Marktübersicht zu Bioziden: Befall verhindern wird schwieriger
In Farb- und Lackrezepturen werden Additive nur in geringen Mengen verwendet. Es überrascht daher nicht, dass Additive nur gut 4 % der Gesamtmenge der Farben- und Lackrohstoffe ausmachen. Von den 1,5 Millionen Tonnen sind ca. 300.000 Tonnen Biozide für die Topf- und Filmkonservierung. Das Marktforschungsunternehmen Chem Quest geht von einem Wert von ca. 1,8 Milliarden USD aus. Markets and Markets, ebenfalls ein Marktforschungsunternehmen, veranschlagt einen geringeren Wert von knapp einer Milliarde USD. David Zilm von Vink Chemicals schätzt die genannten 300.000 Tonnen als eine realistische Größenordnung ein.
Nachfrage nach Bioziden wird leicht steigen
Obwohl der starke Wunsch nach biozidfreien Rezepturen oder Rezepturen mit geringem Biozidanteil besteht, ist Zilm der Auffassung, dass es zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht möglich ist, Biozide wegfallen zu lassen. Daher erwartet er auch einen leichten Anstieg der weltweiten Nachfrage. „Ca. 3 – 5 % sind realistisch. Weltweit setzen die Menschen zunehmend auf wasserbasierte Systeme, und viele Absatzmärkte entwickeln sich in diese Richtung. Dementsprechend wird es auch eine größere Nachfrage nach Konservierung geben“, ist sich Zilm sicher. Die Regionen Asien-Pazifik und Südamerika haben einen niedrigeren Pro-Kopf-Verbrauch, daher bieten diese Regionen ein großes Wachstumspotenzial für die Akteure am Biozid-Markt für die Farben- und Lackindustrie, meinen die Forschenden von Markets and Markets. Breitere Anwendungsmöglichkeiten für Biozide sind auf die antimikrobiellen, antimykotischen und antibakteriellen Eigenschaften in Verbindung mit einem Wachstum der Baubranche zurückzuführen. Den Forschungsergebnissen von Markets and Markets zufolge sind es wahrscheinlich diese beiden Faktoren, die die Nachfrage nach Bioziden nach oben treiben.
„Obwohl es auf kurze Sicht viele Unsicherheiten gibt, entwickelt sich die Farben- und Lackindustrie derzeit weiterhin solide. Wir erleben weltweit eine hohe Nachfrage nach unseren Produkten und Leistungen, und wir gehen davon aus, dass diese Tendenz anhält, wenngleich wir wachsam und gut gerüstet bleiben, um künftigen Aus- und Nachwirkungen der Covid-Pandemie zu begegnen. Wir erwarten, dass der Biozid-Markt kurz- und mittelfristig robust bleibt. Insbesondere ist wahrscheinlich damit zu rechnen, dass IPBC und BIT weiterhin eine wichtige Rolle spielen“, sagt Mario Albus von Troy.
Starkes Interesse an Beschichtungsstoffen mit antiviraler Wirkung, jedoch nur als Nischenmarkt
Die Pandemie könnte ebenfalls ein weiterer Faktor für die steigende Nachfrage nach antimikrobiellen Beschichtungsstoffen und Oberflächen sein. Monika Lamoratta von Lanxess nimmt an, dass die Coronavirus-Pandemie die öffentliche Wahrnehmung im Hinblick auf Biozide beeinflussen wird. „Vermutlich werden die Menschen Chemikalien, die sie vor Mikroorganismen wie Bakterien und Pilzen schützen, besser annehmen. Zudem hat die Pandemie starke Auswirkungen auf unser aller Leben und wir wissen, dass Hygiene für Gesundheit und Sicherheit eine Schlüsselrolle spielt. Darüber hinaus sehen wir ganz deutlich eine steigende Nachfrage nach deklarationsfreundlichen Desinfektionsmitteln sowie nach reinen Produkten“, sagt sie.
Laut Peter van Aken von Lonza müssen Beschichtungsstoffe mit antiviralem Anspruch ebenfalls registriert werden, wofür umfangreiche Daten zu diesen benötigt werden. „Womöglich besteht ein größeres Interesse an derartigen Beschichtungsstoffen, jedoch bleibt dies wegen der hohen Hürden letztendlich ein Nischenmarkt. Zudem ist die Auswahl an Wirkstoffen hier eingeschränkt“, führt er aus. Zilm stellt fest, dass viele Unternehmen an VOC-freien oder VOC-reduzierten Lösungen arbeiten, was eine gewisse Orientierung hin zu antimikrobiellen Farben und Lacken erklärt. „Viele Unternehmen folgen dem Trend und setzen auf Silberionen. Einerseits ist dies sicher sinnvoll, ob diese Oberflächen jedoch ihr Potenzial auch in der Realität entwickeln und nicht nur unter Laborbedingungen, bleibt für mich fraglich“, merkt Zilm an.
Eine ausführlichere Version dieses Marktüberblicks finden Sie in FARBE UND LACK 11/2021. Die Ausgabe ist auch online in unserer Onlinebibliothek 360° digital lesbar.