„Schlanker, aber stärker“ – BASF plant den großen Umbau

Der Chemiekonzern BASF leidet unter gestiegenen Energiepreisen und Kostendruck. Einige Anlagen wurden schon geschlossen, weitere könnten am größten Standort folgen. Zudem plant das Management Ausgliederungen einzelner Sparten.

BASF kämpft mit einer schwachen Auslastung und sinkenden Gewinnen. Nicht nur auf das Stammwerk Ludwigshafen kommen große Veränderungen zu - weitere Anlagen könnten geschlossen werden. Quelle: BASF

Der Chemiekonzern BASF schließt eine mögliche Stilllegung weiterer Anlagen am Stammwerk Ludwigshafen nicht aus, setze aber auch künftig auf seinen Heimatstandort am Rhein. „Weitere Maßnahmen zur Anpassung von Anlagen werden derzeit geprüft und soweit erforderlich schrittweise umgesetzt“, teilte Standortleiterin Katja Scharpwinkel mit, ohne Details zu nennen. Die Mehrzahl der Anlagen sei in ihren jeweiligen Märkten wettbewerbsfähig. „Unsere Ergebnisse zeigen aber auch, dass einzelne Anlagen und Produktionslinien aufgrund von mangelnder Wettbewerbsfähigkeit oder struktureller Unterauslastung keine ausreichenden Erträge mehr erzielen.“

Erste Maßnahmen seien bereits umgesetzt, etwa die Schließung der Anlagen für Adipinsäure, Cyclododecanon (CDon) und Cyclopentanon (CPon), die Ende August angekündigt worden seien. Zielsetzung für Ludwigshafen sei, „ein führender, nachhaltiger Chemiestandort für Europa und ein starker Eckpfeiler für den Erfolg von BASF“ zu sein.

Umfassendes Maßnahmenpaket

Darüber hinaus werde der Konzern seine Strukturen außerhalb der Produktion in Ludwigshafen anpassen und die Kosten durch ein umfassendes Maßnahmenpaket erheblich senken, betonte Scharpwinkel. Wie bereits angekündigt, strebe BASF bis Ende 2026 jährlich fortlaufende Gesamteinsparungen von rund 2,1 Milliarden Euro an. „Der Standort Ludwigshafen wird schlanker, aber stärker sein. Er wird eine bessere Wettbewerbsposition auf dem europäischen Markt haben und mittel- und langfristig erfolgreich arbeiten können.“

BASF will Agrarsparte an die Börse bringen

Der weltgrößte Chemiekonzern will seine Agrarsparte an die Börse bringen. Das kündigte Vorstandschef Markus Kamieth bei der Präsentation der neuen Strategie des DAX-Konzerns in Ludwigshafen an. Bis 2027 soll das Geschäft in separate Gesellschaften ausgegliedert werden. Anschließend sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, um mittelfristig einen Minderheitsanteil an der Sparte an die Börse zu bringen.

Der Chemiekonzern werde sich in den kommenden Jahren darauf fokussieren, die Kerngeschäfte zu stärken und profitabel zu wachsen, erklärte Kamieth. Durch einen Konzernumbau, Sparmaßnahmen und geringere Investitionen soll der operative Gewinn mittelfristig deutlich steigen. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll 2028 zwischen zehn und zwölf Milliarden Euro liegen. 2023 verdiente BASF operativ knapp 7,7 Milliarden Euro und damit knapp 29 Prozent weniger als im Jahr davor.

Der Chemiekonzern BASF kann jedoch wohl erst einmal nicht mehr so viel Dividende zahlen wie in den vergangenen Jahren. Die direkte Gewinnbeteiligung solle in den kommenden Jahren bei mindestens 2,25 Euro je Aktie liegen, teilte der Dax-Konzern mit. Für 2023 hatte BASF noch 3,40 Euro je Aktie gezahlt. Die jährliche Dividendensumme liege in den kommenden Jahren bei rund zwei Milliarden Euro, hieß es weiter. Zwischen 2025 und 2028 sollen damit insgesamt rund acht Milliarden ausgeschüttet werden. Ergänzt werden soll dies durch Aktienrückkäufe. Diese werden spätestens ab 2027 angestrebt und sollen voraussichtlich rund vier Milliarden Euro betragen.

Ministerin Schmitt: „Industrial Deal“ auf europäischer Ebene

Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt sagte, die aktuellen Entwicklungen bei BASF zeigten, wie herausfordernd die wirtschaftliche Lage in Deutschland sei. „Es ist ganz klar: Jede weitere Belastung für unsere Wirtschaft ist eine zu viel. Wir müssen Auflagen und Regelungen abbauen und erleichtern. Das gilt für alle politischen Ebenen – EU, Bund und Land“, sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. „Wir brauchen neben einem Bekenntnis, dass wir auch in Zukunft ein starker Industriestandort sein wollen, dringend auch einen ‚Industrial Deal‘ auf europäischer Ebene.“

Alles, was die Wirtschaft jetzt zusätzlich belaste, die Wertschöpfung schmälere und sichere, gute Arbeitsplätze vernichte, müsse gestoppt werden, betonte Schmitt. „Gerade jetzt muss die Breite und Tiefe der industriellen Wertschöpfung am Standort Deutschland insgesamt gesichert werden.“ Die Folgen einer Energiepolitik auf Bundesebene, „die leider viel zu lange ohne mittel- und langfristige Strategie ausgerichtet war“, seien spürbar. „Der Standort Deutschland braucht hier eine verlässliche und für die energieintensiven Unternehmen finanzierbare Perspektive.“

Betriebsrat und Gewerkschaft: Harte Kritik am BASF-Management

Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen am BASF-Stammwerk in Ludwigshafen muss bis 2030 verlängert werden, fordert der Betriebsrat. Der Kurs des Managements bereite große Sorgen. Die Chemiegewerkschaft IG BCE und der BASF-Betriebsrat haben die neue Strategie des Ludwigshafener Chemieriesen scharf kritisiert. Dem Management des Dax-Konzerns gehe es vor allem darum, Kosten zu sparen. Das reiche nicht als Konzept für eine erfolgreiche Zukunft und die Sicherung der Standorte. Der Fokus müsse darauf liegen, offensiv zu investieren, um die Modernisierung der europäischen Standorte voranzubringen.

„Durch die vielen Sparprogramme fühlen sich die BASF-Beschäftigten ohnmächtig. Für sie ist es eine Zeit großer Ungewissheit“, sagte der BASF-Betriebsratsvorsitzende Sinischa Horvat. Die geplante Neuausrichtung helfe da nicht. Der Fokus des Betriebsrats liege nun auf den Verhandlungen zur Verlängerung der Standortvereinbarung am Stammwerk in Ludwigshafen. Diese schließt betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2025 aus. Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen müsse bis 2030 ausgeweitet werden, forderte Horvat.

Roland Strasser, Leiter des Landesbezirks Rheinland-Pfalz/Saarland der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), sagte, die Beschäftigten „des wichtigsten und größten“ Unternehmens in Rheinland-Pfalz sorgten sich nicht nur um ihre eigene Zukunft. „Sie fragen sich auch: Was passiert mit der Region? Welche Auswirkungen haben diese Entscheidungen auf die gesamte Wertschöpfungskette? Und: Entwickelt BASF sich zu einer Management-Holding?“ Strasser betonte: „Statt ständiger Ausgliederungen, Sparprogrammen und neuen Strategieausrichtungen braucht das Unternehmen einen mutigen, entschlossenen Plan nach vorne für die nachhaltige Chemie-Produktion von morgen.“

Unternehmen: Prozesse effizienter gestaltet

Die Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU) teilte mit, sie sorge sich um die Arbeitsplätze am gesamten rheinland-pfälzischen Industriestandort. „Akut müssen vor allem die Energiepreise weiter gesenkt werden“, sagte LVU-Hauptgeschäftsführer Karsten Tacke in Mainz. Hier sei man als überdurchschnittlich energieintensiver Industriestandort bei weitem noch nicht wieder wettbewerbsfähig. „Daneben wäre es höchste Zeit, den jahrelangen Versprechungen des Bürokratieabbaus endlich Taten folgen zu lassen.“

Tacke betonte, die Attraktivität des Standorts Rheinland-Pfalz werde nur dann wieder steigen, wenn Unternehmen schnell „von den vielen unnötigen Berichts- und Dokumentationspflichten befreit“ würden. Zudem sollten die Gesamtzahl der Ge- und Verbote dauerhaft reduziert werden und alle politischen Ebenen ernsthaft dafür Sorge tragen, dass die eigenen behördlichen Verfahren und Prozesse effizienter gestaltet würden.

Quelle: dpa

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