Innovationen: klare Kommunikation zwischen den Teams

Es ist nicht immer einfach, eine Idee zu einem erfolgreiches Patent umzuwandeln. Im Interview erklären Aditya Gottumukkala, Intellectual Asset Manager und Kurt Olson, ehemaliger Corporate Fellow, bei PPG wie Innovationen zu Patenten werden und welche Rolle gängige Trends in der Lackindustrie dabei spielen.

Eine Idee zum Patent zu bringen ist nicht immer einfach (Bildquelle: vige.co - stock.adobe.com) -

PPG ist eines der drei führenden Unternehmen der Branche für gehaltene Patente. Was ist Ihrer Meinung nach für ein gutes Innovationsmanagement das Wichtigste?

Aditya Gottumukkala und Kurt Olson: Wie in jeder andere Branche auch sind Innovationen der Schlüssel zum Wachstum, und Patente sind einer der Schlüsselindikatoren für unsere Innovationsanstrengungen. Wir haben derzeit rund 1.200 aktive Patente in Europa, die eine aktive Lebensdauer von 20 Jahren haben. In den letzten Jahren haben wir mit unserem Framework „Search and Reapply“ bestehende Technologien auf neue Marktbereiche übertragen. „Search and reapply“ bezieht sich auf unser System, bei dem technisches Wissen und Erfahrungen aus einer Geschäftseinheit genutzt werden, um Herausforderungen zu lösen oder Kundenbedürfnisse in einer anderen Geschäftseinheit zu erfüllen. Das ist ein klares Beispiel dafür, warum die Größe von PPG vorteilhaft ist.

Angesichts unserer Größe und unseres großen Kundenstamms ist es für uns von entscheidender Bedeutung, Ideen aus der ganzen Welt auszutauschen und sie zu neuen Produkten zu veredeln, die unseren Kunden einen Mehrwert bieten. Wir tun unser Bestes, um über ein ausgewogenes Portfolio von inkrementellen, transformativen und bahnbrechenden Innovationen zusammenzuarbeiten. Wir entwickeln Projekte auf der ganzen Welt, so dass eine Innovation ihren Ursprung in den USA haben kann, aber wir werden sie entwickeln, um unsere europäischen Kunden zu bedienen. Ein Patent wird sich wahrscheinlich aus dieser Tätigkeit ergeben.

Ideen können aus zahlreichen Quellen kommen – sei es intern, durch unsere Partnerschaften an Universitäten und nationalen Laboreinrichtungen, von Start-ups oder von unseren Kunden. Daher setzen wir auf eine klare Kommunikation zwischen unseren technischen und kaufmännischen Teams, nicht nur innerhalb unserer Geschäftseinheiten, sondern auch zwischen ihnen, sowie auf kontinuierliche Gespräche mit unseren Partnern.

Könnten Sie ein Beispiel für den Prozess von der Idee bis zum Patent geben?

Gottumukkala und Olson: Wir beginnen mit einer Idee, die dzunächst getestet wird, bevor wir Erkenntnisse aus dem Marketing auf sie anwenden. Sie muss dann von unserer Abteilung Business oder Corporate Science and Technology (S&T) unterstützt werden.

Aditya Gottumukkala PPG, Kurt Olson

Aditya Gottumukkala, PPG Intellectual Asset Manager, (links) und Kurt Olson, ehemals PPG Corporate Fellow.

Weltweit reicht PPG jährlich etwa 60 bis 80 Patentanmeldungen ein, daher haben wir unseren Prozess gestrafft, um Ideen effektiv in Patente umzusetzen. Während der Großteil dieser Ideen auf unsere technische Organisation zurückzuführen ist, sind die Mitglieder unserer kaufmännischen und rechtlichen Teams auch in den Prozess der Ideenfindung und -bewertung eingebunden.

Unsere reflektierende „Auberginen“-Beschichtung ist ein Beispiel dafür, wie der Patententwicklungsprozess es uns ermöglicht hat, Innovationen durchzuführen. Wir ließen uns von der Aubergine und ihrer dunklen, hitze- und lichtdurchlässigen Außenhaut und dem reflektierenden Innenraum inspirieren und konnten diese Eigenschaften in einer praktischen Beschichtung für die Luft- und Raumfahrt nachbilden.

Der weiße Kern einer Aubergine reflektiert die meiste Infrarotstrahlung – die Wärme dringt in die Aubergine zwar ein, wird trotz des tiefvioletten Aussehens aber wieder reflektiert. Die Anwendung dieser Idee auf Beschichtungen für die Luft- und Raumfahrtindustrie senkt die Außentemperatur des Flugzeugs um etwa 25 Grad und den Innenraum um fünf bis sieben Grad – eine effektive Senkung der Treibstoff- und Klimatisierungskosten für Flugzeuge. Dies entspricht auch den Bedürfnissen unserer Kunden, denn wir machen es mögliche, das sie ihr Branding auf ihren Flugzeugen in einer tiefen Farbpalette vollständig zum Ausdruck zu bringen können, ohne auf Innentemperatur und Komfort verzichten zu müssen. Mit dieser Technologie entwickeln wir nun auch autonome Fahrzeugbeschichtungen, um sie für LiDAR- und Radarsysteme reflektierend und sichtbar zu machen.

Könnten Sie einige Beispiele für aktuelle Patente von PPG nennen?

Gottumukkala und Olson: Wir sehen derzeit Chancen bei Beschichtungen, die Energiespeicher bieten, und sind in diesem Bereich weiterhin aktiv. So enthüllt beispielsweise unser Ende 2018 erteiltes Patent EP3126444B1 ein neues Dispersionsmittel für Batterieelektroden aus Acrylpolymeren.

Unser Patent US10,208,198B2 enthüllt ein neues lösemittelhaltiges Bindemittel für Anwendungen in intumeszierenden Beschichtungen, d.h. Beschichtungen, die sich bei Wärmeeinwirkung mehrfach ausdehnen, um die darunterliegende Struktur vor Feuer zu schützen.

Unser Patent US 10,183,274B2 bezieht sich auf Beschichtungen, die auf ein Teslin-Wasserfiltersystem aufgebracht werden können. Teslin ist ein speziell entwickeltes synthetisches Polyolefinmaterial, hergestellt von PPG. Dieses langlebige, mikroporöse Material bietet besondere Leistung bei Anwendungen, die von synthetischem Papier für Weinflaschenetiketten über manipulationssichere ID-Karten bis hin zur Wasserfiltration reichen.

An welchen Innovationen arbeitet PPG derzeit?

Gottumukkala und Olson: Wir sehen in der Energiespeicherung eine große Chance, und auf diesem Gebiet entwickeln wir mehrere Entwicklungen. Im vergangenen Jahr haben wir ein Kathodenbindemittel auf den Markt gebracht, das frei von gefährlichen Lösungsmitteln wie N-Methyl-2-pyrrolidon (NMP) ist und gleichzeitig die Batterieleistung verbessert.

Es ist nicht nur umweltfreundlicher, um die Nachhaltigkeit von Elektrofahrzeugen zu verbessern, sondern ermöglicht auch geringere Mischzeiten und schnellere Produktionsraten. Dies senkt die Produktionskosten durch die Reduzierung der Fertigungszykluszeiten, was den Wert für unsere Kunden erhöht.

Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Ressourcen, um als Unternehmen innovativ zu bleiben?

Gottumukkala und Olson: Innovation wird durch eine starke, zukunftsorientierte Belegschaft und die Förderung einer entsprechenden Unternehmenskultur ermöglicht. PPG hat es sich zur Aufgabe gemacht, die besten Köpfe anzuziehen, sei es neue Mitarbeiter oder erfahrene Fachleute, und sie mit den richtigen Werkzeugen auszustatten, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Diese Werkzeuge sind nicht nur Material wie Sprühgeräte und Formulierungsgeräte, sondern auch der Zugang zu Diskussionsforen und elektronischen Datenbanken, die es den Mitarbeitern ermöglichen, Ideen und Möglichkeiten auszutauschen und einzubringen. Wir ermutigen unsere Mitarbeiter, an Symposien, Messen und Konferenzen teilzunehmen, um zu lernen und bewährte Verfahren einzuführen.

Wir arbeiten mit mehreren Universitäten, nationalen Labors und Forschungseinrichtungen auf der ganzen Welt zusammen, um gemeinsam neue Innovationen und Ideen zu entwickeln. Wir sammeln auch Ideen von Startups, mit denen wir zusammenarbeiten, oder von unseren Kunden, die nicht immer über die Ressourcen verfügen, um Innovationen bis hin zum Endprodukt voranzutreiben.

Was sind derzeit die wichtigsten Innovationstreiber in der Farben- und Lackindustrie?

Gottumukkala und Olson: Megatrends sind ein wichtiger Innovationstreiber in der Lackindustrie. Ein Beispiel dafür ist die Umstellung auf autonome und elektrische Fahrzeuge. Weitere Beispiele sind die verteilte/additive Fertigung und neue Leichtbauwerkstoffe für Karosserien in der Automobil- und Luftfahrtindustrie. Nachhaltigkeit ist ein weiterer wichtiger Innovationstreiber in der Branche.

Auch die Regulierung ist ein weiterer wichtiger Treiber. Für PPG hat dies zu Innovationen zur Reduzierung von VOCs, chromfreien Vorbehandlungstechnologien sowie formaldehyd- und BPA-freien Beschichtungen in Lebensmittelverpackungen geführt.

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung Ihrer Meinung nach auf die Innovation in der Lackindustrie?

Gottumukkala und Olson: Die Digitalisierung spielt in der Beschichtungsindustrie nach wie vor eine immer wichtigere Rolle. Es ermöglicht PPG, dank der einfachen und schnellen Kommunikation viel schneller auf die Bedürfnisse und Herausforderungen unserer Kunden zu reagieren. So ist es auch möglich, unser weltweites Know-how zu nutzen, um Lösungen für unsere Kunden zu finden.

Die Digitalisierung hat die Fertigung komplett revolutioniert. Die Echtzeit-Überwachung von Fertigungsprozessen ermöglicht es dem Bediener, Verschwendung zu reduzieren, Prozesse zu rationalisieren, Unregelmäßigkeiten zu erkennen und sofort Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Dies gewährleistet eine pünktliche und genaue Lieferung an die Kunden.

Die Digitalisierung ist zudem von entscheidender Bedeutung, um dem wachsenden Bedarf an On-Demand-Diensten gerecht zu werden. Unsere digitalen Farbabgleichstools sind im Kaufprozess von größter Bedeutung, sei es in Reparaturwerkstätten oder für Do-it-yourself-Kunden. Mit dem Measurecolor Mobile-Tool von PPG sind Kunden nicht mehr auf eine enge Farbpalette beschränkt und können in Geschäfte gehen, in denen ein Bild auf ihrem Smartphone zu finden ist. Innerhalb von Sekunden verbindet sich die Technologie mit mehr als 2.500 häufig spezifizierten Farben in unserer

Das Interview führte Vanessa Bauersachs

Verwandte Artikel

PPG übernimmt Automobillackhersteller Hemmelrath

Akzo Nobel und PPG Industries stärken ihre Geschäfte mit kleinen Akquisitionen

Tim Knavish ist neuer PPG President EMEA

Hersteller zu diesem Thema