Produktionsplanung: Wie gut planen Sie Ihre Fertigung?

Produktionsplanung als „Black Box“ – diese Situation findet man in vielen mittelständischen Unternehmen der Farben- und Lackindustrie vor. Es ist unklar, auf welcher Basis und mit welchen Zielsetzungen der Produktionsplanungsprozess durchgeführt wird. Zudem basiert diese Planung häufig auf einfachen Excel-Lösungen. Es bestehen daher Zweifel, ob der in die Produktion gegebene Produktionsplan wirklich in optimaler Weise die Unternehmensziele umsetzt und ob alle möglichen Optimierungspotentiale im Rahmen der Planung realisiert werden.

Wie kann die Produktionsplanung optimiert werden? Bildquelle: fotomek - AdobeStock.com

Fünf Praktiker-Tipps für die Optimierung der Produktionsplanung in der Farben- und Lackindustrie:

1. Formulieren Sie das Zielsystem für Ihre Produktionsplanung explizit

Die Ziele der Produktionsplanung sind zahlreich. Es geht nicht nur darum, die Lieferfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen und Lieferverspätungen zu vermeiden. Gleichzeitig soll der Produktionsplan dafür sorgen, dass eine kostenoptimale Fertigung unter der Berücksichtigung der Beschaffungs-, Produktions- und Logistikkosten sichergestellt ist. Anlagen und Schichten sollen ausgelastet, Produktionseffizienzen hoch und Bestände niedrig sein. Um die Unternehmensziele auch operativ in entsprechende Planungsziele umzusetzen, ist es entscheidend, den Planern ein Zielsystem an die Hand zu geben. Die Erreichung dieser Ziele und somit die Qualität der Produktionsplanung sollte dann auch regelmäßig gemessen werden. Beispiele für Leistungsindikatoren könnten sein:

•            Auslieferquote OTIF (On-Time-In-Full)

•            Durchschnittliche Verspätung der Aufträge

•            Bestandsniveau

•            Produktionseffizienz

•            …

Die regelmäßige Erhebung der Kennzahlen und deren Kommunikation an die Produktionsplaner ermöglichen es dann, ausgewogene Produktionspläne unter Berücksichtigung des Zielsystems zu erstellen.

2. Hinterfragen Sie regelmäßig historische Annahmen

Viele Planungsverfahren basieren auf Werten, die in der Vergangenheit einmal festgelegt wurden. Dieses betrifft z.B. Losgrößen, Rüstzeiten, Auflegungsreihenfolgen oder Zielreichweiten. Diese Werte wurden dann als Planungsparameter in den Planungssystemen eingestellt und seitdem nur in Ausnahmefällen hinterfragt. In sich dynamisch ändernden Produktionsumgebungen unterliegen aber auch diese Parameter teilweise signifikanten Änderungen. So beeinflussen beispielsweise sinkende Kapitalkosten die Losgrößen, da sich die Kapitalkosten der Bestände verringern und höhere Losgrößen profitabler werden. Als Konsequenz heißt dies, dass in regelmäßigen Abständen, spätestens im Jahresrhythmus, die wesentlichen Planungsparameter validiert und überprüft werden sollten.

3. Reduzieren Sie die Plannervosität

Eine hohe Plannervosität (zahlreiche, kurzfristige Änderungen der Produktionsplanung) ist einer der Hauptfaktoren für unruhige Produktionsabläufe und somit für erhöhte Produktionskosten. In der Farben- und Lackindustrie führen z.B. Abweichungen von idealen Produktionsreihenfolgen schnell zu sehr hohen Umstellungskosten. Die Gründe der Änderung von Produktionsplänen können dabei aus allen Bereichen kommen, wie z.B. fehlende Materialverfügbarkeit, Anlagenstillstände oder Fehlmengen. Hinzu kommen Kundenaufträge, die vom Vertrieb kurzfristig angenommen wurden. In vielen Farben- und Lackunternehmen hat sich hier die Einrichtung eines sogenannten „Frozen Horizon“ bewährt. Hierbei wird ein bestimmter Zeitraum, z.B. eine oder zwei Wochen, planerisch „eingefroren“, Änderungen aufgrund kurzfristiger Kundenaufträge können dann nicht mehr vorgenommen werden.

4. Halten Sie Planungshistorien nach

Das Nachvollziehen der Planungshistorie gestaltet sich in vielen Farben- und Lackfabriken schwierig, da die Planungszwischenstände nicht IT-seitig weggeschrieben werden. Nur der finale Planungsstand, der am Ende an die Schichtführer kommuniziert wurde, wird in der IT hinterlegt, wenn überhaupt. Dieses macht spätere Auswertungen der Planungseffizienz und der Planänderungsursachen sehr aufwendig oder sogar unmöglich. Zur Verbesserung der Planungsstabilität und somit der Produktionsaufläufe ist es aber essenziell, die Auslöser der Änderungen zu identifizieren und zu reduzieren. Daher sollten auch die historischen Planvarianten zusammen mit den Gründen der Planänderungen in auswertbarer Form abgespeichert werden.

5. Prüfen Sie sorgfältig den Einsatz von IT-Planungstools

Grundsätzlich können zwei wesentliche Funktionen von IT-Planungstools unterschieden werden. Zum einen unterstützen diese Werkzeuge den Planungsprozess, in dem sie die eingelasteten Produktionsaufträge verwalten und graphisch darstellen, z.B. anhand eines Leitstands. Umplanungen und Verschiebungen durch beispielsweise „Drag-und-Drop“ Funktionalitäten oder standardmäßig generierte Auswertungen erleichtern dabei die Arbeit der Planer. Die zweite und „intelligentere“ Funktion von IT-Planungstools besteht darin, auf Basis mathematischer Algorithmen Vorschläge für die Einplanung von Aufträgen zu entwickeln, um bestimmte Planungsziele wie z.B. geringere Kosten zu erreichen und den personellen Aufwand in der Planung zu reduzieren. Ein Beispiel für ein solches System ist das APO-PP/DS Modul von SAP.

Fazit

Eine effektive Produktionsplanung kann in der Farben- und Lackindustrie einen großen Wettbewerbsvorteil darstellen, da sie viele relevante Treiber des Unternehmensergebnisses wie Lieferfähigkeit, Kosten und Bestände signifikant beeinflusst. Mit einigen relativ leicht und kostengünstig zu implementierenden Maßnahmen ist es dabei möglich, die Qualität der Produktionsplanung deutlich zu verbessern.

Zu den Autoren

Prof. Dr. Matthias Lütke Entrup verantwortet als Partner von Höveler Holzmann Holzmann, Düsseldorf (luetkeentrup@hoeveler-holzmann.com) den Bereich Supply Chain Management. Gereon Küpper arbeitet als Partner für Höveler Holzmann (gereon.kuepper@hoeveler-holzmann.com).

Hersteller zu diesem Thema