Auf der Spur der Zementformel

Für eine Forscherin ist Zement mehr als ein gewöhnlicher Baustoff: Sie arbeitet daran, ihn materialtechnisch und ökologisch zu verbessern. Denn: Zwischen 5 und 8 % des globalen CO2-Aussstoßes gehen auf die Zementproduktion zurück.

Zementforscherin Barbara Lothenbach. Quelle: Empa -

„Der am häufigsten verwendete Zement, der Portlandzement, wird aus Kalkmergel, einem Gemisch von Kalk und Lehm, in einem Brennprozess bei ca. 1450 °C hergestellt. Das ergibt Zementklinker, der dann gemahlen und mit Gips vermischt wird“, erklärt Barbara Lothenbach, Forscherin an der Abteilung Beton und Bauchemie der Empa.

Zementklinker ersetzen

Und Kalkstein enthält große Mengen an gebundenem CO2, das dann beim Brennen in die Atmosphäre entweicht. Es ist aber genau das im Kalkstein enthaltene Kalziumoxid, das Portlandzement viele hervorragende Eigenschaften verleiht. Die Forscherin interessiert vor allem, wie Emissionen verringert werden können, unter anderem, indem man Zementklinker durch alternative Materialien wie Flugasche aus der Kohleverbrennung oder Schlacke aus den Eisenhochöfen ersetzt. Flugasche und Schlacke enthalten jedoch weitaus mehr Aluminium als Portlandzement, und dieses verringert wiederum die Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Zements.

Umwelteinflüsse berücksichtigen

Zudem reagieren verschiedene Zementarten ganz unterschiedlich auf Umwelteinflüsse wie Wasser, Wind, Temperatur oder – beispielsweise im Tunnelbau – die Zusammensetzung des Grundwassers. „Je besser wir die Zusammenhänge auf chemischer Ebene verstehen, umso effizienter und vor allem umweltschonender können wir Zement herstellen und in der Praxis einsetzen, etwa Zement mit einem höheren Anteil an Flugasche, Schlacke oder anderen vielversprechenden Materialien wie calcinierte Tone oder sogar ungebrannter Kalkstein“ sagt Lothenbach, die für ihre Forschung in der Zementchemie kürzlich als „Distinguished Senior Researcher“ ausgezeichnet wurde.

Langzeitverhalten noch unerforscht

Doch selbst wenn neue Zementarten eine gute Festigkeit und Dauerhaftigkeit zeigen, ist der Weg in die Praxis lang und benötigt den Nachweis, dass diese Zemente auch allen Einflüssen standhalten können. Denn welcher Ingenieur will schon seine Brücke mit Materialien bauen, über die noch keine Erfahrungswerte vorliegen? Während die Industrie beim Portlandzement auf eine mehr als hundertjährige Erfahrung zurückblicken kann, muss das Wissen über derartige neue Materialien noch erweitert werden, vor allem was das Langzeitverhalten betrifft.

Weitere Ersatzmaterialien in der Entwicklung

Auch die Industrie ist aktiv daran, weitere Ersatzmaterialien nebst Flugasche und Schlacke zu finden. Vor allem Zemente auf Basis von Kalziumsulfoaluminaten sind in Entwicklung. Der daraus entstehende Zement benötigt im Vergleich zu Portlandzement weniger Kalkstein in der Herstellung und wird bei ca. 200 °C tieferen Temperaturen gebrannt. Dadurch sinken die CO2-Emissionen; allerdings kann der Zement bei falscher Zusammensetzung eine Volumenausdehnung zeigen, was bei Bauwerken eine Rissbildung zur Folge hätte, wie Lothenbach erklärt. Sie und ihr Team arbeiten regelmäßig mit Industriepartnern zusammen, die ihr Produkt verbessern oder für bestimmte Probleme wappnen möchten. Eines der Projekte befasst sich mit Magnesiumphosphat-Zement, der unter anderem als Reparaturmörtel eingesetzt werden kann.

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