Ein Fall für Zwei: Philipp und Julian Utz im Porträt
Das doppelte Lottchen und ähnliche Anspielungen treffen bei den Brüdern Utz nicht zu. Das wollten beide auch nie. „Wir waren nie ‚nur‘ ein Duo. Wir haben noch eine Schwester, die am selben Tag zur Welt gekommen ist. Wir sind also keine Zwillinge, wie fälschlicherweise oft angenommen wird, sondern Drillinge“, sagt Philipp Utz. Im Vorstand der Ulmer Firma sitzt aber das Brüderpaar. Für die Nachfolge im Unternehmen konnte sich die Schwester nicht erwärmen. Sie entschied sich für eine Laufbahn im Auswärtigen Amt. Falls sie aber irgendwann den Einstieg in das Familienunternehmen für sich in Erwägung ziehe, sei die Tür nicht verschlossen, versichern die Brüder.
Getrennte Laufbahnen ab der Schulzeit
Gemeinsamkeiten, die man vielleicht bei Mehrlingskindern vermutet, lassen sich bei Philipp und Julian Utz nicht ausmachen. „Unsere Eltern haben schon sehr früh eine bewusste Entscheidung getroffen, damit wir uns frei entwickeln können und eben nicht ständig als eine unzertrennliche Einheit in unserem Umfeld wahrgenommen werden“, erklärt Julian Utz. Die Schwester wurde bereits ein Jahr früher eingeschult und hatte dadurch den Status der älteren Schwester inne. Auch die beiden Brüder besuchten nicht die gleiche Klasse, sie gingen gar auf unterschiedliche Schulen. „Entgegen dem Klischee, entsprachen wir eher dem Bild von drei Geschwistern, die alle in unterschiedliche Jahrgängen waren. Nur eben, dass wir alle am selben Tag geboren sind“, sagt Julian Utz. Da sie auch nicht eineiig sind, kamen die Geschwister nie in Versuchung, die Umwelt durch Tauschspielchen zum Narren zu halten. Durch diesen Weg bildeten sich auch unterschiedliche Interessen und Freundeskreise.
Nach der Schule absolvieren beide ein Wirtschaftsstudium. Philipp Utz nimmt an der Universität Regensburg sein Studium als Diplom-Kaufmann auf, während Julian Utz an der Universität Zürich studiert, um Diplom-Volkswirt zu werden. Mit dem jeweiligen Abschluss im Jahr 2007 entscheiden sich beide Brüder bewusst nicht in das Familienunternehmen einzusteigen. „Wir verspürten keinen Druck durch unseren Vater. Außerdem habe ich es als Vorteil gesehen, andere Unternehmen und Konstellationen kennenzulernen“, erklärt Philipp Utz. Er war daher zuerst in einer Strategie-Beratungsfirma tätig. Julian Utz arbeitete im Anschluss an das Studium in einem Bankhaus. „Meine ersten Sporen wollte ich mir ebenfalls in einer anderen Branche, als der jetzigen verdienen“, sagt er.
Paralleler Einstieg ins Unternehmen
Der Einstieg ins Unternehmen erfolgte zum 100-jährigen Jubiläum der Firma. „Es gab keinen Druck durch unsere Eltern. Die Option einzusteigen war stets präsent und bezog sich eher auf den richtigen Zeitpunkt“, sagt Philipp Utz. Man könne eh nichts erzwingen und die Nachfolger müssen auch wollen. „Die Überlegung ‚Familienunternehmen als Arbeitgeber‘ kam bei mir erst während dem Studium“, fügt Julian Utz hinzu. Daher sind die Brüder schlussendlich auch auf den Vater zugegangen. Fremdmanagement war für die Geschwister keine Option.
„Unser Vater hatte natürlich unsere Karrieren verfolgt“, sagt Julian Utz, der als Geschäftsführer der Wolff GmbH, einer Marke unter dem Dach der Gruppe, startete. Sein Bruder übernahm die Geschäftsführung der Uzin Utz Manufacturing North America Inc. in den USA. In den vier Jahren baute er die Aktivitäten der Gruppe in Nordamerika aus. Danach führte er die Geschäfte der Pallmann GmbH, einer weiteren Marke in der Gruppe. „Über die Marken und Tochtergesellschaften hatten wir einen guten Einstieg in das Unternehmen“, sagt Philipp Utz. So konnte jeder in seinem Kompetenzbereich agieren und die jeweiligen Stärken ausspielen. Seit Januar 2018 sind die Brüder im Vorstand. Neben den Geschwistern sitzt auch Heinz Leibundgut, ein langjähriger Mitarbeiter, im Vorstand. „Einen Vorsitzenden haben wir bewusst nicht im Vorstand. Alle drei Vorstandsmitglieder stehen gleichberechtigt nebeneinander“, sagt Philipp Utz.
Kein Wettbewerb untereinander
Die Zusammenarbeit mit seinem Bruder sieht Philipp Utz als Vorteil. Man kenne sich eben sehr gut. Auch wenn ab und an hitziger diskutiert wird, komme man stets auf einen Nenner. „Unter uns herrscht kein Wettbewerb. Die Gesellschaftsstruktur der Firma spielt uns hierbei in die Karten“, so Julian Utz. „Unsere unterschiedlichen Charaktere ergänzen sich ganz gut. Ich bin eher ein Kopfmensch bei Entscheidungen und schlafe auch gerne noch eine Nacht darüber“, sagt der 37-Jährige, der wie der ruhigere Part der beiden wirkt. „Das stimmt. Wenn es nicht zu komplexe Themen sind, fälle ich Entscheidungen gerne situativ aus dem Bauch heraus“, fügt Philipp Utz hinzu. Die strategische Ausrichtung und die Unternehmensentwicklung bilden das Ressort, für das sich beide Brüder verantwortlich fühlen. Zudem besteht eine klare Aufteilung der Ressorts innerhalb des Unternehmens. Julian Utz verantwortet Forschung und Entwicklung, Personal- und Recht sowie Produktion, während Philipp Utz dem Vertrieb, Marketing, Einkauf, der Logistik sowie der IT vorsteht.
Individualsport vs. Teamsport
Den größten Teil ihrer Freizeit verbringen die Brüder mit der Familie. Philipp Utz, der verheiratet und Vater eines Sohnes und einer Tochter ist, unternimmt viel mit der Familie an den Wochenenden. „Ich bin zwei bis drei Tage pro Woche unterwegs. Die Zeit mit meiner Frau und den Kindern ist daher sehr kostbar und die genieße ich.“ Julian Utz ist ebenfalls verheiratet, hat aber keine Kinder. „Ich verreise gerne in Europa mit meiner Frau“, sagt er. Dabei geht es hauptsächlich in die Natur. Zu seinen weiteren Hobbys zählt das gemeinsame Kochen mit der Ehefrau.
Die sportlichen Vorlieben der Brüder unterscheiden sich ebenfalls. Philipp Utz hat während der Zeit in der Bundeswehr mit Ausdauersport begonnen. Seinen ersten Halbmarathon lief er in Florenz. „Ich konnte erst nicht glauben, dass man 21 km am Stück läuft. Die letzten Kilometer habe ich mich dann von den Zuschauern treiben lassen“, sagt er rückblickend. Julian Utz hat eine Vorliebe für Ball- und Teamsport. Er spielte Feldhockey in der 2. Liga in Deutschland und in der 1. Liga in der Schweiz. „Zweimal habe ich mich blöde verletzt und jetzt ist die Zeit zum Trainieren kaum noch da“, gibt er als Begründung an, warum er nicht mehr regelmäßig zum Hockey-Schläger greift. Den Nichten und Neffen bringt er aber auf Wunsch auch ab und zu ein paar Kniffe mit dem Schläger bei.
Im firmeneigenen Fitness-Raum trifft man die Brüder häufiger an. „Wir sind ja schließlich auch Mitarbeiter und suchen daher aktiv die Nähe zu unseren Kolleginnen und Kollegen. Das macht die Kultur eines Familienunternehmens aus“, sagt Julian Utz. „Wir nutzen auch Sportveranstaltungen, um die Standorte stärker aneinander zu binden, aber auch um neue Mitarbeiter besser zu integrieren. Auf dem Laufband lernt man den Mitarbeiter auch abseits des Tagesgeschäfts kennen“, ergänzt Philipp Utz.
Von Damir Gagro