouling Strategien kann man in abbauende (biozide) und abweisende (biophobe) Mechanismen unterteilen. Ausgewählte Beispiele für solche Strategien wurden vorgestellt mit Schwerpunkt Elektronenstrahl induziertem Pfropfen von Oberflächen mit, beispielsweise, Polyethylengycol, einem biophoben Material.
Substances of very high concern
(Thomas Gude, SQTS swiss quality testing services)
Im Rahmen von REACH werden diese bewertet und reguliert. Bis jetzt sind nur 173 Chemikalien (von ungefähr 30.000) erfasst worden – REACH ist also eine Sisyphus-Aufgabe. Die Neuzulassung eines Biozids kostet mehrere 100.000 CHF, eine Auslage die sich nur sehr große Firmen leisten können. Obwohl ausgesprochen notwendig und wichtig ist REACH deshalb ein Hemmschuh in der Entwicklung neuer biozider Beschichtungen.
Antimikrobielle Beschichtungen
(Matthias Buhmann, EMPA)
An der Empa gibt es ein Programm, das Bakterien auf Oberflächen verstehen, modellieren und kontrollieren will. Die Besiedelung von Oberflächen mit Bakterien und die Biofilmbildung sind komplexe Phänomene, die die Natur in Jahrmillionen perfektioniert hat. So sind Bakterien im Biofilm geschützt, es braucht eine 1000-Mal höhere Antibiotikadosis um sie dort abzutöten. Übliche Labortests auf antimikrobielle Eigenschaften von Oberflächen – durchgeführt mittels Auftragen von exponentiell wachsenden Bakterienkulturen – werden dem komplexen Phänomen des Biofilms nicht gerecht. Für ein aussagekräftiges Biofilm in vitro Modell sollte die Situation der Anwendung genauestens untersucht werden.
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Anti-biofilm coatings for dental implants
(Anna Arvidsson, Dentsply Sirona)
Zahnimplantate sollen fehlende oder ausgezogene Zähne ersetzen. Obwohl die Technologie sehr sicher ist, leiden etwa 10 % aller Menschen 5-10 Jahre nach dem Eingriff an peri-implantitis (Entzündungen). Es resultieren Beeinträchtigungen wie Gewebeschädigungen, verringerter Essens- und Sprechfähigkeit, Schmerzen und psychische Probleme. Die spezielle Situation bei Zahnimplantaten verlangt eine hohe mechanische und chemische Stabilität der biofilmreduzierenden Beschichtung. Zum Beispiel werden mit Doxycyclin (ein Antibiotikum) beschichtete Oberflächen verwendet. Auch glasartige Beschichtungen kommen zum Einsatz. Titannitrid ist ein ästhetisch ansprechendes Material, auf dem sich weniger Plaque ansammelt. Die optimale anti-biofilm Strategie muss noch gefunden und in klinischen Studien bewiesen werden.
Inorganic nanoparticles as biomimetic antifouling additives
(Wolfgang Tremel, Johannes Gutenberg Universität)
Algen nutzen sekundäre Metabolite um sich gegen Biobewuchs zu schützen. Halogenierte Stoffwechselprodukte verhindern Biofouling, sind aber nicht toxisch. Anorganische Nanopartikel aus Vanadiumpentoxid oder Cerdioxid werden verwendet, um katalytisch halogenierte organische Verbindungen zu erzeugen. Beschichtungen, die diese anorganischen Nanopartikel enthalten, wirken also biomimetisch. Im Gegensatz zu Vanadiumpentoxid, das mit der Zeit giftige lösliche Vanadate bildet, ist Cerdioxid wasserunlöslich und deshalb nicht ökotoxisch. In Feldversuchen in der Maas und im Indischen Ozean wurde gezeigt, dass Beschichtungen, welche 2 % Cerdioxid enthalten, den Biobewuchs verhindern können.
Silver-based antimicrobial compound
(Priscilla Brunetto, Uni Fribourg)
Silberionen, die langsam von metallischem Silber im Kontakt mit Wasser abgegeben werden, wirken bakteriozid, sind aber für Menschen wenig toxisch. Dieser Effekt wird seit langem in silberhaltigen Beschichtungen, Textilien und medizinischen Implantaten angewendet. Weil Silberionen Bakterien nach verschiedenen Mechanismen schädigen, ist es für diese schwierig, Resistenzen zu entwickeln. Die Wirkmechanismen von Silberionen zur Abtötung von Bakterien sind: Zerstörung der Zellmembran, Inhibierung der Proteinfunktion und -synthese, DNA-Schädigung und Verhinderung der Zellatmung. Verschiedene silberbasierte Beschichtungen wurden vorgestellt. Silber-Vancomycin (ein Antibiotikum) Hybridbeschichtungen sind besonders effektiv für kurzzeitigen Schutz. Anorganische Nanocontainer aus Quarz, Cerdioxid oder Titandioxid wurden erfolgreich eingesetzt um Silber zu verkapseln und eine kontrollierte, langfristige Freigabe zu gewährleisten.
Medical antimicrobial PVD coating innovations
(Canet Acikgöz, Oerlikon Balzers Coating AG)
Die physikalische Gasphasenabscheidung (PVD) ist geeignet, um dünne, antimikrobielle Schichten auf verschiedenen Materialien zu erzeugen. Medizinische Instrumente, wie Werkzeuge zur Zahn- und Knochenbehandlung, können so biozid ausgerüstet werden. Mit Silber dotierte Titannitridbeschichtungen sind biokompatibel, hart, abrasionsbeständig, antibakteriell und können auf Stahl aufgebracht werden. Das Ziel ist die Entwicklung von mit Silber dotierten Titannitridbeschichtungen, um die im Krankenhaus erworbenen Infektionen zu reduzieren. Die Freilassungskinetik der Silberionen kann durch die Beschichtungsarchitektur (Mehrschichtensystem) eingestellt werden. Die Beschichtungen haben keinen zytotoxischen (zellschädigenden) Effekt.
Non-fouling of 5D micro-structured cell-culture plates
(Samuele Tosatti, SuSoS AG)
Um aus menschlichen Stammzellen regenerativ-medizinisch verwendbare Strukturen zu züchten, die menschliche Zellen, Gewebe oder Organe ersetzen können, braucht es geeignete Container. Diese müssen so beschichtet sein, dass sie die Multipotenz der Stammzellen nicht beeinträchtigen. Es braucht also non-fouling Oberflächen, auf denen die Zellen ungestört wachsen können. Dies wird durch Polvinylpyrrolidon (PVP) haltige Beschichtungen erreicht. PVP verhindert die unspezifische Haftung von biogenem Material wie Proteinen, Viren, Bakterien und Zellen. Die Herausforderung ist, PVP auf dem Containermaterial fest zu verankern. Durch die Verwendung von photochemisch wirksamen Haftvermittlern auf Basis der Azid/Nitren-Chemie wurde das Problem gelöst. PVP konnte kovalent an das Plastikmaterial der Container gebunden werden. Das fertige Produkt besteht aus einer Multiwellplatte mit zellfreundlicher Oberfläche, die eine ultraniedrige Zellhaftung aufweist.