„Automatisierung führt zu kürzeren Entwicklungszeiten bei geringerem Ressourcenaufwand“

Björn Speckmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Lacktechnik am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM. In unserem Interview äußert er sich zur zunehmenden Automatisierung in der Lackentwicklung.

Wir sprachen mit Björn Speckmann vom Fraunhofer IFAM über Automatisierung in der Lackindustrie. Quelle: Fraunhofer IFAM

Inwiefern beeinflusst die zunehmende Automatisierung die Entwicklung von Lacksystemen?

Björn Speckmann: Wie in der Produktion von Lacken kann die Erhöhung des Automatisierungsgrades die Lackentwicklung beschleunigen. Hierbei finden heute oft Hochdurchsatzanlagen Verwendung. Lackrezepturen werden gezielt erstellt oder modifiziert, automatisch appliziert und geprüft. Die Prozessdaten und Prüfergebnisse werden hierbei kontinuierlich digital gespeichert. Gewünschte Lackeigenschaften können so schneller und ressourcensparend eingestellt werden. Die Lackentwicklung wird strukturierter und distanziert sich nach und nach von einem Trial and Error-Prinzip.

Diese Weiterentwicklung beeinflusst auch die Arbeitsinhalte von Laboranten. Know-how im Bereich IT und Anlagentechnik gewinnt kontinuierlich an Bedeutung und sollte fester Bestandteil der Ausbildung werden.

An welchen Projekten in diesem Bereich wird aktuell am Fraunhofer IFAM gearbeitet?

Speckmann: Oftmals wird der Einfluss einer Lackieranlage, also der Dosier-, Applikations- und Trocknungstechnik auf die Eigenschaften einer lackierten Oberfläche unterschätzt. Dabei können Sie gerade bei Effektfarben davon ausgehen, dass zwei verschiedene Lackieranlagen ein anderes Lackierergebnis erzielen, auch wenn dasselbe Ausgangsmaterial verwendet wird. In der Regel verfügen Hochdurchsatzanlagen über eine einfache Applikationstechnik, welche nicht mit einer industriellen Lackieranlage vergleichbar ist. Hier wollen wir ansetzen. Wir wollen ein besseres Verständnis für den gesamten Applikationsprozess gewinnen.

Hierfür haben wir ein neues vernetztes Oberflächentechnik-, Lack- und Demozentrum VOLD errichtet, welches Anfang des Jahres in Betrieb genommen wird. Im Rahmen eines Projekts untersuchen wir hier den Einfluss der Anlagentechnik auf das Erscheinungsbild einer lackierten Oberfläche und überführen dieses Wissen in Vorhersagemodelle. Darüber hinaus beteiligten wir uns aktiv an einer Initiative – der Smart Paint Factory Alliance SPFA. Die SPFA hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Plattform für eine nachhaltige und digitale Lackherstellung zu werden und hierbei die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohstoff zum lackierten Werkstück zu betrachten.

Wie kann die Industrie von diesen Entwicklungen profitieren?

Speckmann: Die Automatisierung führt zu kürzen Entwicklungszeiten bei geringerem Ressourcenaufwand. Das steigert wieder die Effizienz und die Nachhaltigkeit. Darüber hinaus bildet die Automatisierung weiterhin eine Grundlage für die Integration von KI in die Herstellung von Lacken. Lacke können hierdurch individuell für bestehende Lackieranlagen rezeptiert werden und so der Aufwand einer notwendigen Farbtonanpassung signifikant reduziert werden.

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