Aus heimischer Holzrinde Kleb- und Verbundstoffe herstellen

Die Rinde heimischer Nadelhölzer hat in der Holzindustrie den Ruf eines Abfallproduktes. Ein Forscherteam hat ein Verfahren entwickelt, um aus dem Material hochwertige Tannine zu gewinnen, die als Grundlage zur Herstellung von Kleb- und Verbundstoffen dienen.

Der Fichtenwald als Rohstoffquelle zur Herstellung von Kleb- und Verbundstoffen. Quelle: Pixabay -

Bereits heute werden zur Herstellung von Holzklebstoffen Tanninextrakte verwendet. Diese stammen jedoch meist aus Rinden tropischer Holzarten und werden in Übersee produziert. Rinden europäischer Nadelhölzer bleiben bei der kommerziellen Tanningewinnung außen vor.

Klebstoffe zur Plattenherstellung

Daran stören sich Forscher der Berner Fachhochschule (BFH) im schweizerischen Biel schon länger. Ihnen ist es gelungen, aus einheimischer Fichtenrinde in einem zweistufigen wässrigen Extraktionsverfahren Tannine mit beachtlichem Reinheitsgrad zu gewinnen. Mit diesen Extrakten setzten sie sich dann hinter die Rezeptur von Klebstoffen für Faser- und Spanplatten. Die gewonnenen Erkenntnisse stimmen zuversichtlich: Mit den Extrakten aus Fichtenrinde lassen sich unter Zugabe von Wasser Klebstoffe mischen, die zur Plattenherstellung grundsätzlich geeignet sind.

Kommt ohne Formaldehyd aus

Zudem kommen die im Technikumsmaßstab gefertigten Plattenmuster ohne Zusatz von Formaldehyd aus, das in verleimten Holzwerkstoffen üblicherweise vorkommt und wegen seiner schädlichen Wirkung verpönt ist. Forscher Frédéric Pichelin: „Wir lösen zwei Probleme quasi mit einem Streich: Wir substituieren synthetische und erdölbasierte Klebstoffe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe und wir beseitigen gleichzeitig gesundheitsschädigende Emissionen in den gängigen Holzfaser- und Spanplatten.“

Höherer Reinheitsgrad erwünscht

Das Forschungsteam treibt seine Rindenverwertungsideen in Richtung industrieller Umsetzung voran. Da die gängigen Tanninextrakte aus Übersee diejenigen aus Fichtenrinde bezüglich Festigkeit und Wasserbeständigkeit von verklebten Holzwerkstoffen noch etwas übertreffen, wird weiter an einem höheren Reinheitsgehalt der heimischen Extrakte gearbeitet. Dies geschieht mit der Entwicklung besserer Extraktionstechniken. Zudem soll die noch zu große Variabilität der Tanninausbeuten verringert und damit deren Reproduzierbarkeit erhöht werden. Beides sind Grundvoraussetzungen für die nötige Hochskalierung der Verfahren zur industriellen Reife.

Rindenextrakte für den 3D-Druck

Bereits heute werden aus Rinden extrahierte Tannine nicht nur zur Verklebung von Holzwerkstoffen sondern auch von anderen Faserstoffen verwendet. Zusätzliches Potenzial sehen die Holzforschenden auch in tanninbasierten Schäumen für Plattenwerkstoffe im Leicht- und Möbelbau. Tanninschäume zeichnen sich unter anderem durch hohen Brandwiderstand aus, was den Einsatz entsprechender Produkte in brandschutzsensiblen Bereichen befördern wird. Darüber hinaus spielen die Tanninextrakte eine große Rolle in der Entwicklung von Verbundstoffen für den 3D-Druck. Den Forschenden schweben druckbare Bau- und Designwerkstoffe vor, die ganz oder hautsächlich auf Holz und Rinde basieren.

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