Gut durch die Krise gekommen
Um die beiden Krisen zu Vergleichen wurde die Entwicklung der Inlandsnachfrage nach Lacken und Farben in Deutschland in den drei Perioden „Vorkrisen-Jahr“, „Krisenjahr“ und „Nachkrisen-Jahr“, verglichen. Das Ergebnis überrascht: Während im zentralen Krisenjahr 2009 der Lehman-Krise die Nachfrage nach Lacken und Farben deutlich zurückging, erwarten wir für 2020 ein deutliches Wachstum.
Um einer Erklärung näher zu kommen, bietet sich eine Differenzierung der Inlandsnachfrage nach Bautenfarben und Industrielacken an. Wir konnten in einer vom Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL) beauftragten Studie 2018 zeigen, dass die Bautenfarbennachfrage nur bedingt mit dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum korreliert.
Arbeitslosigkeit in % | Kurzarbeit Äquivalent in Tsd. Stellen | ||
Lehman-Krise | 2008 | 7,8 % | 46 |
2009 | 8,1 % | 321 | |
2010 | 7,7 % | 168 | |
Corona-Krise | 2019 | 5,0 % | 45 |
2020 | 6,0 % | 1200 | |
2021 | 6,1 % | 600 |
Bautenfarben im Plus
Das Ergebnis der Analyse der Nachfrage in den zwei Marktbereichen (Bautenfarben und Industrielacken) bestätigt die Vermutung. Während sich die Nachfrage nach Industrielacken in der Corona-Krise ähnlich entwickelt wie in der Lehman-Krise, zeigen die Bautenfarben eine sehr unterschiedliche Entwicklung auf.
Die Nachfrage von Bautenfarben ging im Krisenjahr 2009 leicht zurück. Die Erholung im Folgejahr in einem langfristig rückläufigen Markt war kaum spürbar. 2020 wird aber ein Boom-Jahr für die Bautenfarben-Branche werden, wofür der DIY-Markt verantwortlich ist.
Faktor Zeit
Grundsätzlich verhält sich die Arbeitslosigkeit in beiden Krisensituationen ähnlich. Deutlich stärker fällt im Vergleich die Kurzarbeit aus. Für das Krisenjahr 2020 ist von einer Steigerung von 400 % im Vergleich zu 2009 auszugehen.
Die steigende Arbeitslosigkeit und die Kurzarbeit führen dann zu einem deutlichen Minus an Arbeitsstunden und einem Mehr an Freizeit in der Corona-Krise. Auf Basis der Arbeitszeitberechnung des Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung kann für 2020 von einem Rückgang von rund – 6 % ausgegangen werden, im zweiten Quartal diesen Jahres lag der Wert sogar bei -10 %. Zum Vergleich: 2009 belief sich der Rückgang auf knapp – 3 %.
Verwendung des Einkommes
Verschiedene Studien haben in den letzten Jahren das veränderte Freizeitverhalten und die Verwendung des Einkommens dafür dokumentiert. Während Heimwerken an Bedeutung verloren hat, konnten sportliche Aktivitäten, Reisen und Ausgehen (Gastronomie/Kultur) zulegen. Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie haben in Deutschland zu erheblichen Umsatzrückgängen in den Bereichen Gastronomie und Reisen geführt. Eine ähnlichen Entwicklung ist bei Ausgaben für Urlaubsreisen zu erwarten. Hinzu kommt, dass Investitionen in einen neuen PKW häufig zurückgestellt wurden.
Konstantes verfügbares Einkommen und Freizeitgewinn – in diesem Umfeld kann der Heimwerker-Markt 2020 deutlich zulegen. Viele Bau- und Heimwerkermärkte rechnen dieses Jahr mit einem Plus von + 10-15 %, im Farbenbereich wird sogar ein Umsatzzuwachs von + 20 % bzw. rund 300 Mio. EUR erwartet. Aber Vorsicht ist geboten: Schon im dritten Quartal 2020 ist eine deutliche Abkühlung der Nachfrage im DIY-Segment festzustellen.
Daher prognostizieren wir für 2021 unter gegebenen Prämissen (keine umfassenden Lockdowns, Impfstoff steht teilweise zur Verfügung) einen Rückgang des DIY-Marktes Bautenfarben, einen konstanten Profi-Markt Bautenfarben und einen Anstieg der Industrielacknachfrage.
Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung aus der aktuellen Ausgabe der FARBE UND LACK 12/2020. Der komplette Text ist auch digital in der Onlinebibliothek FARBEUNDLACK 360° zu finden.