Herausforderung harmonisierte Produktmeldung

Beim Import von gesundheitlich und/oder physikalisch gefährlichen Gemischen in den EU-Rechtsraum sind vor dem Hintergrund der harmonisierten Produktmeldung einige Fallstricke zu beachten. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen und welche Möglichkeiten Ihnen der Anhang VIII der CLP-Verordnung bietet. Zudem betrachten wir das neue ICG-System (Interchangable Components Group) und analysieren es vor dem Hintergrund der Praxistauglichkeit.

Verantwortlich für die freiwillige Meldung des Nicht-EU-Lieferanten und die eigene Pflichtmeldung in der EU ist und bleibt der EU-Importeur. Bildquelle: MQ-Illustrations -  stock.adobe.com (Symbolbild).

Sofern Sie gefährliche chemische Gemische als Händler oder Formulierer aus dem Nicht-EU-Ausland importieren, benötigen Sie Rezepturinformationen. Dies kann entweder die 100-%-Rezeptur sein oder Sie müssen für die harmonisierte Produktmeldung auf ein Hilfskonstrukt zurückgreifen.

Import aus dem Nicht-EU Ausland

Die Meldung mit Lieferantendaten gemäß Teil B 3.2.2. (c) des Anhang VIII CLP, ist bei Nicht-EU-Lieferanten unzulässig, da gemäß Artikel 3 Nr. 32 der REACh-Verordnung „Lieferanten“ ihren Sitz in der EU haben müssen. Sofern der Nicht-EU-Lieferant keine Rezepturinformationen offenlegen möchte oder kann, stellt dies den EU-Importeur vor erhebliche Schwierigkeiten.

Anhang VIII bietet für diesen Fall folgende Lösung: Der EU-Importeur kann seinen Nicht-EU-Lieferanten bitten, über einen in der EU ansässigen Consultant, unter Verwendung eines „non-disclosure agreement“ (NDA), eine freiwillige Meldung durchzuführen. Hierbei erhält der EU-Importeur keine über das SDB hinausgehenden Rezepturinformationen. Diese werden lediglich vom Consultant für die Meldung bei der ECHA verwendet. Der EU-Importeur erhält dann von seinem Lieferanten einen UFI für seine Meldung und ist damit in der Lage, seiner Meldeverpflichtung nachzukommen. Verantwortlich für die freiwillige Meldung des Nicht-EU-Lieferanten und die eigene Pflichtmeldung in der EU ist und bleibt der EU-Importeur. Er ist der Ansprechpartner für die EU-Behörden und die nationalen benannten Stellen in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Erst nachdem beide Meldungen (freiwillige und Pflichtmeldung) in den betroffenen Mitgliedsstaaten durchgeführt wurden, d.h. in den Mitgliedsstaaten, wo das Produkt (Handelsware oder neue Formulierung) auf den Markt gebracht wird, ist das Gemisch vertriebsfähig.

Insofern ist ggf. mit einem zeitlichen Vorlauf zu planen. Komplizierter wird es, wenn dem Nicht-EU-Lieferanten die vollständige Rezeptur nicht vorliegt. Dies könnte z. B. sein, wenn er selbst als Formulierer agiert, der Rohstoffgemische einkauft, oder als Händler ohne genaue Rezepturkenntnis fungiert. Hier muss ggf. der Nicht-EU-Lieferant auch seine (Rohstoff-)Lieferanten zunächst zu einer harmonisierten Produktmeldung über einen EU-Consultant bewegen oder 100-%-Rezepturen in Erfahrung bringen.

ICG (Interchangeable Components Group)

Mit der Schaffung des Teil B 3.5. des Anhang VIII der CLP wurde eine neue Möglichkeit der Gruppierung von Bestandteilen zu einer Gruppe austauschbarer Bestandteile (ICG) in die Verordnung implementiert. Voraussetzungen hierfür sind, dass die technischen Funktionen der austauschbaren Bestandteile gleich sind. Zudem muss die Einstufung im Hinblick auf die Gesundheits- und physikalischen Gefahren identisch sein. Dies gilt für die toxikologischen Eigenschaften, zumindest für die Art der toxikologischen Wirkung(en) (oral, dermal, inhalativ) und das/die Zielorgan(e). Weiterhin muss die Einstufung des die ICG enthaltenen Gemischs in Bezug auf die Gesundheitsgefahren und physikalischen Gefahren, egal welcher ICG-Bestandteil verwendet wird, identisch bleiben.

In Bezug auf die Kennzeichnung gilt dies gemäß Teil B Abschnitt 2.2. für die Elemente Gefahrenpiktogramm, Signalwort, Gefahren- und Sicherheitshinweise. Nicht genannt werden hier die „gefahrenbestimmenden Komponenten“, d. h. die laut Artikel 18 (3) CLP zum Produktidentifikator gehörenden Stoffe, „von denen die hauptsächlichen Gesundheitsgefahren überwiegend ausgehen“. Hieraus resultiert Folgendes: Für ungefährliche Bestandteile, die in einer ICG gruppiert werden, hat diese Vorgehensweise Vorteile, da diese ansonsten in der PCN-Rezeptur ab einer Konzentration ≥ 1 % genannt werden müssen.

Ein Austausch hätte hier ggf. eine Änderung der gemäß Anhang VIII zu meldenden Zusammensetzung und damit des UFIs zur Folge. Dies geht aus den Leitlinien zur Produktmeldung (Version 4.0 (EN), Seite 109, Fußnote 69) hervor, die besagen, dass die Substitution einer in der PCN-Rezeptur zu nennenden Komponente (Stoff oder MiM) nur dann keine Aktualisierung der Meldung erforderlich macht, wenn die Zusammensetzung und das Gefahrenprofil identisch sind.

Was gilt für den UFI?

Gemäß Seite 54 der Leitlinien führt die Substitution einer nicht als gesundheitlich oder physikalisch gefährlich eingestuften Komponente, die in einer Konzentration < 1 % in einem Gemisch enthalten ist, durch eine andere vergleichbar eingestufte, nicht zur Generierung eines neuen UFIs. D. h. ändert sich die PCN-Rezeptur nicht, muss der UFI nicht erneut generiert werden.

Für physikalisch und/oder gesundheitlich gefährlich eingestufte Bestandteile hat die ICG dann Vorteile, wenn sie < 0,1 % im Gemisch enthalten sind, aber gemäß Anhang VIII, da „identifizierbar“, in der PCN-Rezeptur genannt werden müssen.

Den Spezialfall spezifische Konzentrationsgrenzwerte einmal ausgenommen, wären diese Bestandteile nicht SDB- und damit auch nicht als gefahrenbestimmende Komponente relevant. Man könnte hier also eine ICG nutzen, ohne mehrere SDB-Varianten vorhalten zu müssen. Eine Substitution der Komponente würde hier aber im Normalfall, d. h. ohne ICG, zu einem neuen UFI führen.

ICGs können somit in o.g. Fällen UFI-Neugenerierungen und Aktualisierungsmeldungen reduzieren. Sind jedoch durch Nutzung der ICGs die „gefahrenbestimmenden Komponenten“ betroffen, verschiebt sich das Problem lediglich in Richtung SDB.

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