Compliance: Kardinalfehler vermeiden

Regulatory Affairs und Product Stewardship Manager in der Farben- und Lackindustrie haben es dieser Tage nicht leicht: Eine ständig steigende Zahl neuer Vorschriften sorgt für eine Flut an Anfragen. Dennoch müssen sie die Ein­haltung aller Regelungen jederzeit sicherstellen. Fünf Tipps, wie Unternehmen ihre Compliance-Abteilung entlasten und neu ausrichten können.

Auch im Bereich Farben und Lacke müssen sich Regulatory Affairs Manager mit einem immer komplexeren Regelwerk auseinandersetzen. Gerade die Abgrenzung zwischen REACH- und Biozid-Verordnung wirft in der Praxis viele Fragen auf und beinhaltet die Berücksichtigung zahlreicher Interessengruppen. Gleichzeitig sind Änderungen in der Risikobeurteilung bestimmter Substanzen oder Substanzgruppen an der Tagesordnung und können die Zukunft gewinnbringender Produkte über Nacht gefährden. Der Topfkonservierer im Anstrich erzeugt Allergien? Wie weit wird die Nutzung von Titandioxid in Zukunft eingeschränkt? Experten müssen in kürzester Zeit aus einem riesigen Pool an Dokumenten und Daten die für die entsprechenden Produktfamilien relevanten Informationen filtern – aktuell und korrekt. Wie kann das auf globaler Ebene über alle Abteilungs- und Ländergrenzen funktionieren? Wir raten zu fünf Maßnahmen:

1. Räumen Sie Regulatory Affairs einen höheren Stellenwert ein

Nie waren die Hürden höher, regelkonforme Farben und Lacke auf den Markt zu bringen und darüber hinaus auch noch die große Menge der Ökosiegel zu berücksichtigen. Daher wäre es geboten, dass Product Stewards den ganzen Lebenszyklus dieser Produkte begleiten. Doch leider sehen die meisten Unternehmen dies nicht vor. Sie betrachten Product Stewardship und Regulatory Affairs nur als Hilfsfunktion.

Die Farben- und Lackhersteller wären gut beraten, dies zu ändern und den Wertbeitrag von Regulatory Affairs für das Unternehmen zu steigern. Der erste Schritt dazu ist eine detaillierte Analyse: Gehen Sie der Frage nach, wie Regulatory Affairs strategische und lösungsorientierte Projekte in Ihrem Unternehmen positiv beeinflussen kann. Die Suche nach zukunftssicheren chemischen Alternativen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit sollte zum Tagesgeschäft gehören.

Überlegen Sie dann, welche Hürden dem entgegenstehen. Und arbeiten Sie an einem Aktionsplan, um diese aus dem Weg zu räumen.

2. Suchen Sie aktiv nach Hebeln für mehr Effizienz

Allzu leicht verlieren Mitarbeiter im Dickicht administrativer Aufgaben das Wesentliche aus den Augen. Kein Wunder, sind Regulatory-Affairs-Abteilungen doch oft unterbesetzt und durch mangelnde Datentransparenz und isolierte Prozesse überlastet. Der einzige Weg, sich daraus zu befreien, ist ein kritischer Blick von außen: Wo befinden sich die Stellschrauben für mehr Effizienz? Wo können Prozesse weiter verbessert werden? Wie lassen sich zukünftige Trends etwa in der Risikobeurteilung von Substanzen erkennen, so dass Regulatory Affairs das Unternehmen in seiner Entwicklung unterstützt? Ein möglicher Weg, um all dies zu erreichen, sind spezialisierte Softwarelösungen, die den administrativen Aufwand regulatorischer Angelegenheiten mindern. Sie entlasten Mitarbeiter, so dass sie sich werthaltigeren Aufgaben widmen können. Das reicht von der Risikobewertung für ein geplantes Produkt oder für eine neue Formel über den Nachweis eingesetzter Rohstoffe und Quellen bis hin zur Koordination auf globaler, regionaler oder lokaler Ebene.

3. Misstrauen Sie Tabellen und Textdokumenten

Experten für Regulatory Affairs führen in der Regel ein oder mehrere Dokumente, in denen sie alle Compliance-relevanten Informationen für ihren Bereich festhalten. Diese Dateien pflegen sie seit Jahren und meist in Tabellenform, weil bessere Werkzeuge fehlen. Ein solches Informationsmanagement ist leider weder zuverlässig noch gezielt mit Experten, Aufgaben und Produkten verknüpft. Zudem bietet es keinerlei Transparenz, Automation und nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur Überprüfung. Abhilfe schaffen auch hier digitale Anwendungen für das Regulatory Affairs Management. Sie speichern Daten und Dokumente gesichert an einem zentralen Ort und machen sie allen Stakeholdern zugänglich. Automatisierte Workflows gewährleisten dabei, dass sämtliche relevanten Mitarbeiter benachrichtigt werden, sobald es etwas Neues gibt. Regulatory-Affairs-Experten, die auf moderne Tools setzen möchten, spielt der aktuelle Trend zur Digitalisierung in die Hände. Denn wer seinen Vorgesetzten einen Business Case präsentiert, wie ein bereichsübergreifendes System das Compliance Management erleichtert, wird auf offene Ohren stoßen.

4. Untersuchen Sie zuerst Ihre Prozesse

Mit Software allein ist es allerdings nicht getan. Hersteller von Farben und Lacken, die bisher in Silos denken und arbeiten, müssen auch ihre Prozesse überprüfen und neue Best Practices etablieren. Der Abschied von individuellen Tabellen, von per E-Mail verschickten Dokumenten und vom Speichern auf verstreuten Serverlaufwerken fällt nicht allen leicht. Zudem gilt es, alte Daten, die ins neue System transferiert werden, zu sichten und zu bereinigen.

Hier ist echte Teamarbeit gefragt. Sämtliche interne Stakeholder – Regulatory, IT und alle anderen Bereiche – müssen an einem Strang ziehen. Gemeinsam gilt es festzulegen, wie Mitarbeiter in Zukunft effizienter arbeiten und das neue System als einzige, zuverlässige Informationsquelle (Single Source of Truth) nutzen. Häufige, detaillierte Kommunikation zum Projektfortschritt erleichtert einen nahtlosen Umstieg.

5. Werfen Sie einen Blick über den Tellerrand Ihrer Branche

Wer von Anfang an klare Ziele formuliert und Key Performance Indikatoren (KPI) setzt, hält das Projekt auf Kurs. Dabei machen viele Manager in der Farb- und Lackindustrie den Fehler, sich an überholten Benchmarks zu messen. Was aber, wenn diese insgesamt dem technischen Fortschritt hinterherhinken? Zukunftsgerichtete Vordenker weiten daher ihren Blick: Sie schauen, wie andere hochregulierte Industriezweige mit ähnlichen Herausforderungen umgehen und betreiben aktives Networking. Denn in vielen stark regulierten Branchen machen sich immer mehr Unternehmen daran, ihre Compliance-bezogenen Aktivitäten mit modernen Cloud-basierten Anwendungen zu standardisieren. So schaffen sie Transparenz und steigern die Produktivität. Dafür gibt es vor allem einen Grund: Diese Lösungen binden alle Fertigungsstandorte, Lieferketten, Outsourcing-Partner und interne Stakeholder ein und fördern ihren Austausch.

Fazit

Durch sein umfassendes Wissen zu aktuellen und geplanten Vorschriften erlangt der Bereich Regulatory Affairs zunehmende Bedeutung in der gesamten chemischen Industrie. Mit softwaregestützten Maßnahmen zur Entlastung und Produktivitätssteigerung der hier tätigen Mitarbeiter stellen Hersteller die Weichen, aktuelle und zukünftige Herausforderungen wie Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zu meistern.

Hersteller zu diesem Thema